JudikaturJustiz1Ob25/08w

1Ob25/08w – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. April 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Erwin S*****, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. November 2007, GZ 38 R 236/07y 12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 5. Juni 2007, GZ 8 C 2/07v 8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Kurz vor der Inbetriebnahme eines neu errichteten Krankenhauses schlossen die Klägerin als Bestandgeberin und der Beklagte als Bestandnehmer eine als „Bestandvertrag" übertitelte schriftliche Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

„§ 1

Gegenstand des Vertrages

Die Bestandgeberin gibt dem Bestandnehmer Räumlichkeiten im Ausmaß von 39,97 m2 ... in Bestand.

Das Bestandobjekt besteht aus folgenden Räumen:

11030300 Geschäftslokal 29,97 m2

11030700 Lager in der Ebene 2,10 m2.

...

§ 2

Zweck des Vertrages

Die Bestandgabe erfolgt zum Zwecke der Führung einer Tabaktrafik mit Zeitschriften, Büchern und Papier, wobei der Besuch von Abteilungen erlaubt ist.

Beabsichtigte wesentliche Änderungen des einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildenden Warensortiments bedürfen der Zustimmung der Bestandgeberin. Die Bestandgeberin ist von solchen wesentlichen Änderungen rechtzeitig im vorhinein schriftlich zu informieren. Auf Verlangen der Bestandgeberin sind zusätzliche Produkte versuchsweise in das Sortiment aufzunehmen.

Die Bestandgabe erfolgt, um hiedurch den Patienten, ihren Besuchern sowie dem Personal der Krankenanstalt die üblichen Leistungen aus dem vorgenannten Betriebsgegenstand zu üblichen Konditionen anzubieten.

Die Nutzung des Bestandobjektes zu anderen Zwecken ist dem Bestandnehmer untersagt.

§ 3

Vertragsdauer

Der Bestandvertrag wird mit Wirkung ab 1. März 1992 abgeschlossen, und kann von jedem der beiden Vertragsteile jeweils am 31. 3., 30. 6., 30. 9. und 31. 12. unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten mittels eingeschriebenen Briefes aufgekündigt werden.

§ 4

Bestandzins

Der monatliche Bestandzins beträgt 3 % vom Bruttoumsatz zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer. Als Mindestzins und zugleich monatliche Vorauszahlung ist ein Betrag von S 9.000, - zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer jeweils im vorhinein bis 1. eines jeden Monates auf das von der Bestandgeberin angegebene Konto zu leisten und hat für die Bestandgeberin kostenfrei zu erfolgen.

...

§ 11

Verpflichtungen des Bestandnehmers

Der Bestandnehmer hat die für die Aufnahme und Führung des Geschäftsbetriebes erforderlichen Einrichtungen und Installationen, soweit sie nicht von der Stadt Wien beigestellt sind, auf eigene Kosten beizustellen und stets in gutem Zustand zu erhalten.

Alle im Zusammenhang mit der Betriebsaufnahme und dem Betrieb selbst erwachsenden öffentlich rechtlichen Verpflichtungen trägt der Bestandnehmer.

...

Vor Eröffnung des Betriebes sind die zu seiner Führung erforderlichen Gewerbeberechtigungen nachzuweisen. Die bau , feuer , sanitäts- und gewerberechtlichen Vorschriften sind genauestens einzuhalten.

Alle mit der Gewerbeausübung in Verbindung stehenden Kosten und Aufwendungen sowie alle daraus entstehenden Ansprüche der Bestandnehmerin oder Dritter sind von dem Bestandnehmer zu tragen.

§ 12

Pflicht zur Betriebsführung

Der Bestandnehmer hat den Betrieb ganzjährig und ohne Unterbrechung persönlich zu führen. Jede Betriebsunterbrechung bedarf einer vorherigen Zustimmung durch die Anstaltsleitung. Wird im Falle zeitweiliger Abwesenheit oder Verhinderung ein Vertreter namhaft gemacht, so bedarf dieser einer Genehmigung der Anstaltsleitung. Der Vertreter muß fachkundig und bevollmächtigt sein, im Namen des Bestandnehmers rechtsverbindlich mit den Organen der Stadt Wien und sonstigen Behörden zu verhandeln und deren Anordnungen auszuführen.

