JudikaturJustiz1Ob183/16t

1Ob183/16t – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Z*****, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Rechtsanwalt in Wien, wegen 500.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. August 2016, GZ 16 R 56/16x 90, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 22. Februar 2016, GZ 54 Cg 94/13k 86, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Rechtsmittel der Klägerin enthält im Wesentlichen dieselben Argumente wie die ebenfalls von ihrem Rechtsvertreter verfasste Revision im Verfahren 1 Ob 169/15g. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die den Entscheidungen 1 Ob 169/15g und 1 Ob 258/15w folgte, ist nicht zu beanstanden. Auf dessen Begründung kann gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden.

2. In Fällen wie dem gegenständlichen besteht kein Unionsrechtsbezug (so bereits 2 Ob 219/14s; 1 Ob 169/15g). Im Übrigen ist nicht erkennbar, inwiefern durch die Anwendung der Verjährungsbestimmungen gegen Art 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union („Nichtdiskriminierung“) verstoßen worden sein sollte. Dass in diesem Zusammenhang eine im nationalen Recht vorgesehene Verjährungsfrist von dreißig Jahren nicht gegen den Äquivalenzgrundsatz verstößt, hat der EuGH bereits ausgesprochen (Urteile C 429/12, Pohl , ECLI:EU:C:2014:12, Rn 27 ff; C 417/13, ÖBB Personenverkehr , ECLI:EU:C:2015:38, Rn 66 f).

3. Auch der Anregung, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof dahingehend zu beantragen, „ob die Verjährungs-bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (insbesondere ... § 1472 ABGB, § 1489 ABGB, § 6 AHG) wegen Verletzung“ verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte als verfassungswidrig aufzuheben seien, ist nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass hier § 6 AHG gar nicht zur Anwendung gelangt, vermag die Klägerin nicht – auch nur annähernd – darzulegen, inwiefern eine Verfassungswidrigkeit der pauschal genannten Bestimmungen vorliegen solle (so schon 1 Ob 169/15g).

4. Schadenersatzansprüche verjähren jedenfalls nach Ablauf der langen Verjährungszeit des § 1489 Satz 2 ABGB. Die dreißigjährige Verjährung beginnt bereits von dem Zeitpunkt an zu laufen, zu dem die Handlung begangen wurde, die den Schaden herbeigeführt hat (RIS Justiz RS0034504 [T3]; Dehn in KBB 4 § 1489 ABGB Rz 9). Mit Ablauf der langen (objektiven) Frist ist der späteste Zeitpunkt für die Geltendmachung des Anspruchs verstrichen. Diese Höchstfrist läuft unabhängig von der Kenntnis ab, weshalb es nicht darauf ankommt, ob und wann der frühere gesetzliche Vertreter der Klägerin Kenntnis von ihren schweren körperlichen und seelischen Misshandlungen sowie Vergewaltigungen erlangt hat und ob und wann die Geschädigte davon (wieder) Kenntnis erlangt hat (1 Ob 169/15g mwN; RIS Justiz RS0034502 [T2]; 1 Ob 258/15w). Mit dem Ablauf der dreißigjährigen Frist des § 1489 Satz 2 ABGB ist der späteste Zeitpunkt für die Geltendmachung des Anspruchs verstrichen. Innerhalb dieser Frist hat die Geschädigte ihren Anspruch geltend zu machen, sofern die dreijährige (subjektive) Frist des § 1489 Satz 1 ABGB nicht schon früher abläuft und die Verjährung herbeiführt (1 Ob 41/15h; 1 Ob 169/15g; RIS Justiz RS0130160).

Die Argumente der Klägerin, warum die Ablaufhemmung nach § 1494 Satz 2 ABGB gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 7 Abs 1 B VG) verstoßen soll, gehen nicht von der dargestellten Rechtslage aus und zeigen im konkreten Zusammenhang keine Verfassungswidrigkeit der darin normierten zweijährigen Frist auf.