JudikaturJustiz15Os32/14s

15Os32/14s – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. März 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. März 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bekim K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung, AZ 10 Hv 61/13z des Landesgerichts Ried im Innkreis, über die Grundrechtsbeschwerden von Bekim K***** und Nejazi D***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 16. Jänner 2014, AZ 10 Bs 349/13i (ON 180) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Bekim K***** und Nejazi D***** wurden im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerden werden abgewiesen.

Text

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis legt Bekim K***** und Nejazi D***** mit rechtswirksamer Anklageschrift vom 5. November 2013 jeweils die Begehung des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB zur Last (ON 156).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss (ON 180) gab das Oberlandesgericht Linz der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis (ON 173) gegen den die Enthaftung der Angeklagten K***** und D***** anordnenden Beschluss des Vorsitzenden des Schöffengerichts des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 13. Dezember 2013, GZ 10 Hv 61/13z 169, Folge und setzte die über Bekim K***** und Nejazi D***** am 24. Juli 2013 verhängte (ON 70 und 71) und wiederholt fortgesetzte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO hinsichtlich K***** sowie nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO hinsichtlich D***** fort (RIS Justiz RS0124827).

Der Beschwerdeentscheidung zufolge sei hafttragend der dringende Tatverdacht anzunehmen, Bekim K***** und Nejazi D***** hätten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Bashkim O***** und einem unbekannten Täter am 11. Juni 2013 in R***** Dr. Klaus und Mag. Gudrun W***** unter Vorhalt einer Pistole sowie eines Messers aufgefordert, Geld und Wertgegenstände auszufolgen, mithin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Schmuckstücke, Goldbarren und Bargeld im Gesamtwert von 775.280 Euro mit dem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie den Raub unter Verwendung von Waffen verübten.

Den dringenden Tatverdacht stützte das Oberlandesgericht unter ausdrücklicher Ausklammerung von durch eine „Funkzellenauswertung bzw. absaugung“ (ON 5) gewonnenen Beweisergebnissen (BS 4 f) auf die (jeweils durch Zitierung der Fundstellen ausgewiesenen) Ergebnisse der (darüber hinaus angeordneten) „Eingriffe in das Telekommunikationsgesetz“, der Observation und der Erhebungen der Kriminalpolizei sowie auf die Angaben des Angeklagten D***** und der Zeugen Irmgard G*****, Mag. Gudrun W*****, Elena S*****, Nikolett Sz***** und Mensur Sa***** (BS 5 ff).

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen diese Annahme des dringenden Tatverdachts richten sich getrennt ausgeführte Grundrechtsbeschwerden der Angeklagten K***** und D***** (zu deren Zulässigkeit RIS-Justiz RS0116263), denen keine Berechtigung zukommt.

Beide Beschwerdeführer kritisieren, das Beschwerdegericht hätte Ergebnisse der von ihnen als unzulässig erachteten „Funkzellenauswertung“ zur Begründung des dringenden Tatverdachts verwertet (§ 10 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO). Sie übersehen dabei, dass sich das Oberlandesgericht Linz fallbezogen zur Begründung des als dringend erachteten Tatverdachts ausdrücklich nicht auf die (von ihm ebenfalls als nicht zur Verwertung offen stehend erachteten [BS 4, 5 dritter Absatz]) Ergebnisse der durch die Anordnung vom 14. Juni 2013 (ON 5) ermittelten Daten der Funkzellenauswertung stützte (ON 10 S 5), sondern nur auf die (wenn auch auf deren Grundlage erlangten) Ergebnisse weiterer oben angeführter Erhebungen einschließlich der in ON 10 S 6 angeführten (gemäß § 135 Abs 2 StPO zulässig ermittelten) Verkehrs und Zugangsdaten iSd § 134 Z 2 StPO (BS 5 ff), weshalb der von beiden Angeklagten insoweit geltend gemachte Begründungsmangel nicht vorliegt. Die Fragen der Zulässigkeit der „Funkzellenauswertung“ an sich und der Verwertung der Ergebnisse derselben (vgl dazu 13 Os 83/08t) können somit dahin gestellt bleiben.

Im Übrigen hindert selbst das in § 140 Abs 1 StPO für die in § 134 Z 5 StPO genannten Ergebnisse bestimmter Ermittlungsmaßnahmen normierte auch im Rahmen der Begründung des der Festnahme oder Untersuchungshaft eines Beschuldigten zu Grunde liegenden Tatverdachts zu beachtende (vgl 14 Os 46/09k, 47/09g) -Beweisverwertungsverbot nicht, diese zum Anlass weiterer Erhebungen zu nehmen und die Ergebnisse dieser Erhebungen als Beweismittel zu verwerten (dazu Schmoller , WK StPO § 3 Rz 83; Reindl Krauskopf , WK StPO § 138 Rz 36 zweiter Absatz; Michel-Kwapinski , WK StPO § 166 Rz 32; Kirchbacher , WK StPO § 246 Rz 58; Ratz , WK StPO § 281 Rz 203 mwN).

Das weitere Vorbringen des Angeklagten K***** (Z 5 fünfter Fall) übersieht, dass die behauptete Aktenwidrigkeit mangels inhaltlich nicht einmal teilweiser Wiedergabe des Anlassberichts der Kriminalpolizei vom 24. Juni 2013 (ON 10) durch das Beschwerdegericht von vornherein ausscheidet (RIS Justiz RS0099431) . Soweit der Beschwerdeführer gestützt auf die Ergebnisse der „Funkzellenauswertung“, auf den Umstand, dass er weder arbeitssuchend gemeldet war noch Arbeitslosenunterstützung bezog, und weiters auf die Angaben der Zeugin Mag. Gudrun W***** zur Dauer des von einem der Täter geführten Telefonats eigenständige Erwägungen zur Verdachtslage anstellt und diese (nach Art einer Schuldberufung) den vom Beschwerdegericht aus den genannten Beweisen gezogenen Schlussfolgerungen (BS 5 ff) gegenüberstellt, orientiert er sich nicht an den im Grundrechtsbeschwerdeverfahren geltenden Anfechtungskategorien ( Kier in WK 2 GRBG § 2 Rz 28) und vermag solcherart die weiters behaupteten Begründungsmängel (Z 5 erster, dritter und vierter Fall StPO) nicht aufzuzeigen.

Bekim K***** und Nejazi D***** wurden daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Grundrechtsbeschwerde war ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.