JudikaturJustiz1Ob151/04v

1Ob151/04v – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. August 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr. Walter A*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F***** Gesellschaft mbH, wider die beklagten Parteien 1. Roswitha V*****, und 2. Josef V*****, beide vertreten durch Mag. Gernot Faber und Mag. Christian Kühteubl, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen jeweils 9.084,10 EUR (Gesamtstreitwert 18.168,20 EUR) sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2004, GZ 36 R 445/03i 19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Tulln vom 14. Juli 2003, GZ 2 C 1018/02s 15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 1.101,08 EUR (darin 183,51 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe :

Die beiden Beklagten waren Gesellschafter einer Gesellschaft mbH (in der Folge Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen am 25. 4. 2001 der Konkurs eröffnet wurde. Auf die von beiden Gesellschaftern zu leistenden Stammeinlagen von je 250.000 S war zunächst jeweils nur die Hälfte (also je 125.000 S) eingezahlt worden.

Am 5. 4. 2000 beantragten Gläubiger der Gemeinschuldnerin beim Handelsgericht Wien die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung einer Forderung von 500.000 S gegen die Gemeinschuldnerin unter anderem durch Pfändung der der Gemeinschuldnerin gegen die beiden Beklagten zustehenden Forderungen auf "Einbezahlung der offenen Stammeinlagen von jeweils 125.000 S". Mit Beschluss vom 5. 4. 2000 wurde die Exekution zur Sicherstellung bewilligt und den Beklagten als Drittschuldnern verboten, zur Berichtigung oder auf Abschlag der gepfändeten Forderung an die Gemeinschuldnerin als Verpflichtete zu zahlen; dieser wurde jede Verfügung über die gepfändete Forderung, insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung dieser Forderung untersagt. Am 19. 12. 2000 zahlten die beiden Beklagten die ausstehenden Stammeinlagen von je 125.000 S dennoch auf ein Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin ein; dieser wurden die Beträge gutgeschrieben. Am 26. 4. 2002 wurde die Exekution zur Sicherstellung über Antrag der betreibenden Gläubiger gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt.

Der Kläger begehrte von den Beklagten die Zahlung der seiner Ansicht nach noch aushaftenden restlichen Stammeinlagen von je 125.000 S (= 9.084,10 EUR). Unter anderem brachte er vor, die Zahlung der restlichen Stammeinlagen hätte nach der Pfändung mit schuldbefreiender Wirkung nur mehr an die Gläubiger der Gemeinschuldnerin, zu deren Gunsten die Exekution zur Sicherstellung bewilligt worden war, erfolgen dürfen. Selbst bei wirksamer Einzahlung sei diese unwirksam und nochmals an die Masse zu leisten.

Die Beklagten wendeten insbesondere ein, sie hätten die Stammeinlagen zur Gänze wirksam eingezahlt. Wenngleich ein Zahlungsverbot zugunsten der Gläubiger der Gemeinschuldnerin bestanden habe, sei die Zahlung gegenüber der Gemeinschuldnerin mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagten hätten schuldbefreiend an die Gemeinschuldnerin geleistet, die stets die Möglichkeit gehabt habe, auf die eingezahlten Beträge zu greifen. Lediglich den Gläubigern der Gemeinschuldnerin gegenüber, zu deren Gunsten Sicherstellungsexekution bewilligt worden war, wäre die Zahlung (relativ) unwirksam gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Den Gläubigern der Gemeinschuldnerin sei lediglich die Pfändung der Forderung mittels Zahlungs und Verfügungsverbots bewilligt worden, nicht aber auch die Überweisung dieser Forderung zur Einziehung. Erst diese Überweisung hätte die Gläubiger gemäß § 308 Abs 1 EO ermächtigt, namens der Gemeinschuldnerin von den Drittschuldnern (= beklagten Gesellschaftern) die Entrichtung des im Überweisungsbeschluss bezeichneten Betrags zu begehren. Wenngleich den Beklagten verboten worden sei, die gepfändete Forderung an die Gemeinschuldnerin zu zahlen, hätten diese dennoch mit schuldbefreiender Wirkung geleistet, weil lediglich den betreibenden Gläubigern gegenüber eine unwirksame Rechtshandlung vorgelegen sei. Die Gemeinschuldnerin habe die ausständige Stammeinlage in vollem Umfang erhalten, weshalb der Kläger nicht nochmals deren Zahlung begehren könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Fest steht, dass die Beklagten ihre zum Teil aushaftenden Stammeinlagen (von jeweils 125.000 S) an die Gemeinschuldnerin überwiesen, obwohl diese Forderung der Gemeinschuldnerin zugunsten betreibender Gläubiger im Wege einer Exekution zur Sicherstellung gepfändet war. Auf Grund dieser Pfändung war den Beklagten jede diesen Gläubigern gegenüber nachteilige Verfügung über de gepfändete Forderung verboten und die Zahlung der restlichen Stammeinlagen an die Gemeinschuldnerin den betreibenden Gläubigern gegenüber unwirksam (SZ 64/142; SZ 59/1; Oberhammer in Angst, Kommentar zur EO, Rz 27 zu § 294). Jede die Rechte eines betreibenden Gläubigers beeinträchtigende Verfügung wie hier die Zahlung an die Gemeinschuldnerin zum Nachteil der betreibenden Gläubiger ist aber nur relativ , nämlich den betreibenden Gläubigern gegenüber unwirksam , im Verhältnis zum Verpflichteten (hier also zur Gemeinschuldnerin) kann sich der Drittschuldner hier die Beklagten hingegen sehr wohl auf die verbotswidrige Zahlung berufen, entfaltet diese doch dem Verpflichteten gegenüber schuldbefreiende Wirkung (EvBl 1996/94; AnwBl 1992, 427; Oberhammer aaO Rz 28 zu § 294; Resch in Burgstaller/Deixler Hübner, Kommentar zur EO, Rz 19 und 30 zu § 294; Heller/Berger/Stix4 2230). Lediglich gegenüber den betreibenden Gläubigern würde die Zahlung als "nicht geleistet" gelten (5 Ob 33/65); die Gemeinschuldnerin hingegen kann die ihr ohnehin zugekommenen Beträge nicht ein zweites Mal fordern.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.