Die Öffnungszeiten sind im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen mit der Anstaltsleitung festzulegen. Gegebenenfalls ist der Betrieb auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen aufrechtzuerhalten. Während der vereinbarten Zeiten besteht eine Pflicht zur Offenhaltung und Betriebsführung.

...

§ 18

Räumung

...

Erfolgt eine Kündigung mittels eingeschriebenen Briefes, so hat der Bestandnehmer ebenfalls binnen 14 Tagen nach dem Kündigungstermin das Bestandobjekt zu räumen und im ursprünglichen Zustand zu übergeben.

..."

Zum Zeitpunkt der Übergabe an den Beklagten befand sich das Geschäftslokal in nicht ausgebautem Zustand; vorhanden waren lediglich die „Elektro- und Sanitätseinrichtungsleitungen". Der Beklagte musste Investitionen in einer Größenordnung von 1 bis 1,5 Mio S vornehmen. Er übernahm auch - kurz vor oder nach der Eröffnung seiner Trafik Anfang März 1992 - mit Zustimmung und Wissen der Klägerin einen weiteren Lagerraum zur Benützung. Die nächste Trafik befindet sich zwei Straßenbahnstationen vom Krankenhaus entfernt.

Die Klägerin erklärte die gerichtliche Aufkündigung des Bestandvertrags und beantragte, den Beklagten schuldig zu erkennen, das Bestandobjekt bestehend aus dem Geschäftslokal und Lager in der Ebene 2 sowie einem zweiten Lagerraum - zum 14. 7. 2007 von nicht in Bestand gegebenen Sachen geräumt zu übergeben. Das Bestandverhältnis sei als Pachtvertrag zu qualifizieren, der ohne besondere Kündigungsgründe zu den vereinbarten Kündigungsterminen aufgelöst werden könne. Für die Qualifikation als Pachtvertrag sprächen die Vereinbarung einer Betriebspflicht und eines umsatzorientierten Bestandzinses. Zudem habe die Klägerin dem Beklagten den im Krankenhaus vorhandenen Kundenstock, nämlich Personal, Patienten und Besucher, zur Verfügung gestellt, wobei der Beklagte im gesamten Spitalsareal keine Konkurrenz habe; das Bestandobjekt liege in unmittelbarer Nähe des Haupteingangs im Eingangsbereich. Hilfsweise stützt sich die Klägerin auch auf näher dargelegte Umstände, die Kündigungsgründe iSd § 30 MRG darstellten.

Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, es liege keine Unternehmenspacht, sondern vielmehr Geschäftsraummiete vor, sodass ihm der Kündigungsschutz des MRG zukomme. Es seien ausschließlich Räumlichkeiten in Bestand gegeben und kein Unternehmen übergeben worden. Er habe nach Beendigung des Bestandverhältnisses die Räumlichkeiten im ursprünglichen Zustand, also ohne die von ihm selbst hergestellte unternehmenstypische Einrichtung zurückzustellen. Die vereinbarte Betriebspflicht beruhe nur teilweise auf dem wirtschaftlichen Interesse der Bestandgeberin an der Führung gerade dieses Betriebs, im Vordergrund stehe deren finanzielles Interesse an einem möglichst hohen Umsatz, von dem sie aufgrund der vereinbarten umsatzabhängigen Miete direkt profitiere. Die Trafik sei kein Nebenbetrieb des Spitals, der den Spitalsbetrieb ergänzen würde. Die dem Mieter durch den Bestandvertrag eröffnete Möglichkeit, aus dem Kreis der Patienten, Besucher und Mitarbeiter Kunden für das Unternehmen anzuwerben, sei der Übergabe des Kundenstocks eines laufenden Unternehmens nicht gleichzusetzen. Der Beklagte hätte diese Kunden auch anwerben können, wenn er seine Trafik ohne Zutun der Klägerin in einem außerhalb des Spitals in der Nähe gelegenen anderen Geschäftsraum eröffnet hätte. Die behaupteten Kündigungsgründe lägen nicht vor. Insbesondere sei die Absicht der Klägerin, das gesamte Spital als „rauchfreie Zone" zu führen, kein ausreichender Grund dafür, die wirtschaftliche Existenz des Beklagten zu zerstören.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und erkannte den Beklagten schuldig, die von der Klägerin bezeichneten Räumlichkeiten geräumt zu übergeben. Für die Beurteilung des Bestandvertrags als Miet- oder Pachtverhältnis komme es nach der Judikatur stets auf die Gesamtheit aller erheblichen Umstände des Einzelfalls und auf die Zweckbestimmung der Bestandsache bei Vertragsabschluss bzw auf die dem Bestandgeber eingeräumten Befugnisse an. Dass dem Beklagten kein lebendes Unternehmen übergeben wurde und er auch keine Verpflichtung zur Rückstellung eines lebenden Unternehmens habe, spreche für sich allein betrachtet für das Vorliegen eines Mietvertrags. Dem gegenüber stünden Bestimmungen, nach denen wesentliche Änderungen des Warensortiments der Zustimmung der Klägerin bedürften, ein umsatzabhängiger Mietzins zu zahlen sei und eine Betriebspflicht einschließlich einer Regelung über Öffnungszeiten vereinbart worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass aufgrund der Infrastruktur des Spitals davon auszugehen sei, dass das Bestandverhältnis in einem fördernden Zusammenhang damit stehe, sodass die vertragliche Überlassung der Bestandräumlichkeiten im Rahmen dieses Betriebs erfolge. Angesichts der Lage der Trafik sei dem Beklagten auch von der Klägerin ein entsprechender Kundenstock zur Verfügung gestellt worden; die Inanspruchnahme von Leistungen des Beklagten durch spitalsfremde Personen falle nicht ins Gewicht. Unter Berücksichtigung der Klarstellung im Vertrag, wonach die Bestandgabe erfolge, um hiedurch den Patienten, deren Besuchern sowie dem Personal die üblichen Leistungen zu üblichen Konditionen anzubieten, ergebe sich ein eindeutiger Wille der Parteien, eine unmittelbare Einrichtung zur Befriedigung des Nahversorgerbedarfs hinsichtlich Trafikwaren für die Nutzer des Spitals zu gewährleisten; damit finde sich das Kriterium des zur Verfügung gestellten Kundenstocks auch im gegenständlichen Vertrag. Im Sinne der gebotenen Gesamtschau stelle der Bestandvertrag somit keine den Kündigungsbeschränkungen des MRG unterliegende Geschäftsraummiete dar, vielmehr sei ein Pachtverhältnis begründet worden, das unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist aufkündbar sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Für die Abgrenzung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht könnten keine allgemein gültigen Regeln aufgestellt werden. Es komme vielmehr stets auf die Gesamtheit aller erheblichen Umstände des Einzelfalls und auf die Zweckbestimmung der Bestandsache bei Vertragsabschluss bzw auf die dem Bestandnehmer eingeräumten Befugnisse an. Unternehmenspacht liege im Allgemeinen dann vor, wenn ein „lebendes Unternehmen", also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des „good will" gehört, übergeben werde. Das bedeute jedoch nicht, dass im Einzelfall alle diese Merkmale gleichzeitig zutreffen müssten, um eine Unternehmenspacht annehmen zu können. Fehle es bei der Überlassung eines Unternehmens an einzelnen „zu dessen Betrieb typischen" Merkmalen, so sei entscheidend, ob die dafür maßgeblichen Elemente im Einzelfall überwiegen, welchen Elementen also die größere wirtschaftliche Bedeutung zukomme. Im Allgemeinen sei die Vereinbarung einer Betriebspflicht, die auf einem erkennbaren wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am (Weiter )Bestehen und der Art des Betriebs beruhe, das wesentlichste Kriterium für die Annahme eines Pachtvertrags. Gegenstand einer Unternehmenspacht könne auch ein erst zu gründender Betrieb sein; in diesem Fall seien allerdings die Anforderungen für die Annahme einer Unternehmenspacht strenger. Der Bestandgeber müsse alle wesentlichen Grundlagen für das zukünftige Unternehmen zur Verfügung stellen. Die Rechtsprechung habe etwa ganz allgemein klargestellt, dass die Überlassung eines Verkaufsraums in einem großen Bahnhof in erster Linie dazu diene, Reisende mit Waren bzw Dienstleistungen zu versorgen, die diese gerade auf großen Bahnhöfen erwarten. Solche Unternehmen könnten gewöhnlich ohne den durch den Hauptbetrieb der Bahn gesicherten Kundenkreis nicht bestehen. Bei einer derart engen betrieblichen Verknüpfung zwischen Haupt- und Nebenbetrieb stehe die Überlassung von Räumen nicht im Vordergrund; wesentlich sei vielmehr die Einräumung einer schon seit langer Zeit bestehenden Erwerbsgelegenheit mit einem gesicherten Kundenstock. Die gleichen Überlegungen seien auch bei einem großen Krankenhaus anzustellen. Die Überlassung eines Verkaufsraums in einem solchen diene unzweifelhaft in erster Linie dazu, Patienten und Personal des Krankenhauses, aber auch die Besucher, mit Waren bzw Dienstleistungen zu versorgen, die diese in einem Krankenhaus üblicherweise erwarten. Stationär aufgenommene Patienten hätten faktisch auch gar nicht die Möglichkeit, diese Waren und Dienstleistungen anderswo zu erwerben (bzw zu erhalten). Aus dem entsprechenden Hinweis im Bestandvertrag auf den zu versorgenden Kundenkreis ergebe sich sehr wohl ein Interesse der Klägerin am Bestand des Unternehmens im betreffenden Bestandobjekt. Im Bestandvertrag werde auch nicht etwa auf gesetzliche Bestimmungen des MRG hingewiesen; im § 4 sei ausdrücklich ein Umsatzbestandzins vereinbart. Dem Umstand, dass der Bestandgeber als Verpächter selbst nicht in der Lage wäre, eine Trafik zu betreiben und dem Bestandnehmer daher auch keine „Verschleißbewilligung" für Tabakwaren überlassen könne, komme im Sinne der einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur zu bei einem in einem Bahnhof gelegenen Bestandobjekt für die rechtliche Qualifikation des Bestandvertrags keine entscheidende Bedeutung zu. Ebenso sei nicht maßgeblich, wie weit es dem Bestandnehmer durch seine Tätigkeit nach Vertragsabschluss gelungen sein möge, auch auswärtige Kunden zu gewinnen. Bei Abwägung all dieser Umstände habe das Erstgericht das Bestandverhältnis daher zutreffend als Pachtverhältnis qualifiziert. Eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen dahin, dass das Pachtverhältnis nur bei Vorliegen von Kündigungsgründen nach dem MRG aufgekündigt werden könne, lasse sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableiten. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil sich für die Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht keine allgemein gültigen Regeln aufstellen ließen, sondern stets nur unter Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls entschieden werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Beklagten ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Ob ein Bestandvertrag den für Mietverträge oder aber den für Pachtverträge geltenden Gesetzesbestimmungen unterliegt, ist, wenn das Bestandverhältnis sowohl Elemente des einen als auch des anderen Vertragstyps aufweist, gemäß § 1091 Satz 2 ABGB nach dem Überwiegensprinzip zu beurteilen (grundlegend dazu zuletzt F. Bydlinski, Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht im EKZ: Eine Suche nach dem Problemkern, JBl 2007, 273 ff mit vielen Nachweisen aus Lehre und Judikatur). Es ist somit nach typologischen Merkmalen zu ermitteln, ob ein bestimmtes Bestandverhältnis „mehr Miete" oder „mehr Pacht" ist (F. Bydlinski, aaO 287).

Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass in Einzelfällen ein Überwiegen der pachtvertraglichen Elemente selbst dann angenommen werden kann, wenn ein Unternehmen vom Bestandnehmer erst aufgebaut werden muss; eine Qualifikation als Pachtvertrag kommt dann nur in Betracht, wenn der Bestandgeber alle wesentlichen Grundlagen für das zukünftige Unternehmen zur Verfügung stellt (vgl nur die Nachweise bei Iro in KBB2 § 1091 ABGB Rz 2; sowie RIS Justiz RS0029483). Dies kann im vorliegenden Fall nach Auffassung des erkennenden Senats nicht bejaht werden.

Abgesehen von der Bereitstellung von Räumlichkeiten erschöpft sich der Beitrag der Klägerin im Wesentlichen darauf, dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, an den Strömen potentieller Kunden in einem Krankenhaus zu partizipieren. Damit wurde dem Beklagten ein (nicht unerheblicher) Teil seiner Kunden von der Klägerin „zur Verfügung gestellt". Dies allein würde noch kein pachtvertragstypisches Kriterium darstellen, da der Bestandnehmer auch bei typischen Mietverträgen in einer gut frequentierten Geschäftsstraße seine Kunden aus der jedenfalls vorhandenen Schar von Kaufwilligen akquirieren kann (vgl auch 10 Ob 2033/96k, wo in einem vergleichbaren Fall das Vorliegen eines „Kundenstocks" verneint wurde). Hier kommt allerdings dazu, dass der Beklagte mit seinem Betrieb durch konkrete Bestimmungen des Bestandvertrags in den Krankenhausbetrieb in besonderer Weise eingebunden wurde, somit sein Unternehmen nicht nur im eigenen Geschäftsinteresse, sondern auch im Interesse der Klägerin betreibt, die bestrebt ist (bzw war), ihren Mitarbeitern sowie den Patienten und Besuchern den Erwerb bestimmter Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen, die in einem Krankenhaus typischerweise nachgefragt werden.

