JudikaturJustiz15Os53/88

15Os53/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. April 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Takacs als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hannelore S*** wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 und 2 Z 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde (und die Berufung) der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 24.November 1987, GZ 11 Vr 1811/87-10, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Thekenkraft Hannelore S*** in teilweiser Erledigung der auf Diebstahl von "Münzen im Gesamtwert von ca 10.000 S" lautenden Anklage des Vergehens des (im Urteilsspruch unrichtig auch: schweren; zutreffend hingegen in der Begründung S 58) Diebstahls nach § 127 Abs 1, 2 Z 3 StGB aF schuldig erkannt, weil sie der Lebensgefährtin ihres Dienstgebers sechs Münzen im Nennwert von je 500 S gestohlen hatte.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO. Sie behauptet Urteilsnichtigkeit, weil die Bestohlene weder genaue Angaben über die Tatzeit und den Umfang der Beute machen, noch ein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis der Angklagten - die außerdem ihr ursprüngliches Geständnis vor der Gendarmerie unter Druck abgelegt haben will - behaupten konnte. Die Angeklagte hätte daher "in dubio pro reo" (im Zweifel) freigesprochen werden müssen. Die Beschwerde verkennt, daß der Zweifelsgrundsatz im vorliegenden Fall schon deshalb nicht relevant ist, weil die Tatrichter von der Täterschaft der Angeklagten vor allem auf Grund deren ursprünglichen Geständnisses vor der Gendarmerie und ihres Einbekenntnisses, auch andere (nicht verfahrensgegenständliche) fremde Sachen ohne Erlaubnis an sich genommen zu haben, überzeugt waren.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde der Nennwert der gestohlenen Silbermünzen ausdrücklich mit je 500 S beziffert und von der Angeklagten dieser Wert auch als richtig bezeichnet (S 44). Der Tatsache aber, daß die Angeklagte nicht im alleinigen Gelegenheitsverhältnis gestanden war und ein präziser Tatzeitpunkt nicht fixiert werden konnte, trugen die Tatrichter ausreichend Rechnung: Sie erkannten nämlich die Angeklagte nur in dem Umfang schuldig, als diese ein Geständnis abgelegt hat. Die darüber hinausgehende, insoweit (formell) unerledigt gebliebene Anklage kann mangels Anfechtung des Urteils durch die Staatsanwaltschaft nicht mehr Gegenstand eines neuen Verfahrens sein; im Ergebnis liegt hierüber ein - den Urteilsgründen (S 57) auch unmißverständlich zu entnehmender -Freispruch vor (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO2 ENr 8, 9 zu § 281 Abs 1 Z 7 ua). Ein genauer Tatzeitpunkt wiederum wurde im Urteil bewußt nicht fixiert, sondern nur eine Zeitspanne (Gesamtdauer des Dienstverhältnisses der Angeklagten) als Tatzeitraum genannt; was angesichts der Unverwechselbarkeit von Tat, Tatort und Person der Bestohlenen zu keiner späteren Verwechslung Anlaß geben kann und durchaus zulässig ist.

Auch stand es den Tatrichtern frei, ein später widerrufenes Geständnis im Zusammenhang mit anderen Beweisergebnissen als wahr zu bezeichnen, und zwar auch dann, wenn die jugendliche Angeklagte, konfrontiert mit vernehmenden Beamten, sich allein deshalb schon psychisch unter Druck fühlte. Es wäre vielmehr eine unzulässige Beweisregel, ein solches Geständnis von vornherein und auf jeden Fall als unrichtig zu bezeichnen.

Insgesamt erweist sich somit die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet, weshalb diese bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO).

Über die Berufung hat gemäß § 285 i StPO nF das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden.

Rechtssätze
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