JudikaturJustiz1Ob15/99h

1Ob15/99h – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Land S*****, vertreten durch Dr. Peter Bartl und Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, wider die Antragsgegnerin W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Heinrich Siegl, Dr. Hannes Füreder und Dr. Michael Breitenfeld, Rechtsanwälte in Wien, wegen Festsetzung einer Entschädigung gemäß § 117 Abs 4 WRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 23. November 1998, GZ 3 R 302/98p-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 21. September 1998, GZ 1 N 33/98x-10, teils bestätigt und teils der Rekurs des Antragstellers zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller beantragte am 16. 6. 1998, gemäß § 117 Abs 4 WRG über die mit Bescheid der BH Bruck an der Mur vom 21. 4. 1998 ausgesprochene Verpflichtung zum Kostenersatz (gerichtlich) zu entscheiden und ihn zur Gänze von einer Kostenersatzpflicht zu entbinden; als Antragsgegnerin nannte er ausdrücklich die im Kopf dieser Entscheidung angeführte Gesellschaft mbH. Er brachte vor, er habe zwar von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin ein Grundstück gekauft, dort aber niemals eine Anlage selbst betrieben. Nachdem im Jahre 1988 Grundwasserverunreinigungen festgestellt worden seien, seien Entsorgungs- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt worden, die einen Kostenaufwand von S 12,299.773,60 verursacht hätten. Diese Kosten seien mit Bescheid der BH Bruck an der Mur dem Antragsteller und der Antragsgegnerin je zur Hälfte auferlegt worden. Nach dem Verursacherprinzip hätte die Behörde aber gemäß § 31 Abs 4 WRG den Ersatz der durch die Kontamination verursachten Kosten zur Gänze der Verursacherin auferlegen müssen; der Antragsteller hätte nur hilfsweise als Liegenschaftseigentümer herangezogen werden dürfen. Jedenfalls wären aber die Kosten so zu verteilen gewesen, daß die Antragsgegnerin S 10,795.010, der Antragsteller hingegen höchstens S 1,504.762,30 zu bezahlen habe.

Die Antragsgegnerin wendete ein, der Antrag könne sich gemäß § 117 Abs 4 WRG nur gegen die Republik Österreich richten, weil der vom Antragsteller bekämpfte Bescheid von einer Bezirksverwaltungsbehörde in mittelbarer Bundesverwaltung erlassen worden sei. Der gegen die Antragsgegnerin gerichtete Antrag sei demnach abzuweisen; der Bescheid der BH Bruck an der Mur sei im Umfang des dem Antragsteller auferlegten Kostenteilbetrags von S 6,149.866,80 in Teilrechtskraft erwachsen.

In der Tagsatzung vom 26. 8. 1998 brachte der Antragsteller vor, die Bezeichnung der Antragsgegnerin sei aufgrund des Amtswegigkeits- und Untersuchungsgrundsatzes im Außerstreitverfahren unbeachtlich. Lediglich der Form halber werde die Bezeichnung als Antragsgegnerin auf "mitbeteiligte Partei" richtiggestellt. Der Antrag sei inhaltlich ausschließlich darauf gerichtet, über die Kostenersatzverpflichtung aus dem angefochtenen Bescheid zu erkennen, weshalb das Gericht darüber zu entscheiden haben werde. In der Folge bezeichnete der Antragsteller die Republik Österreich als Antragsgegnerin, wogegen sich letztere und auch die Antragsgegnerin aussprachen.

Die Antragsgegnerin brachte zu AZ 1 N 31/98b des Erstgerichts einen Antrag gemäß § 117 Abs 4 WRG gegen die Republik Österreich als Antragsgegnerin ein.

Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Erstgericht die Verbindung der beiden Verfahren AZ 1 N 31/98b und 1 N 33/98x auf (Punkt I) und wies sowohl den Antrag des Antragstellers, über die Kostenersatzverpflichtung aus dem Bescheid der BH Bruck an der Mur vom 21. 4. 1998 zu entscheiden und ihn von einer Kostenersatzpflicht zur Gänze zu befreien, (Punkt II) als auch dessen Antrag auf Berichtigung der Parteienbezeichnung (von der Antragsgegnerin auf die Republik Österreich) ab (Punkt III). Die beiden Verfahren seien zu trennen, weil das Verfahren zu AZ 1 N 33/98x entscheidungsreif sei. Mit der Bezeichnung der Antragsgegnerin habe der Antragsteller die allein mögliche Gegenpartei (den von der Finanzprokuratur vertretenen Bund) verfehlt. Zu einer amtswegigen Richtigstellung der Parteienbezeichnung sei das Gericht nicht befugt. Eine Änderung der Parteienbezeichnung sei analog § 235 Abs 5 ZPO unzulässig, weil ein anderes Rechtssubjekt nicht in das Verfahren einbezogen werden könne. Dies müsse jedenfalls auch für die "streitigen Außerstreitverfahren" gelten.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Antragstellers, soweit er sich gegen Punkt I des erstinstanzlichen Beschlusses (Trennung der beiden Verfahren) richtete, zurück und sprach aus, daß der Revisionsrekurs gegen diesen Teil der Entscheidung jedenfalls unzulässig sei (Punkt A); im übrigen Umfang bestätigte es den Beschluß des Erstgerichts, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 260.000 übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig (Punkt B). Die Verbindung (bzw Trennung) von Prozessen liege im Ermessen des Gerichts; derartige Anordnungen seien gemäß § 192 Abs 2 ZPO unanfechtbar. Entgegen der Behauptung des Antragstellers habe die Republik Österreich im Verfahren in der Sache nicht verhandelt. Selbst wenn man berücksichtigte, daß das Gericht von Amts wegen die "richtige Partei" in das Verfahren einzubeziehen gehabt hätte, müsse der Rekurs erfolglos bleiben. Die mit dem Rechtsmittel angestrebte Fortsetzung des Verfahrens gegen die Republik Österreich als Antragsgegnerin komme nämlich schon deshalb nicht in Frage, weil eine fristgerechte Antragstellung gegenüber der Republik Österreich (innerhalb der Zweimonatsfrist des § 117 Abs 4 WRG) unterblieben sei, sodaß der Antrag jedenfalls als verspätet zurückzuweisen gewesen wäre. Die vom Antragsteller gewünschte Parteiänderung sei unzulässig; die Passivlegitimation der Antragsgegnerin sei - wie der Antragsteller selbst einräume - zu verneinen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist nicht berechtigt.

