JudikaturJustiz15Os2/23t

15Os2/23t – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. März 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Schriftführers Mag. Lung in der Strafsache gegen * C* und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten * R* gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. September 2022, GZ 28 Hv 40/22h 198, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der zu II. genannten Taten der Angeklagten * R* auch unter § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Die Angeklagte wird mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten * C* enthält, wurde * R* des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 dritter Fall, 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) und 15 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie, indem sie in Hotels Zimmer buchte, teils Hotelrechnungen bezahlte, teils ihre Hotelzimmerkarte sowie ihr Hotelzimmer zur Verfügung stellte, Opfer ausspähte und Aufpasserdienste leistete, zu den strafbaren Handlungen des C* beigetragen, der gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert nachgenannten Personen jeweils mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, wegnahm, indem er jeweils in Wohnstätten, nämlich in bewohnte Hotelzimmer, mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug, nämlich einer „Türklinkenangel“, somit unter Einsatz besonderer Fähigkeiten, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, eindrang und darin die jeweiligen Hotelsafes aufbohrte oder auf andere Art gewaltsam öffnete, und zwar

II./1./ am 16. oder 17. Jänner 2022 in W* im S*, indem er in das Zimmer des * T* eindrang und 7.000 Euro wegnahm,

2./ am 20. oder 21. Jänner 2022 in K* im Hotel A*, indem er

a./ in das Zimmer des * W* eindrang, wobei die Tat beim Versuch blieb,

b./ in das Zimmer des * L* eindrang und 1.500 Euro wegnahm,

3./ am 22. Jänner 2022 in K* im Hotel W*, indem er in das Zimmer von * K* und * Sc* eindrang und Bargeld und Wertgegenstände im Gesamtwert von zumindest 70.000 Euro wegnahm,

4./ am 17. Februar 2022 in W* im Hotel H*, indem er

a./ in das Zimmer der * B* eindrang und 7.000 Euro wegnahm,

b./ in das Zimmer des * Ba* eindrang und 3.500 Euro wegnahm.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten R*.

[4] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass die Subsumtion der der Angeklagten angelasteten Taten (auch) unter § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB mit von dieser nicht geltend gemachter Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet ist (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

[5] Denn der bloß auf die verba legalia des § 70 Abs 1 StGB beschränkten Konstatierung, wonach es „ihnen“, also (auch) der Nichtigkeitswerberin, „jeweils darauf [ankam], sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Tathandlungen, nämlich Einbruchsdiebstähle in Hotelzimmer (Wohnstätten), über längere Zeit hindurch ein bei jährlicher Durchschnittsbetrachtung monatlich 400 Euro jedenfalls übersteigendes fortlaufendes Einkommen zu verschaffen und dabei besondere Mittel einzusetzen, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen“ (US 11), mangelt es an einem hinreichenden Sachverhaltsbezug (RIS Justiz RS0119090 [T8, T11 und T14], RS0107402) hinsichtlich der erforderlichen zeitlichen Komponente solcherart intendierter künftiger Delinquenz (vgl Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 70 Rz 7).

[6] Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur die Aufhebung der rechtlichen Unterstellung der der Nichtigkeitswerberin angelasteten Taten (auch) unter die Qualifikation des § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB.

[7] Es erübrigt sich demnach ein Eingehen auf das Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

[8] Bleibt anzumerken, dass auch im Fall von Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) gewerbsmäßige Begehung in Betracht kommt; der Beitragstäter muss allerdings in der Absicht (§ 5 Abs 1 StGB) handeln, sich selbst ein den gesetzlichen Kriterien (vgl § 70 Abs 1 und 2 StGB) entsprechendes Einkommen zu verschaffen. Bloßes Wissen um das gewerbsmäßige Handeln des unmittelbaren Täters oder ein Anstreben von dessen Bereicherung genügt nicht (RIS Justiz RS0089670, RS0086962, RS0086543).

[9] Ein Kostenausspruch hat zu unterbleiben ( Lendl , WK-StPO § 390a Rz 12).

Rechtssätze
4
  • RS0089670OGH Rechtssatz

    15. November 2023·3 Entscheidungen

    Gewerbsmäßig begeht eine strafbare Handlung derjenige, der sie in der Absicht vornimmt, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Fremdnützigkeit, also das Abzielen auf eine fortlaufende Einnahme eines anderen, sei es eines Beteiligten (§ 12 StGB), sei es eines strafrechtlich unbeteiligten Dritten, genügt daher nicht; noch viel weniger die bloße Kenntnis davon, dass ein Beteiligter gewerbsmäßig handelt. Die Gewerbsmäßigkeit belastet immer nur denjenigen, in dessen Person dieses Merkmal vorliegt. Für dieses Ergebnis ist es gleichgültig, ob man die Gewerbsmäßigkeit dem Unrechtstatbestand oder der Schuld zurechnet. Im ersten Fall fehlt es in Ansehung des nicht auf eigene Einnahmen abzielenden Täters an einem subjektiven (Unrechtstatbestandsmerkmal) Tatbestandsmerkmal, im anderen ist ihm die Gewerbsmäßigkeit mangels eines ihn insoweit treffenden Schuldvorwurfes zufolge § 13 StGB nicht zuzurechnen, weshalb dieser Meinungsstreit für die Frage der Gewerbsmäßigkeit bei Mehrbeteiligung ohne jede Bedeutung ist. Die nur auf Sonderdelikte zugeschnittene Zurechnungsregel des § 14 StGB kommt in diesem Zusammenhang nicht zur Geltung, weil gewerbsmäßiges Handeln weder eine persönliche Eigenschaft noch ein besonderes persönliches Verhältnis des Täters darstellt, worunter nämlich nur solche Eigenschaften und Verhältnisse zu verstehen sind, die in seiner Person unabhängig vom Tatgeschehen vorliegen. Deliktstypisch vorausgesetzte bestimmte Motive oder Gesinnungen des Täters bei der Tat fallen nicht darunter.