JudikaturJustiz15Os98/03

15Os98/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. August 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Lydia H***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 8. Mai 2003, GZ 8 Hv 31/03b-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruht, wurde Lydia H***** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (1./) und des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (2./) schuldig erkannt.

Danach hat sie in Graz durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben folgenden Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1./ am 10. Jänner 2003 Jürgen W***** durch Vorhalten eines geöffneten Butterflymessers und die Äußerungen "Alles Geld, das ich bei dir finde, gehört mir", 60 Euro Bargeld,

2./ am 25. November 2002 Maria E***** durch die Äußerung "Ich schlage dir den Schädel ein, wenn du mir nicht sofort das Handy gibst", ein Mobiltelefon Nokia 3330 im Wert von ca 200 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 2 "iVm Z 5" und Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; diese schlägt fehl. Der Rüge nach Z 2 zuwider war die Angeklagte während der gesamten Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten. Diesem war zwar während der Vernehmung des Zeugen Jürgen W***** infolge wiederholten Dazwischenredens vom Vorsitzenden nach mehrfacher Ermahnung "das Wort entzogen" worden (§ 236 Abs 2 StPO; S 347), der damit verbundene Entzug der Legitimation in diesem Verfahren weiter als Verteidiger tätig zu sein (vgl EvBl 1993/9; E. Steininger, AnwBl 1987, 46), wurde jedoch in der Folge nicht effektuiert, was sich nicht nur aus den anschließenden Ausführungen des Hauptverhandlungsprotokolls unmissverständlich ergibt, sondern auch daraus, dass der Verteidiger in der Folge (bereits auch durch Fragestellungen an den genannten Zeugen, S 349) seine Rechte ungehindert wahrnehmen durfte (S 353, 354). Warum die Verteidigungsrechte der Angeklagten in diesem Stadium der Hauptverhandlung nicht mehr ausreichend gewahrt gewesen wären, vermag die - dies bloß behauptende - Beschwerde nicht darzutun. Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 2 StPO liegt daher nicht vor. Mangels Vorliegens eines entscheidungspflichtigen Antrags der Angeklagten in diesem Zusammenhang ist auch der Nichtigkeitsgrund nach Z 5 leg cit nicht gegeben.

Die eine Eventualfrage nach dem sogenannten "minderschweren" Raub nach § 142 Abs 1 und 2 StGB zum Faktum 2./ reklamierende Fragenrüge (Z 6) ist nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil sie sich mit der bloßen Behauptung, die Angeklagte habe ihrem Opfer ein Mobiltelefon im Wert von (nur) ca 100 Euro abgenötigt, nicht auf bestimmte in der Hauptverhandlung vorgebrachte Tatsachen beruft, die einen von der Anklage abweichenden Wert der dort mit ca 200 Euro bezifferten Raubbeute indizieren würden (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 43). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).