JudikaturJustiz1Ob127/05s

1Ob127/05s – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Otto S***** (Sachwalter Mag. Marc Oliver Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz), vertreten durch Dr. Herbert Wimmer, Rechtsanwalt in Wildon, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 10. Jänner 2005, GZ 1 R 453/04a, 1 R 454/04y-47, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leibnitz vom 1. Dezember 2004, GZ 13 P 24/03v-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG (aF) zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG [aF] iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung von Grundbesitz setzt den offenbaren Vorteil des Betroffenen voraus (ÖA 1996, 130; RIS-Justiz RS0081749). Diese Frage muss das Gericht nach seinem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilen. Dem Willen des Gesetzgebers entsprechend muss dabei ein äußerst strenger Maßstab angelegt werden, um das unbewegliche Vermögen des Betroffenen zu erhalten (RIS-Justiz RS0081749). Die Entscheidung, ob die Veräußerung einer Liegenschaft in diesem Sinn dem Wohl des Betroffenen dient, könnte vom Obersten Gerichtshof nur dann korrigiert werden, wenn den Vorinstanzen ein grober Fehler unterlaufen wäre (8 Ob 44/04k; RIS-Justiz RS0007104). Derartiges ist aber hier nicht der Fall:

Fest steht, dass der Betroffene keinerlei Einkünfte hat und auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen von kleinen Darlehen lebt, die ihm Bekannte gewähren. Die zu verkaufende Liegenschaft ist ein Waldgrundstück ohne eigene Zufahrt. Aus den Erträgnissen einer Zwangsverwaltung waren die Schulden des Betroffenen von ca EUR 13.000 nicht abdeckbar. Durch den Verkauf an einen Nachbarn, der die Liegenschaft von seinem eigenen Grundstück aus erreichen kann und bereit ist, dafür den von einem Sachverständigen ermittelten Verkehrswert von EUR 24.000 zu zahlen, ist nicht nur die gänzliche Abdeckung der Schulden erreichbar, sondern kann der verbleibende Restbetrag der Bestreitung der Lebenshaltungskosten des Betroffenen dienen. Für diesen ist nach dem Verkauf des Waldstückes und der (bereits pflegschaftsgerichtlich genehmigten) Verpachtung seiner verbleibenden landwirtschaftlich nutzbaren Liegenschaften die Anspruchsvorraussetzung für den Erhalt einer Pensionsleistung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern geschaffen. Davon ausgehend, stellt die Beurteilung der Vorinstanzen, der Verkauf der Liegenschaft sei unter den gegebenen Umständen im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen - auch bei Anlegung des geforderten strengen Maßstabs -, keinen an die Grenzen des Missbrauchs gehenden Fehler bei der Ermessensausübung dar.

Dem Rekursvorbringen, die Veräußerung der Liegenschaft hätte durch öffentliche Versteigerung erfolgen müssen, ist entgegenzuhalten, dass aus sachlich gerechtfertigten Gründen nicht nur die Versteigerung, sondern auch der Verkauf der Liegenschaft aus freier Hand zulässig ist (Stabentheiner in Rummel ABGB3, § 232 Rz 3; RIS-Justiz RS0081748). Diese Gründe liegen darin, dass vor allem Anrainer als potentielle Kaufinteressenten in Frage kamen, weil die Liegenschaft über keine eigene Zufahrt verfügt und „kaum" Personen zu finden waren, die am Erwerb des Waldgrundstücks interessiert gewesen wären. Der Revisionsrekurs ist daher als unzulässig zurückzuweisen.