JudikaturJustiz1Ob152/18m

1Ob152/18m – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr.

Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Manfred Sommerbauer und DDr. Michael Dohr, LL.M, LL.M., Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg sowie den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei G*****, vertreten durch Dr. Klaus Burka, Rechtsanwalt in Wien, wegen 57.100 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Juni 2018, GZ 6 R 56/18z 38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 19. März 2018, GZ 3 Cg 23/17i 32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag des Nebenintervenienten auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, ein Immobilienmakler sei in der Regel nur mit der Vermittlung eines Geschäftsabschlusses betraut, habe aber keine Vertretungsmacht. Die bloße Betrauung eines Vermittlungsmaklers mit der Suche nach Interessenten sei kein ausreichender Zurechnungsgrund dafür, bei Dritten einen dem Auftraggeber zurechenbaren Anschein dahin zu erwecken, dass er berechtigt sei, in dessen Namen Vertragsbedingungen auszuhandeln, die auch dann gelten sollen, wenn sie – wie hier – im schriftlichen Vertrag keinen Niederschlag finden. Im Gegensatz zur irrtumsrechtlichen Zurechnung der Erklärungen eines Verhandlungsgehilfen bedürfe die Vereinbarung konkreter Eigenschaften der versprochenen Leistung im Sinne des § 922 Abs 1 ABGB („bedungene Eigenschaften“) übereinstimmender Willenserklärungen der Vertragsparteien und lasse sich auch aus § 922 Abs 2 ABGB kein abweichendes Ergebnis gewinnen, zumal der Nebenintervenient dem dort genannten Personenkreis nicht angehöre. Dazu stützte es sich auf die zu 1 Ob 161/08w (immolex 2009/56 [ Pfiel ] = RdW 2009/211 = MietSlg 60.108 = MietSlg 60.246) und 2 Ob 176/10m (= RIS Justiz RS0127176 = RS0127175 = immolex 2011/93 [ Prader ] = Zak 2011/705 = RdW 2011/736 = wobl 2012/76 [krit Limberg ] = ecolex 2012/119 = Zak 2012/499 [ Limberg ] = RZ 2012, 67 EÜ41 = MietSlg 63.119 = MietSlg 63.120 = MietSlg 63.201 = MietSlg 63.548 [10] = Zak 2012/757 [ Kolmasch , Judikaturübersicht]) ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, die ausführlich begründet sind und mehrfach veröffentlicht wurden.

2. Die Klägerin vermeint in der Revision dazu nur, es sei völlig irrelevant, ob der Makler (der Nebenintervenient) vertretungsbefugt – sei er mit rechtsgeschäftlich erteilter Vollmacht ausgestattet oder aufgrund einer Anscheinsvollmacht – gewesen sei, weil er zu dem „in § 922 Abs 2 ABGB genannten Personenkreis“ gehöre. Damit stellt sie sich, wiewohl sie in ihrer Revision keine einzige andere Entscheidung des Höchstgerichts nennt, in Widerspruch zum bereits zitierten Judikat 2 Ob 176/10m und kann ein Abweichen von höchstgerichtlicher Rechtsprechung nicht aufzeigen. Sie behauptet zwar, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur richtlinienkonformen Interpretation jener Bestimmung nach der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkauf RL) und spricht dabei offenbar deren (in der Revision gar nicht präzisierten) Art 2 Abs 2 lit d an, kann aber nicht ersichtlich machen, weshalb im hier zu beurteilenden Fall „öffentliche Äußerungen“ vorliegen sollten, wenn doch feststeht, dass das Exposé vom Nebenintervenienten dem von der Klägerin selbst beauftragten Makler übermittelt worden war und sie selbst vorbrachte, es sei ihrem Geschäftsführer auf der Liegenschaft übergeben worden. Das von ihr für ihren Standpunkt ins Treffen geführte Urteil des (deutschen) Bundesgerichtshofs (V ZR 256/16 vom 19. 1. 2018) erging einerseits zu einer von ihrem Wortlaut her nicht ohne weiteres vergleichbaren Bestimmung (des dBGB). Andererseits wird darin zu den „öffentlichen Äußerungen“ („des Verkäufers oder seines Gehilfen“ nach § 434 Abs 1 Satz 3 dBGB) Bezug auf Vorentscheidungen genommen, wobei den zeitlich ersten Entscheidungen zu vom Verkäufer selbst (BGH 22. 4. 2016, V ZR 23/15 = NJW 2017, 150) bzw vom Makler (OLG Hamm, 22 U 90/08, OLG R 2009, 161) erstellten Exposés zugrunde lag, dass diese im Internet veröffentlicht worden waren. Derartiges wurde hier nicht behauptet. Die Entscheidung 2 Ob 176/10m, an der sich das Berufungsgericht orientierte, stufte das damals geschaltene Inserat als öffentlich und die Beschreibung im – einem Kaufinteressenten bei der Besichtigung ausgefolgten – Exposé als persönlich mitgeteilt ein (Punkt 4.1); auch zu diesem Punkt weicht das Berufungsgericht somit nicht von höchstgerichtlicher Judikatur ab. Darauf, unter welchen Voraussetzungen öffentliche Äußerungen eines dem Übergeber nahestehenden Dritten im Rahmen des § 922 Abs 2 ABGB wie solche des Übergebers selbst zu behandeln sind, kommt es im vorliegenden Fall daher nicht entscheidend an.

3. Die Revision, die somit keine erhebliche Rechtsfrage ausführt, ist demnach zurückzuweisen, was keiner weitergehenden Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).

4. Kostenersatz für die ohne Freistellung durch den Obersten Gerichtshof eingebrachte Revisionsbeantwortung steht dem Nebenintervenienten der Beklagten nach § 508 Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zu (RIS Justiz RS0043690 [T6, T7]).