JudikaturJustiz1Ob17/20m

1Ob17/20m – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj K*****, geboren am ***** 2014, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Ing. M*****, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und Mag. Werner Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 8. November 2019, GZ 4 R 259/19h 74, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 15. Juli 2019, GZ 2 Ps 121/18p 59, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur mehr die Frage, welcher Elternteil bei gemeinsamer Obsorge und Betreuung des Kindes zu gleichen Teilen („Doppelresidenzmodell“) zum „Domizilelternteil“ iSd § 180 Abs 2 letzter Satz ABGB bestimmt werden soll.

Der erkennende Senat erachtet die Entscheidung des Rekursgerichts, das den Haushalt der Mutter als jenen festlegte, in dem das Kind im Sinn der genannten Bestimmung hauptsächlich betreut wird, als nicht korrekturbedürftig.

Zu Recht ging das Rekursgericht zunächst davon aus, dass auch im vorliegenden Fall – trotz gemeinsamer Obsorge und Betreuung des Kindes zu gleichen Teilen durch beide Eltern – eine Festlegung des Hauptaufenthalts des Kindes gemäß § 180 Abs 2 letzter Satz ABGB erforderlich ist, womit aber – wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis zu G 152/2015, klargestellt hat – nur ein „nomineller“ Anknüpfungspunkt für jene Rechtsfolgen geschaffen wird, deren Grundlage ein bestimmter Aufenthaltsort ist (RIS Justiz RS0130981; RS0130918).

Dass das Rekursgericht der Mutter, die bereits nach einer zwischen den Eltern getroffenen Vereinbarung „Domizilelternteil“ war, auch weiterhin die diesem Elternteil zustehenden („nominellen“) Berechtigungen und Verpflichtungen zuerkannte, begegnet bereits deshalb keinen Bedenken, weil keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die Wahrnehmung dieser Aufgaben im Interesse des Kindes einer Änderung bedürfte (vgl 6 Ob 8/19y). Entgegen seinen Ausführungen im Revisionsrekurs hat der Vater auch nicht behauptet, dass er diese Aufgaben besser wahrnehmen könnte, als die Mutter (vgl 9 Ob 82/16y; 6 Ob 8/19y). Dass der in der Rekursverhandlung anwaltlich vertretene Vater dort kein solches Vorbringen erstatten hätte können, ist nicht nachvollziehbar.

Auch in dritter Instanz verkennt der Vater das Wesen der bloß nominellen Anknüpfung an den Hauptaufenthaltsort des Kindes. Seine Rechtsmittelausführungen beziehen sich darauf, dass die faktische Betreuung durch die Mutter nicht im Kindeswohl liege. Dem käme aber nur für die – von den Eltern nicht in Frage gestellte – gemeinsame Obsorge sowie für das in dritter Instanz ebenfalls nicht strittige „Doppelresidenzmodell“ Bedeutung zu, nicht hingegen für die im Revisionsrekursverfahren allein zu beurteilende Bestimmung eines Elternteils als „Domizilelternteil“ im Rahmen dieses Betreuungsmodells. Warum es sich dabei – entgegen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung – in den Fällen der „Doppelresidenz“ um keinen bloß nominellen Anknüpfungspunkt handeln soll, vermag der Revisionsrekurswerber nicht aufzuzeigen. Dessen nicht näher begründete Behauptung, dem „Domizilelternteil“ komme bei Uneinigkeit der Eltern „offensichtlich“ das alleinige Recht zur Festlegung des Lebensmittelpunktes des Kindes, zur Veränderung und Auswahl der Betreuungseinrichtung, zur Änderung des „sozialen Umfelds“ des Minderjährigen sowie „zur Verweigerung der Kommunikation mit dem anderen Elternteil“ zu, widerspricht der dargestellten Rechtsprechung und zeigt bereits mangels substantiierter Auseinandersetzung mit dieser – die vom Revisionsrekurswerber ins Treffen geführte Stellungnahme der Bundesregierung in dem zu G 152/2015 geführten Gesetzesprüfungsverfahren wurde vom Verfassungsgerichtshof ohnehin berücksichtigt – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3

AußStrG).