JudikaturJustiz15Os133/17y

15Os133/17y – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl, Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl G***** wegen des Vergehens der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 39 Hv 54/17h des Landesgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 7. August 2017 und den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom 27. März 2017, AZ 46 BE 39/17z, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Stani, zu Recht erkannt:

Spruch

Es verletzen

1. der Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom 27. März 2017, AZ 46 BE 39/17z, § 48 Abs 1 dritter Satz StGB,

2. der gemeinsam mit dem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. August 2017, GZ 39 Hv 54/17h 19, verkündete Beschluss, soweit damit gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO vom Widerruf der zu AZ 46 BE 39/17z des selben Gerichts angeordneten bedingten Entlassung abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Der letztgenannte Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs der Verlängerung der Probezeit ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Karl G***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 9. August 2016, AZ 36 Hv 68/16v, jeweils der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, wovon ihm ein Strafteil von 20 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Aus dem Vollzug des unbedingten Teils dieser Freiheitsstrafe wurde der Genannte mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom 27. März 2017, AZ 46 BE 39/17z, mit Wirkung vom 25. Juni 2017 unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung von Bewährungshilfe bedingt entlassen (ON 11 und ON 18 des Akts AZ 39 Hv 54/17h des Landesgerichts Salzburg).

Mit – in gekürzter Form ausgefertigtem – Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. August 2017, GZ 39 Hv 54/17h 19, wurde Karl G***** eines zu einem nicht mehr näher festzustellenden Zeitpunkt im Frühjahr oder Sommer 2015 begangenen Vergehens der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB (I.) und mehrerer bis zum 5. Dezember 2016 begangener Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Fall StGB (II.) schuldig erkannt und zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

Unter einem fasste dieses Gericht den Beschluss – soweit hier von Bedeutung – gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO vom Widerruf der zu AZ 46 BE 39/17z des Landesgerichts Salzburg ausgesprochenen bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (ON 19 S 4).

Der Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Vollzugsgericht vom 27. März 2017 und der gemeinsam mit dem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. August 2017 verkündete Beschluss, vom Widerruf der zuvor genannten bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern, stehen – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

1./ Nach § 48 Abs 1 dritter Satz zweiter Fall StGB beträgt die Probezeit bei bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von mehr als einem Jahr fünf Jahre. Dabei kommt es nicht auf die Reststrafe an, und es ist im Falle einer teilbedingten Strafnachsicht (§ 43a Abs 3 und 4 StGB) nicht erforderlich, dass der unbedingte Strafteil, aus dem entlassen wird, die Grenze von einem Jahr übersteigt. Es genügt, wenn die Summe von bedingtem und unbedingtem Strafteil jenseits dieser Grenze liegt, um im Falle einer bedingten Entlassung aus dem unbedingten Strafteil eine Probezeit von fünf Jahren aussprechen zu müssen ( Birklbauer , SbgK § 48 Rz 35; Jerabek in WK² StGB § 48 Rz 1/1).

Entgegen dieser Bestimmung wurde vom Landesgericht Salzburg als Vollzugsgericht bei der bedingten Entlassung des Karl G***** mit Beschluss vom 27. März 2017, AZ 46 BE 39/17z, die Probezeit mit drei Jahren bestimmt.

2./ Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Entlassung und Verlängerung der Probezeit – abgesehen von hier nicht aktuellen Ausnahmen (§ 53 Abs 1 letzter Satz StGB) – nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS-Justiz RS0092019).

Da die dem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. August 2017, GZ 39 Hv 54/17h 19, zu Grunde liegenden Straftaten nicht während der am 25. Juni 2017 begonnenen Probezeit der bedingten Entlassung, sondern bereits vor deren Beginn, nämlich im Frühjahr oder Sommer 2015 (I.) und bis 5. Dezember 2016 (II.) begangen worden waren, verletzt der gemeinsam mit dem genannten Urteil verkündete Beschluss auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit dieser bedingten Entlassung § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB (vgl auch § 56 StGB).

Dieser Beschluss hat sich hinsichtlich der Probezeitverlängerung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, ihn in diesem Umfang (ersatzlos) zu beseitigen (§ 292 letzter Satz StPO). Die weitere, dem Verurteilten zum Vorteil gereichende Gesetzesverletzung (1./) war lediglich festzustellen.