JudikaturJustiz15Ns55/22i

15Ns55/22i – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * L* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 64 Hv 25/22x des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über Vorlage durch das Oberlandesgericht Wien, AZ 31 Bs 107/22w, gemäß §§ 213 Abs 6 zweiter und dritter Satz, 215 Abs 4 zweiter Satz StPO nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Sache wird dem Oberlandesgericht Linz zur Zuweisung an das zuständige Gericht übermittelt.

Text

Gründe:

[1] Mit ihrer beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingebrachten (ON 6) Anklageschrift legte die Staatsanwaltschaft Wien * L* das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./I./) und „das“ Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (B./I./), * Lo* das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (A./II./) sowie „das“ Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (B./II./) zur Last:

[2] Danach haben in „W* und S*“ vorschriftswidrig Suchtgift

A./ von September 2018 bis Februar 2021 in mehrfachen Angriffen Heroin (Wirkstoff: Diacetylmorphin) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 13,32 % nachstehenden Personen überlassen, und zwar:

I./ * L* dem * Lo* insgesamt 900 Gramm, sohin Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge;

II./ * Lo* dem * L* insgesamt 450 Gramm, sohin Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge;

B./ ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar:

I./ * L* von September 2018 bis Februar 2021 Heroin (Wirkstoff: Diacetylmorphin);

II./ * Lo* von September 2018 bis 6. Mai 2021 Heroin (Wirkstoff: Diacetylmorphin) und Cannabiskraut (Wirkstoff: Delta-9-THC und THCA).

[3] Über Ersuchen der Vorsitzenden des angerufenen Schöffengerichts des Landesgerichts für Strafsachen Wien erklärte die Anklagebehörde, dass Tatort der zu A./ inkriminierten Taten jeweils „S*“, jener der zu B./ inkriminierten Taten hingegen „W*“ sei (ON 1.3, 1 f).

[4] Nach Zustellung der Anklageschrift (Vermerk auf ON 9) und Verstreichen der Einspruchsfrist wurde seitens der Vorsitzenden des Schöffengerichts der Akt wegen Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Wien gemäß § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO dem Oberlandesgericht Wien (ON 1, ohne Seitenzahl) und von diesem – nach Verneinen des Bestehens eines der in § 212 Z 1 bis 4 StPO genannten Mängel (vgl RIS-Justiz RS0124585) – gemäß § 215 Abs 4 StPO dem Obersten Gerichtshof vorgelegt, weil es für möglich hielt, dass ein im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts liegendes Gericht zuständig sei (Beschluss vom 2. August 2022, AZ 31 Bs 107/22w).

Rechtliche Beurteilung

[5] Gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO ist für das Hauptverfahren das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Tat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Im Falle gleichzeitiger Anklage mehrerer beteiligter Personen oder einer Person wegen mehrerer Straftaten ist das Hauptverfahren gemeinsam zu führen (§ 37 Abs 1 StPO); dabei ist (soweit hier relevant) unter Gerichten verschiedener Ordnung das höhere zur Führung für alle Verfahren zuständig (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO).

[6] Damit sind – zumal § 37 Abs 2 dritter Satz StPO nichts am Grundsatz des Vorrangs des Gerichts höherer Ordnung ändert (RIS Justiz RS0124935, RS0125227) – vorliegend für die Frage der örtlichen Zuständigkeit (nur) die strafbaren Handlungen (§ 211 Abs 1 Z 2 StPO) maßgeblich, die sachlich in die Zuständigkeit des Schöffengerichts (hier gemäß § 31 Abs 3 Z 1 StPO) fallen. Dies sind das dem Angeklagten * L* angelastete Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./I./; mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren bewehrt), sowie das dem Angeklagten * Lo* angelastete Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (A./II./; mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht).

[7] Da Tatort dieser inkriminierten Verhaltensweisen nach der Aktenlage jeweils der in S* gelegene Wohnort der Angeklagten ist (ON 1.3, 1 f; ON 3.2.5, 2; ON 3.2.5, 5, ON 3.2.7, 2 und ON 3.2.7, 5), ist ein im Sprengel des Oberlandesgerichts Linz gelegenes Landesgericht, nämlich das Landesgericht Salzburg, zur Führung des Hauptverfahrens zuständig.

[8] Demnach war – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Sache dem Oberlandesgericht Linz zu übermitteln, das gemäß § 21 5 Abs 4 erster Satz StPO die Sache dem zuständigen Landesgericht zuzuweisen hat.