JudikaturJustiz15Os114/23p

15Os114/23p – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Sekljic in der Strafsache gegen * A* wegen der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 25. August 2023, GZ 52 Hv 35/23y 61.4, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* des Vergehens der Sachbeschädigung nach §§ 125, 15 StGB (I./), der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (II./), der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (III./) und der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (IV./) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ordnete das Erstgericht wegen der zu II./ und III./ angeführten Taten die Unterbringung des Genannten in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB an.

[2] Danach hat er

I./ fremde Sachen beschädigt und zu beschädigen versucht, und zwar

A./ am 5. August 2022 in H* das Inventar seines Haftraums, indem er sein T-Shirt mit einem Feuerzeug im Bereich des Betts und der Matratze entzündete, wobei es infolge unverzüglichen Löschens durch Justizwachebeamte beim Versuch blieb;

B./ am 14. August 2022 in K* die Sprechanlage seines Haftraums, indem er mit den Fäusten dagegen schlug, wobei ein Schaden von 1.938,60 Euro entstand;

C./ am 25. November 2022 in G* den Boden seines Haftraums, indem er seine Hose in Brand setzte, wobei ein Schaden von 545,58 Euro entstand;

II./ am 5. August 2022 in H* B eamte der Justizanstalt H* mit Gewalt und durch gefährliche Drohung an Amtshandlungen zu hindern versucht, und zwar

A./ indem er gegenüber * R* sinngemäß ankündigte: „Kommen Sie rein, Sie haben keine Chance, ich zerlege euch so wahr mir Gott helfe“, R*, * G* und * K* an seiner Verlegung in eine Absonderungszelle;

B./ indem er zu K* und G* schrie „Allahu Akbar, ihr werdet brennen und ich auch!“ und mit Fäusten und Beinen gegen sie schlug und trat, die Genannten an seiner Verbringung aus dem verrauchten Haftraum und der Anlegung reißfester Kleidung;

C./ indem er R* mit seiner Schulter einen Stoß versetzte, wodurch dieser zu Sturz kam, und der darauffolgenden sinngemäßen Äußerung „Ihr Ungläubigen werdet alle sterben, entweder durch Allah oder mich!“, wobei er mit seinen Füßen gezielt gegen die Beine K*s trat, die Genannten an seiner Verbringung mit einem Dienstwagen ins Krankenhaus;

III./ durch die zu II./C./ geschilderte Tat nachgenannte Beamte während und wegen der Vollziehung ihrer Aufgaben und Erfüllung ihrer Pflichten am Körper verletzt, und zwar

A./ R* i n Form einer Prellung der linken Kniescheibe und einer Zerrung des linken oberen Sprunggelenks;

B./ K* in Form von Prellungen an beiden Knien;

IV./ Nachgenannte mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

A./ am 18. August 2022 in K* * S* durch die sinngemäße Ankündigung, er wolle eins-zu-eins gegen ihn kämpfen, er wolle ihn töten, er würde sein Grab sein, es würde ein Blutbad geben;

B./ am 5. August 2022 in H* R*, indem er sinngemäß äußerte „Ich warte auf Ihren Zugriff. Ich habe keine Angst, Allah wird mir helfen, ihr könnt kommen, ich mach euch fertig, heute wird jemand sterben.“

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten , der keine Berechtigung zukommt.

[4] In der Hauptverhandlung wurde A* infolge ungeziemenden Benehmens gemäß § 234 StPO für einige Zeit von der selben entfernt (ON 61.3, 28, 56). Die vom Beschwerdeführer behauptete Nichtigkeit mangels Mitteilung des in seiner Abwesenheit Vorgefallenen liegt schon deshalb nicht vor, weil § 234 StPO – anders als § 250 StPO – eine solche Informationspflicht nicht vorsieht (RIS Justiz RS0098941). Die Unterlassung ist solcherart nicht mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO bedroht; eine entsprechende, gegebenenfalls aus Z 4 relevierbare, Antragstellung behauptet der Beschwerdeführer gar nicht ( Danek/Mann , WK StPO § 234 Rz 4).

[5] Der weiteren Verfahrensrüge (Z 3) zuwider begründet der Umstand, dass der psychiatrische Sachverständige, der b is zum Schluss der Verhandlung beigezogen wurde, die Sitzung vor der Urteilsverkündung verließ (ON 61.3, 57, 58), keine Verletzung des § 434d Abs 2 StPO. Diese Bestimmung schreibt nämlich die Anwesenheit des Sachverständigen auch nach Schluss der Verhandlung (§§ 257, 319 StPO) nicht vor (12 Os 80/23s Rz 4 ff).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[7] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[8] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.