Der den Rekurs zurückweisende Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung (Punkt A) ist nicht (konkret) angefochten worden; die Anfechtungserklärung (S 2 des Revisionsrekurses) bezieht sich lediglich auf den bestätigenden Teil (Punkt B) der Rekursentscheidung. Das in den Rechtsmittelanträgen enthaltene Begehren auf "Aufrechterhaltung der am 19. 6. 1998 vorgenommenen Verfahrensverbindung" ist bloß als Folge eines allenfalls erfolgreichen Antrags auf Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu verstehen.

Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach § 117 Abs 1 WRG ist eine Berufung nicht zulässig, wohl aber kann das ordentliche Gericht gemäß § 117 Abs 4 WRG angerufen werden, wobei auf das Verfahren die Bestimmungen des EisbEG 1954, BGBl 1954/71, sinngemäße Anwendung finden. Antragsgegner ist im gerichtlichen Verfahren der ex lege von der Finanzprokuratur vertretene Bund, weil die Bezirksverwaltungsbehörden in Vollziehung des WRG in mittelbarer Bundesverwaltung tätig werden (SZ 70/159). Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller nicht die Republik Österreich als Antragsgegnerin in Anspruch genommen, sondern eine Gesellschaft mbH, der nach seinem Vorbringen die gesamten - oder zumindest der Großteil der - durch die Kontamination verursachten Kosten aufzuerlegen seien. Der Antrag richtet sich somit gegen eine falsche, von der der Rechtslage nach in Anspruch zu nehmenden Person verschiedene Antragsgegnerin. Das gerichtliche Verfahren zur Neufestsetzung der Kosten ist zwar ein außerstreitiges (EvBl 1995/48; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 12 zu § 117), aber kein "Rechtsfürsorgeverfahren", in dem das amtswegige Vorgehen des Gerichts im Sinne einer Einbeziehung der "richtigen Partei" in das Verfahren allenfalls geboten gewesen wäre (Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren Rz 30 f). Es handelt sich dabei vielmehr um eine "streitige Außerstreitsache", die in der Literatur auch als Regelungs- bzw Streitentscheidungsverfahren bezeichnet wird (Klicka/Oberhammer aaO Rz 5). Auf solche Streitigkeiten kann - zumal sie den im Zivilprozeß zu erledigenden Rechtsstreitigkeiten nachgebildet sind - der "materielle" Parteibegriff schon deshalb keine Anwendung finden, weil der ursprünglich bezeichnete Antragsgegner ein Recht darauf hat, durch meritorische Erledigung des Antrags eine rechtskräftige Entscheidung über das Nichtbestehen des ihm gegenüber behaupteten Anspruchs zu erlangen (Klicka/Oberhammer aaO Rz 30). Dementsprechend führen auch Würth/Zingher (Miet- und Wohnrecht20 Rz 56 zu § 37 MRG) aus, daß die amtswegige Beiziehung der richtigen Parteien in die dem Streitverfahren angenäherten Verfahren, in denen sich zwei Parteien gegenüberstehen, "nicht unbedenklich" sei. Es obliege ausschließlich dem Antragsteller, jenen Gegner zu bezeichnen, dem gegenüber und von dem er eine Leistung begehre, sodaß bei Gericht nach einem Schlichtungsstellenverfahren auch eine Berichtigung (der Parteienbezeichnung) ausgeschlossen sei (vgl auch WoBl 1996/55).

Die Einbeziehung einer anderen Partei wird auch durch § 24 Abs 1 EisbEG 1954 nicht gerechtfertigt. Danach hat das Gericht alle für die Feststellung der Entschädigung maßgeblichen Verhältnisse nach den Grundsätzen des Verfahrens außer Streitsachen an Ort und Stelle unter Zuziehung eines oder, wenn es die besonderen Verhältnisse erfordern, zweier Sachverständiger zu erheben. Dies bedeutet nur, daß das Gericht zur amtswegigen Wahrheitsfindung verpflichtet ist und eine formelle Behauptungs- und Beweislast nicht existiert (Windisch, Die Haftung nach § 31 WRG, in RdU 1996, 171 [175]), nicht aber auch, daß es dem Gericht obläge, die "richtige" Partei anstelle der vom Antragsteller benannten in das Verfahren einzuführen.

Dem Revisionsrekurs ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Eine Revisionsrekursbeantwortung ist im Verfahren nach § 117 Abs 4 WRG - wie die Antragsgegnerin selbst erkennt - nicht vorgesehen, sodaß dieser Schriftsatz zurückzuweisen ist.