JudikaturJustiz15Os33/17t

15Os33/17t – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Werner B***** und andere wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112 und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 15 Hv 12/12k des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 2. Februar 2017, AZ 18 Bs 22/17t, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, und des Verteidigers Dr. Wess zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 2. Februar 2017, AZ 18 Bs 22/17t, verletzt § 62a Abs 6 VfGG.

Text

Gründe:

In der Strafsache gegen Mag. Werner B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112 und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 15 Hv 12/12k des Landesgerichts für Strafsachen Wien, beantragte der mit Urteil vom 17. Dezember 2015 (ON 996) rechtskräftig freigesprochene Mag. Dr. Norbert F***** mit Schriftsatz vom 21. November 2016 (ON 1022 S 9 ff) gemäß § 393a Abs 1 StPO den Zuspruch eines Beitrags zu den Kosten seiner Verteidigung in Höhe von 131.250,24 Euro.

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. November 2016 (ON 1022 S 3 ff) wurde der Pauschalbeitrag unter Hinweis auf den gemäß § 393a Abs 1 Z 2 StPO geltenden gesetzlichen Höchstbetrag mit 5.000 Euro bestimmt und das Mehrbegehren abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss erhob Mag. Dr. F***** rechtzeitig Beschwerde an das Oberlandesgericht Wien (ON 1025) und stellte zugleich gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B VG den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, § 393a Abs 1 StPO und § 393 Abs 1 und Abs 4 StPO als verfassungswidrig aufzuheben (ON 1029 S 5 ff).

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2016 verständigte der Verfassungsgerichtshof das Landesgericht für Strafsachen Wien von diesem Antrag (ON 1028) und übermittelte ihn in der Folge samt Beilagen (ON 1029 S 3 ff).

Das Oberlandesgericht Wien gab der Beschwerde mit Beschluss vom 2. Februar 2017, AZ 18 Bs 22/17t, nicht Folge (ON 1035).

Mit Erkenntnis vom 14. März 2017, GZ 405/2016 23 ua, wies der Verfassungsgerichtshof ua den Antrag des Beschwerdeführers in Ansehung der §§ 393 Abs 1 und 393a Abs 1 StPO ab, hinsichtlich des § 393 Abs 4 StPO wiederum zurück.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluss des Oberlandesgerichts steht – wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach § 62a Abs 6 VfGG dürfen in dem beim Rechtsmittelgericht anhängigen Verfahren bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

Da keiner der in § 62a Abs 6 VfGG genannten, eine vorzeitige – die Sache abschließend regelnde –Entscheidung erlaubenden Umstände vorlag, war die – in Kenntnis des Parteiantrags auf Normenkontrolle (§ 62a Abs 5 erster Satz VfGG; ON 1028; vgl im Übrigen auch den in der Beschwerde enthaltenen Hinweis auf den Parteiantrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG [ON 1025 S 20] sowie den Beisatz im Vorlagebericht [ON 1 S 247; ON 1032 S 3]) erfolgte – Beschlussfassung durch das Oberlandesgericht Wien verfehlt.

Im Hinblick auf die zwischenzeitig ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs war die Feststellung der Gesetzesverletzung nicht mit der Anordnung konkreter Wirkung zu verknüpfen.