JudikaturJustiz1Ob13/86

1Ob13/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Juni 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Erich K***, Kaufmann, 2) Eva-Maria K***, Hausfrau, beide Lienz, Salurnerstraße 1, vertreten durch Dr. Rudolf Janovsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** F***- UND

T***AFT MBH, Eisenstadt, Hauptstraße 5,

vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Räumung, Entfernung und Unterlassung (Streitwert S 1,500.000,-), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 17. Dezember 1985, GZ 4 R 204/85-38, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. Juli 1985, GZ 20 Cg 187/84-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 23.784,62 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.834,97 Umsatzsteuer und S 3.600,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Alexander K***, der Vater der Zweitklägerin und Schwiegervater des Erstklägers, ist laut Vormerkblatt für den Fischereikataster der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau Nr. 41 als Fischereiberechtigter des Eigenreviers Lauen im Grundstück 1361 KG Oberdrauburg bzw zwischen Bahn und Bundesstraße von der Tiroler Landesgrenze abwärts bis zur Grenze der Grundstücke 284/1 und 284/2 der KG Oberdrauburg samt den von den Lauen und Quellen gespeisten Teichen auf dem Grundstück 246 KG Oberdrauburg am linken Drauufer eingetragen. Lauen sind Altarme der Drau, die im Zuge deren Regulierung abgeschnitten wurden, jedoch in die Drau münden. Sie beziehen ihr Wasser aus dem Niederschlag und aus Quellen und sind öffentliches Gewässer. Die Teiche auf dem Grundstück 246 wurden von Quellen gespeist; sie wurden von den Lauen weder durchflossen noch beziehen sie das Wasser auf sonstige Weise von ihnen. Mit Vertrag vom 28.5.1979 schenkte Alexander K*** den Klägern je zur Hälfte mehrere ihm gehörige Liegenschaften, darunter auch das Grundstück 245 aus der EZ 58 KG Oberdrauburg. Im Punkt 4 des Schenkungsvertrages ist festgehalten, daß mit Enteignungsbescheid des Landeshauptmanns von Kärnten vom 25.7.1978 Teilflächen der genannten Grundstücke beansprucht werden, daß das genaue Ausmaß dieser Teilflächen jedoch erst nach Abschluß der Bau- und Vermessungsarbeiten betreffend die Verlegung der Straße und der Teiche bekannt sein werde. Im Punkt 5 hielten die Vertragsteile zunächst fest, die früher auf dem Grundstück 246 KG Oberdrauburg vorhandene Teichanlage sei infolge der Baumaßnahmen zum größten Teil auf das Grundstück 245 verlegt worden; sie vereinbarten weiters, daß die von den Teichen vom Grundstück 245 in Anspruch genommenen Flächen nach Abschluß der Vermessung von diesem Grundstück lastenfrei abgeschrieben und dem Grundstück 246 zugeschrieben werden. Die Beschenkten erteilten ihre ausdrückliche Einwilligung zur lastenfreien Abschreibung der erst genau zu vermessenden Grundflächen und willigten außerdem in die Einverleibung der hiedurch erforderlich gewordenen Dienstbarkeit des Zugangs und der Zufahrt über das Grundstück 245 zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstückes 246 ein. Im Punkt 7 räumte der Schenker den Beschenkten das Recht ein, die auf dem Grundstück 245 neu angelegte Teichanlage vom Ursprung (Quellen) bis zur Staumauer unentgeltlich, jedoch gegen die Verpflichtung, die Anlage zu erhalten und den halben Revierbeitrag zu zahlen, bis zum 31.12.2000 pfleglich zu benützen.

Anläßlich der Projektierung der Verlegung der Bundesstraße im Bereich der Teichmühle in Oberdrauburg im Juli 1978 war das Grundstück 246 zum Großteil in das öffentliche Gut (Bundesstraße) übergegangen. Im Juli 1980 erfolgte die Endvermessung. Die beim Grundstück 246 verbliebene Fläche wurde auf Antrag des Amtes der Kärntner Landesregierung mit Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau vom 2.6.1981 gemäß § 15 LTG dem Grundstück 245 zugeschrieben und das Grundstück 246 gleichzeitig gelöscht. Dieser auch Alexander K*** zugestellte Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen.

