JudikaturJustiz15Ns105/15g

15Ns105/15g – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Dezember 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in der Strafsache gegen Rene W***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB, AZ 12 Hv 78/15k des Landesgerichts Linz, über Vorlage durch das Oberlandesgericht Linz gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 OGH Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Sache wird dem Oberlandesgericht Wien zur Zuweisung an das zuständige Gericht übermittelt.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Anklageschrift vom 10. September 2015 (ON 14) legte die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Rene W***** kurz zusammengefasst gewerbsmäßig begangenes betrügerisches Handeln zum Nachteil partnersuchender Frauen in Deutschland und Österreich in vier Fällen zwischen Juni 2013 und November 2014 (ua im Oktober 2014 in Linz) mit einem 3.000 Euro übersteigenden Schaden zur Last, indem er unter Anlage falscher Profile auf Internet Partnerbörsen durch Vorspiegelung, ein gutaussehendes Model und rückzahlungsfähiger und williger Darlehensnehmer zu sein, diese zur Überweisung von Geldbeträgen verleitete (I./) bzw zu verleiten versuchte (II./).

Die Staatsanwaltschaft beantragte die Anordnung der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Linz als Schöffengericht (ON 14 S 2) und übermittelte den Akt ohne nähere Begründung zur örtlichen Zuständigkeit an dieses Landesgericht (ON 1 S 3). Ein Einspruch gegen die Anklageschrift wurde nicht erhoben.

Der Akt wurde vom Vorsitzenden des Schöffengerichts wegen Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts Linz gemäß § 213 Abs 6 StPO dem Oberlandesgericht Linz (ON 16) und von diesem weil es für möglich hielt, dass ein im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts liegendes Gericht zuständig sei nach Verneinung der Einspruchsgründe des § 212 Z 1 bis 4 und Z 7 StPO (RIS Justiz RS0124585) gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.

In wie vorliegend Fällen der subjektiven Konnexität kommt das gemeinsam zu führende Verfahren gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO jenem Gericht zu, das für die frühere Straftat (im Sinn der Abfolge des § 36 Abs 3 StPO) zuständig ist.

Primärer Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit im Hauptverfahren ist (von hier nicht in Rede stehenden Sonderzuständigkeiten abgesehen) der Ort, an dem die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte; nur wenn der Ort der Handlung im Ausland liegt oder nicht festgestellt werden kann, so ist bei Erfolgsdelikten -(zunächst) der Ort maßgebend, an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten hätte sollen (§

36 Abs 3 StPO; vgl Oshidari , WK StPO § 36 Rz 6 und Nordmeyer , WK StPO § 25 Rz 2 jeweils mwN). Fehlt es wiederum auch an einem solchen Anknüpfungspunkt im Inland, ist es der Ort, an dem der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt zum Zeitpunkt der Einbringung der Anklage (13 Os 129/14s) hat oder zuletzt hatte.

Hinsichtlich der frühesten Straftat (Juni 2013, siehe I.1./ der Anklage) ist der Ort der Täuschungshandlung unbekannt und liegt der Ort, an dem die Täuschung bewirkt und die schadenskausale Vermögensverfügung vorgenommen wurde, im Ausland (Würzburg), wobei auch der effektive Verlust an Vermögenssubstanz und damit der tatbestandsmäßige Erfolg des Betrugs (durch Lastschrift des Geldbetrags auf einem Konto der Geschädigten bei einer Bank in Würzburg; ON 2 S 9) dort eingetreten ist. Der Vermögensschaden tritt nämlich bei einer Überweisung von einem Bankkonto auf ein anderes (bereits) durch die Abbuchung vom Konto des Auftraggebers und nicht (erst) durch die Gutschrift auf dem Konto des Empfängers (hier: bei einer Bank in Krems an der Donau) ein; letztere bewirkt vielmehr nur die kein Tatbestandserfordernis des Betrugs darstellende Bereicherung des Täters (vgl Salimi in WK 2 StGB § 67 Rz 35).

Demnach kommt vorliegend der in § 36 Abs 3 zweiter Satz letzter Satzteil StPO genannte Anknüpfungspunkt des Orts des Wohnsitzes oder Aufenthalts zum Tragen, sodass infolge Inhaftierung des Angeklagten Rene W***** in der Justizanstalt Schwarzau das Landesgericht Wiener Neustadt zur Verhandlung und Entscheidung über die ihm in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vom 10. September 2013 zur Last gelegten Straftaten zuständig ist. Dies entspricht infolge Zuständigkeit jener Staatsanwaltschaft bereits für das Ermittlungsverfahren auch der in § 37 Abs 2 dritter Satz StPO normierten Kompetenz.

Die Sache war daher dem Oberlandesgericht Wien zu übermitteln, dass diese gemäß § 215 Abs 4 erster Satz StPO dem zuständigen Landesgericht zuzuweisen hat.