JudikaturJustiz14Os83/95

14Os83/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezember 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Bartholner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz A***** und Karl B***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und § 11 dritter Fall FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 30.November 1994, GZ 38 Vr 1.112/91-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Franz A***** und Karl B***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und § 11 dritter Fall FinStrG schuldig erkannt und je zu einer Geldstrafe von drei Mio S verurteilt, wovon ihnen ein Teil von je zwei Mio S bedingt nachgesehen wurde.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben in Hallein und andernorts

1. Franz A*****

1.1. vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung wie folgt bewirkt:

1.1.1. durch die in einem Nachsichtsansuchen vom 7.September 1982 enthaltene unrichtige Darstellung seiner persönlichen Vermögensverhältnisse sowie jener der A***** Möbel GmbH infolge über seine Veranlassung zustandegekommener unrichtiger Inventur und der darauf aufbauenden Bilanz der Gesellschaft zum 30.April 1979 eine ungerechtfertigte Nachsicht bei der Einkommensteuer für 1980 von

721.205 S;

1.1.2. durch die vorgenannte unrichtige Darstellung des Vermögens der A***** Möbel GmbH, womit er nicht zum Verlustabzug berechtigt war, durch ungerechtfertigte Geltendmachung von Verlusten eine Verkürzung von Einkommensteuer für das Jahr 1980 von 836.101 S;

1.2. durch das vorbeschriebene Handeln die sich auf diese unrichtige Darstellung stützenden Angaben anderer bestätigt und dadurch vorsätzlich zu deren Abgabenverkürzung unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht beigetragen, und zwar:

1.2.1. zur Gewährung einer ungerechtfertigten Abgabennachsicht bei der Einkommensteuer des Jahres 1980

für den mj. Günther A***** von 448.794 S

und für die mj. Andrea A***** von 448.794 S

für die A***** Möbel GmbH an

Lohnsteuer für die Monate Dezember 1981 sowie April und Juni 1982 von insgesamt 2,549.777 S und Dienstgeberbeiträgen für die Monate Dezember 1981 sowie April, Juni und August 1982 von 1,074.309 S (insgesamt 3,624.086 S);

1.2.2. durch zu Unrecht als Sonderausgaben geltend gemachte Verluste bei der Einkommensteuer 1980 für

den mj. Günther A***** von 285.141 S

die mj. Andrea A***** von 285.141 S

1.3. insgesamt aus 1.1. und 1.2. 6,649.262 S;

2. Karl B*****:

2.1. als Geschäftsführer der A***** Möbel GmbH vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung durch unrichtige Darstellung der Vermögenslage der Gesellschaft in dem Nachsichtsansuchen vom 7.September 1982 infolge Erstellung einer falschen Inventur und der darauf aufbauenden Bilanz der Gesellschaft zum 30.April 1979, die den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zuwiderlief und daher nicht zum Verlustabzug berechtigte, eine ungerechtfertigte Abgabennachsicht für die Gesellschaft an Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen für die oben genannten Zeiträume im bezeichneten Umfang von insgesamt 3,624.086 S bewirkt;

2.2. durch diese Vorgangsweise an der unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht begangenen Abgabenverkürzung anderer Personen vorsätzlich beigetragen, und zwar:

2.2.1. an der ungerechtfertigten Abgabennachsicht an Einkommensteuer für das Jahr 1980 für Franz A***** jun (721.205 S), mj.Günther A***** (448.794 S) und mj.Andrea A***** (448.794 S) von insgesamt 1,618.793 S, welche sich in ihren Nachsichtsansuchen auch auf diese unrichtig dargestellte Lage der GmbH beriefen;

2.2.2. an der Verkürzung von Einkommensteuer für das Jahr 1980 dieser Personen infolge ungerechtfertigt geltend gemachter Verluste (Franz A***** jun - 836.101 S; mj.Günther A***** - 285.141 S; mj.Andrea A***** - 285.141 S) von 1,406.383 S;

2.3. insgesamt aus 2.1. und 2.2. daher 6,649.262 S.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit getrennt ausgeführten, je auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden; den Strafausspruch fechten sie mit Berufung an.

Angesichts der exzeptionellen Fallgestaltung ist vorauszuschicken, daß ein Nachsichtsantrag gemäß § 236 Abs 1 BAO unter dem Gebot der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht im Sinne des § 119 BAO und bei Erteilung einer Nachsicht unter vorsätzlicher Verletzung dieser Pflichten unter der Sanktion des § 33 Abs 1 FinStrG iVm § 33 Abs 3 lit f FinStrG steht (Stoll BAO S 1362, 2423). Wahrheitsgemäße Offenlegung bedeutet, daß der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen verschafft wird (Ritz BAO § 119 RN 3). Eine Nachsicht kommt ua dann nicht in Betracht, wenn der Abgabepflichtige in der Vergangenheit abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten, insbesondere seine Erklärungspflicht verletzt hat und seinen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nicht nachgekommen ist (Stoll BAO S 2444, Ritz BAO § 236 RN 16 mit JudNachw des VerwGH).

In Ansehung der den Angeklagten angelasteten Einkommensteuerverkürzungen mußten als Sonderausgaben zu berücksichtigende Verluste (Verlustabzug) daher durch ordnungsgemäße Buchführung ermittelt sein, wobei auf die materielle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung abzustellen ist (Quantschnigg/Schuch EStG § 18 Rz 105). Nach den durch den Akteninhalt gedeckten Urteilsfeststellungen waren die für den Verlustabzug geforderten Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Buchführung nicht gegeben.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

A*****:

Das Erstgericht hat die inhaltliche Unrichtigkeit des Nachsichtsansuchens nicht nur auf das Verschweigen von Spareinlagen in der Höhe von ca 3,6 Mio S und einer Privatentnahme des Angeklagten Franz A***** in der Höhe von 300.000 S, sondern auch darauf gegründet, daß die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft in den Geschäftsunterlagen bewußt unrichtig dargestellt und daher die im § 18 Abs 6 EStG geforderten Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Buchführung für den Verlustabzug (als eine die Einkommensteuer mindernde Ausgabe) nicht vorlagen.