Nur insoweit kommt auch der vereinbarten Betriebspflicht Bedeutung in Richtung eines pachtvertragstypischen Elements zu. Im Übrigen dient die Vereinbarung einer Betriebspflicht im Rahmen einer Unternehmenspacht aber in erster Linie dazu, zu gewährleisten, dass dem Verpächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses ein lebendes und ertragsfähiges Unternehmen zurückgestellt wird - was offenbar auch die Revisionsgegnerin erkennt, wenn sie ausführt, durch die Vereinbarung einer Betriebspflicht werde (regelmäßig) das wirtschaftliche Interesse des Bestandgebers an der Erhaltung des Betriebs „überzeugend" dokumentiert -, welcher Aspekt hier außer Betracht zu bleiben hat, wurde doch im Bestandvertrag ausdrücklich die Rückstellung der als „Bestandobjekt" bezeichneten Räumlichkeiten im ursprünglichen Zustand vereinbart. Gerade der Umstand, dass die Rückstellung eines lebenden Unternehmens nicht vereinbart wurde - die Klägerin fasst nun sogar eine Änderung des im Bestandobjekt bisher geführten Betriebs einer Tabaktrafik ins Auge -, spricht massiv für das Vorliegen von Geschäftsraummiete (vgl 3 Ob 253/05k uva).

Die Vereinbarung eines umsatzabhängigen Bestandzinses spricht nicht für das Vorliegen eines Pachtverhältnisses, zumal auch die pachtrechtlichen Bestimmungen des ABGB eine derartige Mietzinsbildung nicht eigens vorsehen. Das Gesetz lässt auch bei einem typischen Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten verschiedene Vereinbarungen über die Mietzinsbildung zu, soweit diese nicht dazu führen, dass allfällige gesetzliche Höchstgrenzen (zB ein „angemessener Mietzins" iSd § 16 Abs 1 MRG) überschritten werden.

Gegenüber den dargestellten Beiträgen der Klägerin zu den Erträgnissen des Unternehmens des Beklagten fallen dessen eigene Beiträge nach Auffassung des erkennenden Senats erheblich schwerer ins Gewicht. Er hatte nicht nur erhebliche Investitionen zu leisten, um seinen Geschäftsbetrieb überhaupt aufnehmen zu können. Darüber hinaus musste er auch für die Gewerbeberechtigung, die (erstmalige und laufende) Anschaffung der zu veräußernden Waren, das Bereitstellen von Personal und die gesamte Organisation des Betriebs sorgen. Weiters entspricht es durchaus der Lebenserfahrung, dass zumindest ein gewisser Teil des Kundenstocks auch auf Bemühungen des Bestandnehmers zurückzuführen ist und nicht allein auf das in die Sphäre der Klägerin fallende Umfeld.

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Kriterien ist im Ergebnis nicht zu sehen, warum der Beklagte, der seinen Lebensunterhalt aus dem in den Bestandräumlichkeiten geführten Betrieb erwirtschaftet, im Hinblick auf die Kündigung des Bestandvertrags erheblich weniger schutzwürdig sein sollte als ein Unternehmer, der Geschäftsräumlichkeiten im Rahmen eines typischen Mietvertrags in Bestand genommen hat. Der hier zu beurteilende Bestandvertrag ist demnach als Geschäftsraummiete zu werten.

Da die Vorinstanzen das Bestandverhältnis pachtrechtlichen Grundsätzen unterworfen haben, haben sie sich mit den hilfsweise aufgestellten Prozessbehauptungen der Klägerin, es lägen auch Umstände vor, die als Kündigungsgründe nach § 30 MRG zu qualifizieren wären, nicht auseinandergesetzt. Dies wird im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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