JudikaturJustiz15Os121/21i

15Os121/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Casagrande als Schriftführer in der Strafsache gegen ***** Ö***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 13. Juli 2021, GZ 41 Hv 18/21v 40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** Ö***** mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./) und mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er im Zeitraum von Februar bis Ende März 2021 in D *****

I./ mit einer unmündigen Person eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er

1./ der am ***** 2008 geborenen S***** F***** in drei Angriffen einen Finger in die Vagina einführte;

2./ am 30. März 2021 der am ***** 2008 geborenen L***** F***** einen Finger anal einführte;

II./ außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, indem er

1./ S***** F***** in mehreren Angriffen sowohl über als auch unter der Kleidung gezielt an ihren Brüsten sowie im Genitalbereich berührte;

2./ L***** F***** in zumindest zwei (US 4 f – jedenfalls unabhängig von dem zu I./2./ beschriebenen Vorfall erfolgten ) Angriffen sowohl über als auch unter ihrer Kleidung gezielt an den Brüsten berührte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 „Z 9 StGB“ gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Die auf einen Freispruch zu II./1./ abzielende R üge bringt vor, dass die dort beschriebenen Handlungen nach Ansicht des Beschwerdeführers bereits durch den Schuldspruch zu I./1./ mitabgegolten seien.

[5] Sie unterlässt jedoch den Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts mit dem gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt (RIS Justiz RS0099810). Da nach berührte der Angeklagte S***** F***** im Tatzeitraum mehrfach bei sich an verschiedenen Tagen bietenden Gelegenheiten gezielt über und unter der Kleidung an den Brüsten und im Genitalbereich und führte „zudem“ bei zumindest drei solchen Übergriffen auch einen Finger in die Vagina des Mädchens ein. I m Gesamtkontext wurde (hinreichend) deutlich zum Ausdruck gebracht, dass insgesamt nicht bloß die zu I./1./ angeführten drei (iSd § 206 Abs 1 StGB qualifizierten) Missbrauchskomplexe stattfanden, sondern darüber hinaus – in einer unbestimmten Anzahl – auch an weiteren Tagen gezielte Berührungen (nur) an den Brüsten und im Genitalbereich (US 4 iVm US 13 f, 15 f, 24 f).

[6] Weshalb selbständige, auf gesonderten Willensentschlüssen des Täters beruhende geschlechtliche Handlungen, die zeitlich und vom Handlungsablauf her nicht in Vorbereitung eine s tatsächlich erfolgten oder versuchten Beischlafs oder einer diesem gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung vorgenommen werden oder unmittelbar daran anschließen, von einem Schuldspruch nach § 206 Abs 1 StGB mitabgegolten sein sollen, erklärt die Beschwerde nicht. Ebensowenig legt sie dar, weshalb sich durch den allfälligen Wegfall von (bloß) drei Fällen gleichartiger Missbrauchshandlungen (die ein einheitliches Tatgeschehen im Zusammenhang mit bereits von I./1./ erfassten schweren Missbrauchshandlungen betreffen könnten; vgl RIS Justiz RS0115464, RS0090814, RS0090888) die Subsumtion der zu II./1./ dargestellten gleichartigen Verbrechensmenge ändern sollte (vgl RIS Justiz RS0117436, RS0116736).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.