Mit dem vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand (Z 5), das Erstgericht habe die ihm fehlende Verfügungsberechtigung über diese Sparguthaben wegen deren Verpfändung übergangen, wird ein relevanter Begründungsmangel nicht dargetan:

Abgesehen davon, daß dieser Umstand im Urteil ohnedies Berücksichtigung gefunden hat (US 6/7, 8 f), übergeht der Beschwerdeführer die von ihm zu verantwortende Verletzung seiner Erklärungspflicht hinsichtlich dieser (den Finanzbehörden nicht deklarierten) Sparguthaben, sowie auch die von ihm verschwiegene Auszahlung eines Teilbetrages von 300.000 S, die er trotz offener Abgabenschuldigkeiten anderweitig verwendete.

Die vom Erstangeklagten veranlaßte "Überbewertung der Vorräte" und die damit verbundene "Verschönerung der Bilanzen" disqualifiziert die Buchführung als ordnungsgemäß, weshalb sie einem Abzug der ermittelten Verluste als Sonderausgaben (§ 18 Abs 6 StEG) entgegenstand. Aus den nach den finanzbehördlichen Erhebungen erwiesenen Verstößen gegen die den Angeklagten treffende Erklärungs-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht konnte das Erstgericht logisch und empirisch einwandfrei seinen auf Hinterziehung bzw Verkürzung von Abgaben (Einkommensteuer) abzielenden Vorsatz erschließen. Von der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behaupteten Scheinbegründung kann demnach keine Rede sein.

Bei seiner gegen die Annahme eines Hinterziehungsvorsatzes gerichteten Beschwerdeargumentation läßt der Angeklagte auch den aktenkundigen Umstand (S 87 ff/II) außer acht, daß er infolge Fehlens einer ordnungsgemäßen Buchhaltung zu Verlustabzügen nicht berechtigt war und daher der von ihm veranlaßten "Höherbewertung der Vorräte" nicht die entscheidende Bedeutung zukommt, die er ihr in seinem Rechtsmittel beimißt.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider widerspricht auch die als aktenwidrig gerügte Erwägung des Erstgerichtes, der Angeklagte A***** habe über seine Buchhaltungskenntnisse widersprüchliche Angaben gemacht (US 9), im Ergebnis nicht seiner Verantwortung (S 329, 347 f/II).

Die Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt die prozeßordnungsgemäße Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes, weil die vermißten Konstatierungen über die Vorsätzlichkeit der angelasteten Tathandlungen im Urteil ohnedies enthalten sind (US 7).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

B*****:

Der Einwand einer Unvollständigkeit der Urteilsgründe (Z 5) in bezug auf die Verantwortung des Angeklagten, daß ihm bei der "Höherbewertung des Warenlagers" eine Unrechtmäßigkeit nicht bewußt gewesen sei, geht fehl. Das Erstgericht hat diese Einlassung des Beschwerdeführers keineswegs übergangen, sondern aus seiner Verantwortung, daß "durch seine Handlungen nicht wahrheitsgemäße Bilanzen erstellt wurden" (S 23 in ON 3 der ON 14) bzw die "Höherbewertungen in die Bilanzen eingeflossen" seien (S 311/II, US 8), und diese dem Nachsichtsansuchen beigelegt wurden, die mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang stehende Schlußfolgerung gezogen, daß ihm bewußt war, damit gegen die ihn als Geschäftsführer treffende Offenlegungs- und Wahrheitspflicht im Nachsichtsverfahren zu verstoßen.

Der Vorwurf der Undeutlichkeit in bezug auf den Beginn der "Überbewertung der Vorräte" (1978) betrifft keinen entscheidenden Umstand. Wie bereits zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten ausgeführt, konnte das Erstgericht den dem Beschwerdeführer B***** unterstellten Verkürzungsvorsatz aus seinen von ihm eingestandenen buchhalterischen Malversationen ableiten. Mit der Bestreitung der Richtigkeit dieser Urteilsannahme bekämpft er unzulässigerweise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung.

Da der Angeklagte B***** die Vorlage inhaltlich unrichtiger Bilanzen im Nachsichtsverfahren zugab, betrifft sein Einwand, daß er von den Sparguthaben keine Kenntnis hatte, abermals keinen entscheidungsrelevanten Tatumstand.

Schließlich wird auch der Vorwurf, das Erstgericht habe seine Verantwortung nicht erörtert, daß ihm die "Bewertungsmethode" empfohlen worden sei, durch den Akteninhalt widerlegt, weshalb das Schöffengericht diese Einlassung für die Tatbeurteilung - mit Recht - als bedeutungslos erachtet hat (US 8).

In seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich stellt der Beschwerdeführer eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung in Abrede und rügt, daß sich das Erstgericht nicht mit der Möglichkeit eines Rechtsirrtums bzw einer bloßen Fahrlässigkeit des Angeklagten befaßt habe. Da diese Beschwerdeeinwände nicht vom Urteilssachverhalt, sondern von urteilsfremden Prämissen ausgehen, kommt der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die zum Teil offenbar unbegründeten, im übrigen aber nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über deren Berufungen folgt (§ 285 i StPO).

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht der Rechtsmittelwerber ist in § 390 a StPO begründet.