JudikaturJustiz15Os152/07b

15Os152/07b – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer in der Strafsache gegen Mirsad R***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 15 StGB, AZ 29 Ur 254/07s des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die Grundrechtsbeschwerde des genannten Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 16. November 2007, AZ 19 Bs 389/07f (ON 39 des Ur-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Mirsad R***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Mirsad R***** wird seit 23. September 2007 Voruntersuchung wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 15 StGB geführt. Nach dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses ist er dringend verdächtig, in der Zeit vom 2. Mai 2007 bis 10. September 2007 in Wien und Neunkirchen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz einer namentlich genannten Person und Verfügungsberechtigten von fünf Unternehmen bewegliche Sachen, nämlich Werkzeuge im Gesamtwert von ca 10.600 Euro weggenommen bzw wegzunehmen versucht zu haben, wobei er den Diebstahl begangen haben soll, indem er in Transportmittel, nämlich Personen- und Lastkraftwagen eingebrochen ist. Über Antrag der Staatsanwaltschaft verhängte der Untersuchungsrichter des Landesgerichts Wiener Neustadt über den am 21. September 2007 festgenommenen Beschuldigten mit Beschluss vom 23. September 2007 die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und Z 3 lit b und c StPO (ON 5). Mit Beschlüssen vom 5. Oktober (ON 16) und 2. November 2007 (ON 25) setzte des Erstgericht nach Durchführung von Haftverhandlungen die Untersuchungshaft aus den bisherigen Haftgründen fort. Der gegen den zuletzt genannten Beschluss erhobenen Beschwerde des Beschuldigten gab das Oberlandesgericht Wien mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge und ordnete seinerseits die weitere Fortsetzung der Haft aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs Z 2 und Z 3 lit b StPO an.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde ist nicht im Recht. Gemäß § 33 Abs 1 GOG hat die Geschäftsverteilung bei den Gerichtshöfen erster Instanz auch Regelungen für die Vertretung der einzelnen Gerichtsabteilungen zu enthalten, wobei für jeden Leiter einer Gerichtsabteilung eine ausreichende Zahl von Vertretern und die Reihenfolge, in der die Vertreter einzutreten haben, zu bestimmen sind. Der Einwand, der Beschuldigte sei infolge Durchführung einer Haftverhandlung mangels unabdingbarer Notwendigkeit am 2. November 2007 durch den Vertreter der zuständigen Untersuchungsrichterin in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt und die Haft aus diesem Grund gesetzwidrig verlängert worden, geht daher schon deshalb ins Leere, weil der Vertretungsfall bei jedweder, also auch bei bloß eintägiger (in diesem Fall urlaubsbedingter) Abwesenheit eintritt, Art 83 Abs 2 B-VG dem Beschwerdestandpunkt zuwider sohin nicht verletzt werden konnte (vgl auch Art 87 Abs 3 B-VG; 15 Os 75/01, siehe auch 15 Os 24/07d). Die vom Beschuldigten offenbar intendierte Verlegung der Haftverhandlung oder deren bereits ursprüngliche Anberaumung für einen anderen Termin war daher nicht geboten. Die gegen die Annahme eines dringenden Tatverdachts gerichteten Ausführungen verkennen, dass eine am Gesetz orientierte Bekämpfung der Sachverhaltsgrundlage einer Haftentscheidung an den Kriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO Maß zu nehmen hat. Demnach ist die Begründung des dringenden Tatverdachts nur dann offenbar unzureichend, wenn sie den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht und solcherart geradezu willkürlich erscheint. Auch im Falle bloßer Scheingründe hätte das Gericht den Rahmen des gesetzlichen Beweiswürdigungsermessens überschritten (RIS-Justiz RS0110146).

Indem die Beschwerde aus der Aussage des Zeugen Klaus P***** zu seinen Wahrnehmungen in der Nacht zum 10. September 2007 und den Angaben des Zeugen Kurt M***** zu den von ihm wiedererkannten Beutestücken mit eigenständigen Beweiswerterwägungen andere - für den Angeklagten günstigere - Schlussfolgerungen zieht als das Beschwerdegericht, kritisiert sie bloß unzulässig die (vorläufige) Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts und missachtet solcherart die gesetzlichen Anfechtungskriterien.

Die vom Gerichtshof zweiter Instanz zur Begründung des dringenden Tatverdachts ins Treffen geführten Argumente, dass in der Wohnung des Beschuldigten aufgefundene Gegenstände einzelnen Diebstählen zugeordnet werden konnten, der Zeuge Klaus P***** anlässlich des Einbruchsversuchs zum Nachteil von Verfügungsberechtigten der Elektro S***** in Neunkirchen in der Nacht zum 10. September 2007 zwei verdächtige Personen, Type, Kennzeichen und eine defekte rechte Kennzeichenlampe des Fluchtfahrzeugs wahrnehmen konnte, was allesamt mit dem PKW des Beschuldigten übereinstimmte, den dieser - auch nach Aussage seiner Lebensgefährtin - nicht weitergegeben haben will, auch das Verhalten der aus Neunkirchen flüchtenden Personen deren Täterschaft indiziere und die zum Nachteil der Firma S***** verübten Tathandlungen denselben modus operandi aufweisen (S 4 f der Beschwerdeentscheidung), lassen hingegen den daraus gezogenen Schluss auf die hohe Wahrscheinlichkeit einer - von der Beschwerde in Abrede gestellten - Täterschaft des Beschuldigten als nicht unvertretbar erscheinen.

Somit wurde der Beschuldigte im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.