JudikaturJustiz15Os148/03

15Os148/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Dezember 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Maßnahmensache der Roswitha Sch***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (§ 169 Abs 1 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 20. August 2003, GZ 12 Hv 114/03h 24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roswitha Sch***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB eingewiesen, weil sie am 4. August 2003 in Klagenfurt unter dem Einfluss eines im Urteil näher beschriebenen, die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhte, an einer fremden Sache, nämlich dem Mehrparteienwohnhaus R***** der Landeshauptstadt Klagenfurt, eine Feuersbrunst dadurch verursacht hat, dass sie Einrichtungsgegenstände in einem im dritten Stock gelegenen Wohn Schlafraum mit offenem Feuer in Brand setzte, wodurch sie eine Tat begangen hat, die ihr, wäre sie zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als das Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB zuzurechnen gewesen wäre, weil nach ihrer Person, ihrem Zustand und der Art der Tat zu befürchten war, dass sie sonst unter dem Einfluss ihrer geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs Z 5, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; diese ist im Recht.

Zutreffend zeigt die Mängelrüge (Z 5) auf, dass das Erstgericht bei der Begründung seiner die Anlasstat betreffenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite (wonach sich die Betroffene über die Möglichkeit im Klaren gewesen sei, dass sich das von ihr zumindest an zwei Stellen entfachte Schadensfeuer unbeherrschbar ausbreiten konnte, und sich auch billigend damit abgefunden habe, eine Feuersbrunst herbeizuführen) die diesen Annahmen zuwiderlaufende (wenngleich nur allgemein gehaltene) Aussage des Sachverständigen Dr. N***** in der Hauptverhandlung, bei der Betroffenen sei eine Willensbildung ohne Abschätzung der Konsequenzen im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit möglich gewesen (S 157), unerörtert ließ.

Weil bei fehlendem Vorsatz hinsichtlich der Folgen ihrer Handlung, ob in Richtung Feuersbrunst oder schwerer Sachbeschädigung, keine einer Anlasstat iSd § 21 Abs 1 StGB entsprechende mit Strafe bedrohte Handlung vorliegen würde (vgl Ratz in WK2 § 21 Rz 15 ff), betrifft diese unvollständige Berücksichtigung eines erheblichen, in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisses ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 421 ff) den Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen und stellt daher einen Begründungsmangel nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO dar.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO), worauf die Betroffene mit ihrer Berufung zu verweisen war.