JudikaturJustiz15Ns30/23i

15Ns30/23i – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. April 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. April 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * B* wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB in dem zu AZ 22 U 30/23a des Bezirksgerichts Favoriten zwischen diesem und dem Bezirksgericht Klagenfurt geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Für die Durchführung des Verfahrens ist das Bezirksgericht Klagenfurt zuständig.

Text

Gründe:

[1] Die Staatsanwaltschaft Wien brachte am 28. Februar 2023 beim Bezirksgericht Favoriten Strafantrag gegen * B* wegen eines als Vergehen des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB beurteilten Verhaltens ein, das diese am 21. Februar 2023 gesetzt haben soll (ON 4).

[2] Mit Verfügung vom 2. März 2023 trat das Bezirksgericht Favoriten den Akt dem Bezirksgericht Klagenfurt zwecks gemeinsamer Führung mit dem dort gegen B* anhängigen Verfahren AZ 17 U 8/23t ab (ON 1.2). In diesem Verfahren war am 17. Jänner 2023 eine Hauptverhandlung (über den am 3. Jänner 2023 eingebrachten Strafantrag) für den 8. März 2023 angeordnet worden.

[3] In dieser Hauptverhandlung wurde B* wegen eines Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt (GZ 17 U 8/23t-6). Den zur gemeinsamen Führung abgetretenen (am 7. März 2023 eingelangten) Akt retournierte das Bezirksgericht Klagenfurt dem Bezirksgericht Favoriten mit dem Vermerk, eine Einbeziehung sei nicht erfolgt, da der Akt „zu spät eingelangt und die Angeklagte nicht geständig“ sei.

[4] Das Bezirksgericht Favoriten legte den Akt dem Obersten Gerichtshof gemäß § 38 StPO zur Entscheidung des Kompetenzkonflikts vor.

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

[5] Gemäß § 37 Abs 3 StPO sind subjektiv konnexe Verfahren zu verbinden, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein weiteres Hauptverfahren gegen (hier:) die Angeklagte anhängig ist. Die Verbindung zweier (im Sinn dieser Bestimmung konnexer) Verfahren setzt die Rechtswirksamkeit beider Anklagen und die gleichzeitige Anhängigkeit beider Hauptverfahren voraus (RIS Justiz RS0123444; RS0132460).

[6] Das Verfahren kommt im – hier mangels Eingreifens eines der darin normierten vorrangigen Anknüpfungspunkte vorliegenden – Fall des § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO dem Gericht zu, bei dem die Anklage zuerst rechtswirksam geworden ist (§ 37 Abs 3 zweiter Halbsatz StPO). Wird eines der beiden konnexen Hauptverfahren beendet, ohne dass die Verfahrensverbindung verfügt wurde, ist für das andere, allein anhängige verbliebene Verfahren jenes Gericht örtlich zuständig, in dessen Kompetenz die Verbindung und gemeinsame Verfahrensführung gefallen wäre (RIS Justiz RS0132460).

[7] Vorliegend wurde der beim Bezirksgericht Klagenfurt zu AZ 17 U 8/23t eingebrachte Strafantrag zuerst rechtswirksam, indem dieses Gericht mit Verfügung vom 17. Jänner 2023 eine Hauptverhandlung anordnete.

[8] Daher ist das Bezirksgericht Klagenfurt zur Führung des Verfahrens zuständig.