JudikaturJustiz1Ob237/03i

1Ob237/03i – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei Günther Wolfgang G*****, vertreten durch Dr. Markus Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Antragsgegnerin W***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Streitanmerkung infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsgegnerin sowie des Revisionsrekurses des Dr. Gerhard Z*****, als Masseverwalter im Konkurs der Firma B*****, gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 8. August 2003, GZ 4 R 173/00b-30, mit denen der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 17. Juni 2003, GZ 15 Cg 263/02g-24, bestätigt und der Rekurs des Einschreiters Dr. Gerhard Z***** zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

1.) Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Antrag auf grundbücherliche Anmerkung der zu 15 Cg 263/02g des Landesgerichts Innsbruck erhobenen Klage auf der EZ *****, GB *****, abgewiesen wird.

2.) Der Revisionsrekurs des Einschreiters Dr. Gerhard Z***** wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In seiner am 2. Dezember 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Antragsteller (Kläger) auszusprechen, dass der zwischen seinem Bruder und der Antragsgegnerin (Beklagten) abgeschlossene Kaufvertrag vom 3. Dezember 1999 über die im Spruch genannte Liegenschaft gemäß § 934 ABGB aufgehoben werde, und die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechts an dieser Liegenschaft zu Gunsten des Klägers einzuwilligen. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, sein Bruder habe als seinerzeitiger Eigentümer der Liegenschaft diese durch einen Bevollmächtigten an die beklagte Partei um einen Kaufpreis von S 400.000,-- verkauft, wogegen ein Kaufpreis von mehr als S 21 Mio angemessen gewesen wäre. Sein Bruder habe ihm den "Anspruch auf Aufhebung und Rückabwicklung" abgetreten.

Mit seinem am 13. Dezember 2002 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte er die Anmerkung der Klage gemäß § 61 GBG. Sowohl die Klage als auch der Antrag auf Streitanmerkung wurden durch seinen erst mit Beschluss des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 13. Juni 2003 bestellten Verfahrenshelfer (vgl ON 24) eingebracht. Die Vorlage der Bestellungsurkunde mit einem als "Mitteilung" ("Verbesserung") bezeichneten Schriftsatz ist als Genehmigung der bisherigen Prozessführung und Antragstellung anzusehen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Streitanmerkung. Das Rekursgericht wies den dagegen von Dr. Gerhard Z***** - ohne Hinweis auf seine Funktion als Masseverwalter - im eigenen Namen erhobenen Rekurs mangels Beschwer zurück und gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge, wobei es den Revisionsrekurs für zulässig erklärte. Über die Bewilligung einer Streitanmerkung sei allein auf Grund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu entscheiden; auf die sachliche Berechtigung des Klagebegehrens könne in diesem Verfahrensstadium nicht eingegangen werden. Nach § 61 GBG sei jedenfalls die Anmerkung der Klage des früheren Eigentümers einer Liegenschaft auf Aufhebung des der Eintragung des Eigentums der beklagten Partei zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts und auf Löschung des auf Grund dieses Restgeschäfts für die beklagte Partei einverleibten Eigentumsrechts zulässig. Dies gelte auch für eine Klage, mit der ein Liegenschaftskauf wegen Verkürzung über die Hälfte angefochten und dessen bücherliche Rückabwicklung begehrt werde. Der Kläger sei zwar nie bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft gewesen. Die von ihm ins Treffen geführten Konstellation einer Abtretung der diesbezügliche Ansprüche des Verkäufers scheine jedoch mit der Rechtsnachfolge von Todes wegen vergleichbar. Für diese Fälle bejahe der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit der Streitanmerkung von Klagen des Erben, mit denen ein von seinem Erblasser abgeschlossener Vertrag und die darauf basierende Einverleibung aus dem Grund der ursprünglichen Nichtigkeit oder des nachträglichen Wegfalls des Rechtstitels angefochten wird. Damit sei die Zulässigkeit der begehrten Klagsanmerkung zu bejahen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nach § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, weil zur Frage der Berechtigung eines Klägers, der sich auf die Abtretung seines Vertragsaufhebungs- und Rückabwicklungsanspruchs durch den früheren Liegenschaftseigentümer berufe, zur Klagsanmerkung keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig und berechtigt. Nach dem Wortlaut des § 61 Abs 1 GBG kann derjenige, der durch eine Einverleibung in seinem bücherlichen Recht verletzt erscheint, die Einverleibung aus dem Grunde der Ungültigkeit im Prozesswege bestreitet und die Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes begehrt, die Streitanmerkung im Grundbuch - entweder gleichzeitig mit der Klage oder später - verlangen.