Der vom Amt der Kärntner Landesregierung mit der Projektierung betraute Ingenieurkonsulent für das Vermessungswesen Dipl.Ing. Gerhard S*** fertigte unter anderem im Auftrag der beklagten Partei eine Naturaufnahme an, in der sich die derzeitige nicht auf öffentlichem Gut liegende Teichanlage (die nunmehr aus sieben Teichen besteht) auf dem nach dem Grundbuchsstand nicht bestehenden Grundstück 245/2 befindet. Um das Grundstück 246 wieder ins Eigentum des Alexander K*** zurückübertragen zu können, müßte das Grundstück 245 wie in der genannten Naturaufnahme in die Grundstücke 245/1 und 245/2 geteilt werden. Die bücherliche Abschreibung der dem Grundstück 245/2 entsprechenden Grundfläche (Teichanlage) zufolge Punkt 5 des Schenkungsvertrages vom 28.5.1979 ist bisher nicht erfolgt.

Mit Vertrag vom 5.7.1983 verzichteten die Kläger Alexander K*** gegenüber gegen Zahlung einer Abstandssumme von S 40.000,- und Entlassung aus den übernommenen Verpflichtungen auf das ihnen mit Schenkungsvertrag mit 28.5.1979 eingeräumte Benützungs- und Fischereiausübungsrecht. Mit dem Abstandsbetrag erwirkten sie die Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens.

Mit Vertrag vom 24.1.1984, in dem auf das Fischereirecht des Alexander K*** im Eigenrevier Lauen und in den von den Lauen und Quellen gespeisten Teichen auf dem ehemaligen Grundstück 246 eigens hingewiesen und hervorgehoben wurde, daß die Kläger bücherliche Eigentümer der auf das Grundstück 245 verlegten Teichanlage seien, räumte Alexander K*** der beklagten Partei das Recht ein, das Fischereirecht und das Quellwasser, aus dem der Teich bzw. das Fischereirevier gespeist werden, für die Dauer von 50 Jahren gegen Entrichtung eines Anteils von 3,5 % des Umsatzes, mindestens aber ein garantiertes jährliches Entgelt von S 25.000,-, zu nutzen. Die beklagte Partei errichtete auf dem Grundstück 245 eine inzwischen wieder abgerissene Hütte und einen auch derzeit noch vorhandenen Zaun um die Fischzuchtanlage.

