JudikaturJustiz1Ob186/04s

1Ob186/04s – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Mai 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr. Klaus Dieter Strobach, Dr. Wolfgang Schmidauer und Mag. Renate Aigner, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wider die beklagte Partei Hermine L*****, vertreten durch Dr. Harald Fahrner, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Duldung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 28. Mai 2004, GZ 22 R 146/04h 57, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Revisionswerberin stellt in ihrem Rechtsmittel das Vorliegen der Voraussetzungen für die erfolgreiche Anfechtung des zwischen ihr und ihrem Sohn hinsichtlich der von der Klägerin als betreibender und Pfandgläubigerin im Zwangsversteigerungsverfahren erworbenen Liegenschaft abgeschlossenen Bestandvertrags ebesowenig in Frage wie die Befriedigungstauglichkeit des Anspruchs. Sie releviert ausschließlich, das Klagebegehren und der ihm folgende Urteilsspruch seien unbestimmt, nicht exequierbar, wegen der Möglichkeit eines Leistungsbegehrens unzulässig, und widersprechen den Inhaltserfordernissen des § 12 AnfO.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerberin ist darin beizupflichten, dass die Anfechtungsklage nach § 1 AnfO eine Leistungsklage ist (RIS Justiz RS0050318; RS0050448), wobei allerdings die Leistung auch in einem Dulden bestehen kann (1 Ob 577/94 = ÖBA 1995, 380). Nach ständiger Rechtsprechung hat sich das Begehren einer Anfechtungsklage auf Duldung der Exekution in das durch das angefochtene Rechtsgeschäft dem Anfechtungskläger entzogene Exekutionsobjekt oder auf Unterlassung von Handlungen, die eine solche Exekution verhindern könnten, zu richten (ÖBA 1998, 982; ÖBA 1987, 838; SZ 58/34; 1 Ob 295/01s = ÖBA 2002, 819), wobei Anfechtungsgegner nicht (nur) der Schuldner, sondern (auch) derjenige, zu dessen Gunsten eine anfechtbare Rechtshandlung gesetzt wurde und der aus dieser einen Vorteil erlangt hat, somit auch der Bestandnehmer, sein kann (7 Ob 153/04g). Die relative Unwirksamkeit der angefochtenen Rechtshandlung ist Vorfrage für das erhobene Leistungsbegehren, also nicht selbstständig feststellungsfähig (JBl 2001, 465).

Die Einzelanfechtung bezweckt die Befriedigung eines Gläubigers, dessen Forderung in ihren Befriedigungsaussichten durch den Verlust des schuldnerischen Vermögens wegen der anfechtbaren Rechtshandlung unmöglich gemacht oder verkürzt wird. Nach dem Erfolg einer solchen Anfechtung ist die betroffene Rechtshandlung nicht schlechthin (absolut), sondern nur dem Anfechtenden gegenüber (relativ) unwirksam. Die Anfechtung hat also keine rechtsvernichtende absolute Wirkung, sodass der Gläubiger die Leistung als Rechtsnachfolger des Anfechtungsgegners, nicht aber des Schuldners, der anfechtbar veräußerte, erwirbt. Der Anfechtungsanspruch zielt somit nur auf die durch das (titulierte) Interesse des Gläubigers begrenzte Herstellung jenes Zustands ab, der bei Unterbleiben der anfechtbaren Rechtshandlung eingetreten wäre. Anfechtungsgegner bei der Einzelanfechtung ist derjenige, zu dessen Gunsten die anfechtbare Rechtshandlung vorgenommen wurde und der daraus einen Vorteil erlangte. Dessen Haftung ist darauf beschränkt, dem Gläubiger das zu leisten, was dem Schuldnervermögen durch die anfechtbare Handlung entging oder daraus veräußert wurde (ÖBA 1998, 982; 1 Ob 295/01s; 7 Ob 153/04g).

Die bereits beschriebene Relativität des Anfechtungsanspruchs folgt aus dem Exekutionstitel und nicht aus dem vom Anfechtungskläger als betreibendem Gläubiger gewählten Exekutionsmittel. Auf Grund des im Anfechtungsprozess erstrittenen Titels kann der schon vorliegende Exekutionstitel (und kein anderer) gegen die Anfechtungsgegnerin vollstreckt werden (3 Ob 132/02m; 7 Ob 153/04g).

Wenngleich der Revisionswerberin zuzugestehen ist, dass Klagebegehren und Urteilsspruch in Beachtung des § 12 AnfO zu weit formuliert sind, liegt nach den Besonderheiten des Falles, nämlich insbesondere dass die uneingeschränkte Befriedigungstauglichkeit einer Räumung nicht (mehr) bestritten wird, kein derart schwerwiegendes Vergreifen in der Form vor, das aus Gründen der Rechtssicherheit eine Korrektur durch den Obersten Gerichtshof erforderlich machte:

Dass das Duldungsbegehren ein taugliches Leistungsbegehren im Anfechtungsprozess darstellt (ob zusätzlich auch ein Räumungsbegehren zulässig und verfahrensökonomisch gewesen wäre [vgl 7 Ob 153/04g], muss hier nicht untersucht werden), wurde bereits referiert. Ebenso wurde klargestellt, dass sich die Relativität des Anspruchs, somit die Zulässigkeit dessen Durchsetzung nur durch die Klägerin, bereits aus der Rechtsnatur des gestellten Anfechtungsbegehrens ergibt, wie dies das Berufungsgericht auf Seite 16 seiner Urteilsausfertigung auch zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht hat. Ebenso deutlich ergibt sich aus den Entscheidungsgründen der Vorinstanzen, dass der gegen die Anfechtungsgegnerin zu vollstreckende Exekutionstitel jener ist, der der Bewilligung der Zwangsversteigerung zu Grunde lag (Wechselzahlungsauftrag des LG Wels vom 16. 3. 1998 [Seite 8f des Ersturteils]). Da es nach den Feststellungen (Seite 22 iVm Seite 11 des Ersturteils) nicht zur vollständigen Befriedigung der klagenden Gläubigerin kam (§ 8 AnfO), kann ungeachtet der hier nicht relevierten Frage der Legitimation der Ersteherin zur Anfechtungklage (vgl den allerdings keine Gläubigerin betreffenden Fall SZ 61/126) nicht zweifelhaft sein, dass die einzig mögliche, von der Beklagten zu duldende Exekutionsführung nur jene auf Räumung im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens gemäß §§ 156 Abs 2, 349 EO sein kann.

Der in diesem Sinn offenkundig zu weit gefasste, jedoch im konkreten Fall keine über den dargestellten Inhalt hinausgehende Anwendung ermöglichende Titel wäre wohl einer Berichtigung durch die Vorinstanzen zugänglich, weshalb auch deshalb eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO beschriebenen Bedeutung nicht vorliegt.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
4