Im vorliegenden Fall erhebt der Kläger jedoch kein Begehren auf Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes, sondern strebt vielmehr einen Ausspruch über die Aufhebung des Kaufvertrags und die Abgabe einer Willenserklärung der Antragsgegnerin auf Einverleibung des Eigentums an der Liegenschaft zu seinen Gunsten an. Es entspricht nun ganz herrschender Rechtsprechung, dass das Begehren einer Löschungsklage - im Sinne des Gesetzeswortlauts - auf Unwirksamerklärung und Löschung des Bucheintrags zu lauten hat (vgl nur SZ 41/151; JBl 1972; 208; SZ 60/237; SZ 62/80; EvBl 1996/135 ua), wogegen eine Klage auf Feststellung der Ungültigkeit des Titels im Grundbuch nicht angemerkt werden kann (vgl nur NZ 1990, 236). Fehlt nun aber - wie hier - das Begehren auf Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes, kommt die unter Hinweis auf § 61 GBG begehrte Streitanmerkung nicht in Betracht.

Zutreffend weist die Revisionswerberin auch darauf hin, dass die vom Antragsteller behauptete Abtretung bestimmter Rechte durch dessen Bruder nicht mit einer Gesamtrechtsnachfolge gleichgesetzt werden kann. Nur der Gesamtrechtsnachfolger setzt in vermögensrechtlicher Hinsicht die Person des Erblassers fort, sodass es gerechtfertigt und geboten erscheint, auch ihm im Falle der Erhebung einer Löschungsklage die Streitanmerkung zu ermöglichen, zumal nach Wiederherstellung des früheren Buchstands ohnehin von Amts wegen der Gesamtrechtsnachfolger als Eigentümer einzuverleiben ist; besondere Förmlichkeiten sind in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge im Erbweg nicht erforderlich, um eine bücherliche Eintragung zu Gunsten des Erben zu erreichen. Anderes gilt für die Einzelrechtsnachfolge, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Antragsteller in seiner Klage nicht einmal behauptet hat, sein Bruder habe im Zusammenhang mit der (nicht näher konkretisierten) Abtretung eine dem Gesetz entsprechende Aufsandungserklärung (§ 32 Abs 1 lit b GBG) abgegeben. Der vom Einschreiter Dr. Gerhard Z***** in seiner Eigenschaft als Masseverwalter erhobene Revisionsrekurs erweist sich in mehrfacher Hinsicht als unzulässig.

Einerseits wendet er sich gegen eine Entscheidung des Rekursgerichts, die gar nicht gegen ihn in seiner Funktion als Masseverwalter, sondern vielmehr über einen von ihm persönlich erhobenen Rekurs ergangen ist. Ein Beschluss, mit dem das Rekursgericht das Rechtsmittel mangels Beschwer des Rekurswerbers zurückgewiesen hat, kann aber nur von diesem selbst bekämpft werden; in seiner Funktion als Masseverwalter bzw als Vertreter der Konkursmasse war er nicht Partei des Rekursverfahrens und daher auch durch die Zurückweisungsentscheidung des Rekursgerichts nicht beschwert. Darüber hinaus greift die vom Erstgericht bewilligte Streitanmerkung auch in keiner Weise in die Rechtssphäre des Einschreiters bzw der Konkursmasse nachteilig ein. Betroffen von der Streitanmerkung ist ausschließlich der derzeitige Liegenschaftseigentümer, der sich ohnehin - letztlich mit Erfolg - selbst gegen die Streitanmerkung gewehrt hat.