Die Kläger begehrten zuletzt die Verurteilung der beklagten Partei, die Haltung einer Betriebsstätte auf dem Grundstück 245 und die Benützung dieses Grundstückes insbesondere durch Nutzung der darauf befindlichen Teichanlage auf welche Art immer zu unterlassen und den vorherigen Zustand insbesondere nach Entfernung der Fische und des Zaunes sowie durch Räumung der Teichanlage wiederherzustellen. Sie seien Eigentümer des Grundstücks; das ihnen von Alexander K*** eingeräumte Nutzungsrecht sei durch Zuschreibung und Löschung des Grundstückes 246 durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit erloschen. Auf das erloschene Recht hätten sie deshalb nicht verzichten können. Sie hätten Alexander K*** am Grundstück 245 kein Fischerei- oder sonstiges Nutzungsrecht eingeräumt; er habe der beklagten Parti ein solches Recht nicht weitergeben können, so daß sie das Grundstück titellos benützten. Die beklagte Partei wendete vor allem ein, Alexander K*** sei Fischereiberechtigter auch in Ansehung der Teichanlage. Die Grundfläche, auf der sich die Anlage befinde, sei nicht Gegenstand des Schenkungsvertrages vom 28.5.1979 gewesen; überdies hätten die Kläger auf das ihnen darin eingeräumte Nutzungsrecht verzichtet. Alexander K*** habe ihr deshalb das Nutzungsrecht einräumen können. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Alexander K*** bzw die beklagte Partei benützten die Teichanlage nicht ohne Rechtstitel, weil ersterer einen obligatorischen Anspruch auf deren Nutzung habe. Nach Herstellung der Grundbuchsordnung entsprechend der im Punkt 5 des Schenkungsvertrages übernommenen Verpflichtung könnten die genauen Grenzen festgestellt werden; erst danach werde feststehen, ob die Kläger etwa die Entfernung des Zauns begehren könnten. Mit der Erfüllung der im Schenkungsvertrag übernommenen Verpflichtung befänden sich die Kläger in Leistungsverzug und seien deshalb weder rechtmäßige noch rechtliche Besitzer der Teichanlage auf dem Grundstück 245. Vielmehr sei dies Alexander K***, so daß ihm das Recht zur gewerblichen Nutzung und zur Verpachtung der Anlage zustehe. Daher seien die Kläger auch nicht aktiv legitimiert. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- übersteige. Es stehe fest, daß sich der Wille der Vertragsteile bei Abschluß des Anfang 1980 verbücherten Schenkungsvertrages nicht auch auf die schließlich auf das Grundstück 245 verlegte Teichanlage erstreckt habe. Die Kläger hätten deshalb auf Grund dieses Vertrages das Eigentum am Grundstück 245 mit Ausnahme der von der Teichanlage in Anspruch genommenen Teilfläche, die ihnen nicht geschenkt werden sollte, erworben und seien in der Folge im Wege der Herstellung der Grundbuchsordnung gemäß § 15 LTG auch Eigentümer dieser Grundfläche geworden. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Schenkungsvertrag Titel der bücherlichen Übereignung gewesen oder ob das Eigentum an der Teichanlage infolge der Enteignung auf die Kläger übergegangen sei. Im ersteren Fall müsse bedacht werden, daß die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch für sich allein noch nicht den Eigentumsübergang bewirke, sondern hiezu auch noch ein objektiv gültiger Titel erforderlich sei; dieser fehle jedoch im vorliegenden Fall. Die Kläger hätten von der Absicht des Alexander K***, daß die Teichanlage nicht in ihr Eigentum übergehen solle, Kenntnis gehabt; sie seien zwar in der Folge bücherliche Eigentümer des Grundstücks 245 geworden, doch stehe dem Schenker ein schuldrechtlicher Rückforderungsanspruch zu. Im Verhältnis zu ihnen sei er alleiniger Nutzungsberechtigter der Teichanlage. Er sei daher Besitzer und wahrer, wenn auch außerbücherlicher Eigentümer. Er habe im Schenkungsvertrag über das ausschließliche Nutzungsrecht an der Anlage verfügt. Nach dem Verzicht der Kläger habe Alexander K*** das Nutzungsrecht somit rechtswirksam der beklagten Partei übertragen können, so daß auch seine Untätigkeit anläßlich der Herstellung der Grundbuchsordnung insoweit nicht schade. Sei er aber in bezug auf die Teichanlage allein verfügungs- und nutzungsberechtigt, so könne es auch auf sich beruhen, ob zwischen Fischereirecht und Quellwassernutzung unterschieden werden müsse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach wie vor stehen die Kläger auf dem Standpunkt, Alexander K*** sei zur vertraglichen Einräumung von Nutzungsrechten an der Teichanlage nicht berechtigt gewesen, weil sie Eigentümer des Grundstückes 245 (bzw. der gemäß § 15 LTG diesem zugeschriebenen Restfläche des gleichzeitig gelöschten Grundstückes 246) seien und Alexander K*** somit über die Nutzung der Teichanlage nicht verfügen könne; daher benütze und bewirtschafte die beklagte Partei die Anlage ohne ihnen gegenüber wirksamen Rechtstitel. Alexander K*** wollte aber von der umfangreichen Schenkung zwar nicht das Grundstück 245 an sich, wohl aber jene - erst nach Vermessung genau zu umschreibende - Teilfläche dieses Grundstückes, auf welche die bisher auf dem (nicht geschenkten) Grundstück 246 befindliche Teichanlage des Schenkers wegen Enteignung großer Teile des letzteren Grundstückes verlegt werden mußte, von der Schenkung ausnehmen, was auch den Klägern bekannt war. Sie erteilten deshalb im Punkt 5 des Schenkungsvertrages auch ihre ausdrückliche Einwilligung zur lastenfreien Abschreibung dieser Grundfläche. Daß das Eigentum an der Teichanlage trotz der von den Vertragsteilen gewählten grundbuchsrechtlichen Vorgangsweise (zunächst Einverleibung des Eigentumsrechts für die Kläger am gesamten Grundstück und sodann lastenfreie Abschreibung der erforderlichen Grundfläche) nach deren Willen überhaupt nicht auf die Kläger übergehen sollte, kann nicht zuletzt aus Punkt 7 des Schenkungsvertrags erschlossen werden: Dort räumte Alexander K*** den Klägern das zeitlich begrenzte Nutzungsrecht an der Teichanlage ein. Eine solche Vertragsbestimmung konnte nur zur Grundlage haben, daß die Vertragsteile den Schenker weiterhin als allein über diese Teilfläche Verfügungsberechtigten ansahen. Diesen Schluß untermauert der Verzichtsvertrag vom 5.7.1983, mit dem die Kläger von dem Nutzungsrecht gegen Abfindung in Geld abstanden, obwohl unterdessen die Restfläche des (bis dahin Alexander K*** gehörigen) Grundstückes 246 im Wege der Herstellung der Grundbuchsordnung gemäß § 15 LTG dem Grundstück 245 zugeschrieben worden und daher die im Punkt 5 vorgesehene Zuschreibung der von der Schenkung ausgenommenen Teichanlage zum Grundstück 246 in dieser Form nicht mehr möglich war.

An diesem Ergebnis kann auch nichts ändern, daß die Restfläche des Grundstücks 246 - wie erwähnt - dem Grundstück 245 zugeschrieben und das Grundstück 246 gleichzeitig gelöscht wurde. Wenn auch der Eigentumserwerb kraft Verbücherung von Anmeldungsbögen gemäß den §§ 15 ff. LTG vom Eigentum des bücherlichen Vormanns unabhängig ist (SZ 47/144), so waren die Kläger auf Grund des Schenkungs- und des Verzichtsvertrages doch verpflichtet, Alexander K*** das bücherliche Eigentum an der von der Teichanlage in Anspruch genommenen Teilfläche nach Abteilung des Grundstückes 245 zurückzuübertragen. Aber auch schon vorher sollte diesem das den Gegenstand des Schenkungs- und des Verzichtsvertrages bildende Verfügungs- und Nutzungsrecht in bezug auf die Teichanlage im Verhältnis zwischen den Vertragsteilen allein zustehen. Stand demnach Alexander K*** nach dem Verzichtsvertrag das - zumindest im Verhältnis zwischen ihm und den Klägern - Nutzungsrecht an der Teichanlage zu, so war er, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, auch berechtigt, dieses Nutzungsrecht der beklagten Partei zu übertragen. Von einer titellosen Benützung bzw. Bewirtschaftung der Anlage kann somit angesichts des vom Recht des Alexander K*** abgeleiteten Nutzungsrechtes der beklagten Partei keine Rede sein.

Soweit sich die Kläger in ihren den Hauptteil ihrer Revision bildenden Ausführungen auf Rechte der Buchgläubiger berufen, genügt zur Erwiderung ihrer Darlegungen der Hinweis, daß in diesem Verfahren weder über diese Rechte zu befinden ist noch die Kläger zur Wahrnehmung dieser Rechte legitimiert sind. Diese Rechte mögen zwar die Abschreibung des lastenfreien Eigentums erschweren, vermehrten aber nicht die Rechte der Kläger.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.