JudikaturJustiz14Os74/91

14Os74/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. November 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.November 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Elisabeth J***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 23.April 1991, GZ 24 Vr 1.547/87-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, der Angeklagten Elisabeth J***** und ihres Verteidigers Dr. Mayrhofer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten wird verworfen. Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch unberührt bleibt, im Freispruch sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Elisabeth J***** des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil sie in Feldkirch jeweils zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung von Diebstählen, mithin mit Strafe bedrohte Handlungen wissentlich vorgetäuscht hat, und zwar

a) am 30.April 1987 durch die wahrheitswidrige Behauptung gegenüber Bezirksinspektor C***** und Revierinspektor A*****, aus ihrer Wohnung in Feldkirch, Schloßgraben 6, sei vor Weihnachten 1986 unter anderem das Ölgemälde "Coenca" im Wert von ca. 250.000 S gestohlen worden;

b) am 4.September 1987 durch die wahrheitswidrige Behauptung gegenüber Bezirksinspektor C***** und Inspektor F*****, ein unbekannter Täter habe aus ihrem verschlossenen Schlafzimmer mehrere Gemälde gestohlen.

Von der weiteren Anklage, am 8.September 1987 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, den Adolf R***** von der E***** A***** Versicherungsanstalt, Filiale Rankweil, durch die wahrheitswidrige Behauptung, ein unbekannter Täter habe aus ihrem versperrten Schlafzimmer wertvolle Gemälde gestohlen, wobei sie gleichzeitig die betreffende Schadensmeldung unterfertigte, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von mehr als 500.000 S aus der am 22.Juli 1987 abgeschlossenen Haushaltsversicherung zu verleiten versucht und hiedurch das Vergehen (richtig: Verbrechen) des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB begangen zu haben, wurde die Angeklagte gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Die Tatrichter unterstellten ihr zwar, schon die falsche Diebstahlsanzeige vom 4.September 1987 im Hinblick auf die ins Auge gefaßte betrügerische Inanspruchnahme einer Versicherungsleistung erstattet und dem Versicherungsunternehmen durch die dieser Anzeige entsprechende Schadensmeldung auch den Eintritt eines durch den Versicherungsvertrag gedeckten Versicherungsfalles vorgetäuscht zu haben, werteten diese Täuschungshandlungen jedoch mit Rücksicht darauf, daß die Angeklagte weder eine konkrete Schadenssumme angab noch in der Folge die Zahlung eines ziffernmäßig bestimmten Entschädigungsbetrages forderte, als straflose Vorbereitungshandlungen (US 17 f).

Die Angeklagte bekämpft den Schuldspruch wegen § 298 Abs. 1 StGB mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die gegen den Freispruch gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft macht die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a der zitierten Gesetzesbestimmung geltend.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten:

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider geben weder der aus dem Erhebungsbericht des Gendarmeriepostenkommandos Feldkirch zur Anzeige vom 30.April 1987 (AS 57 ff/I) ersichtliche Umstand, daß die Beschwerdeführerin die unmittelbar nach der Anzeigeerstattung am angegebenen Tatort erhebenden Gendarmeriebeamten ersuchte, von weiteren Nachforschungen bis zur Erstattung der - auch andere Delikte betreffenden - Anzeige durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter bei der Staatsanwaltschaft Krems Abstand zu nehmen, noch die vor der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg abgelegte Aussage der Beschwerdeführerin vom 21. September 1987, wonach sie "derzeit nichts aussagen wolle, weil es noch weiterer Abklärungen bedürfe" (AS 71/I), Anlaß zu erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der erstgerichtlichen Annahme einer wissentlich falschen Diebstahlsanzeige. Die Beschwerdeführerin begründet nämlich zum einen ihr eingangs erwähntes, den Straflosigkeitsvoraussetzungen des § 298 Abs. 2 StPO sohin nicht entsprechendes Ansuchen ausdrücklich damit, daß allfällige Maßnahmen der Staatsanwaltschaft Krems gegen eine (eben dieses Diebstahls) verdächtige Person abzuwarten wären (AS 59/I), zum anderen betraf die zitierte, im übrigen gleichfalls unmißverständlich vom Vorliegen eines Diebstahls ausgehende Aussage vom 21.September 1987 gar nicht die inkriminierte Anzeige (AS 71/I iVm AS 69/I unten). Für die Beschwerdebehauptung, die Angeklagte "habe lediglich Vermutungen geäußert", weshalb von einer wissentlichen Falschanzeige keine Rede sein könne, läßt sich daraus sohin nichts gewinnen.

In gleicher Weise ist auch der die Anzeige vom 4.September 1987 betreffende Beschwerdehinweis, daß der Anwalt der Beschwerdeführerin den erhebenden Gendarmeriebeamten nach der Anzeigeerstattung ein zu weiteren Erhebungen - wegen des zur Anzeige gebrachten Diebstahls! - Anlaß bietendes Aktenkonvolut übergeben habe (AS 17/I), nicht geeignet, die schlüssig und lebensnah begründete Überzeugung der Tatrichter vom Vorliegen einer erneut wissentlich falschen Diebstahlsanzeige (US 11 ff) in Frage zu stellen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) aber wird mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Insbesondere übergeht sie mit ihrer Argumentation, die Beschwerdeführerin habe lediglich Vermutungen zum Ausdruck gebracht, die ausdrückliche Urteilsannahme der jeweils wissentlichen Vortäuschung von Diebstählen.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Der in der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) erhobene Vorwurf der irrigen Annahme bloßer strafloser Vorbereitungshandlungen ist begründet. Nachdem die Angeklagte durch die Anmeldung des fingierten Schadenfalls schon mit der tatbestandsmäßigen betrügerischen Täuschung des zu schädigenden Versicherers, sohin bereits mit einer Ausführungshandlung begonnen hat (Kienapfel AT4 Z 21 RN 17), kann von bloßer Betrugsvorbereitung keine Rede mehr sein (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB3 EGr 104, Kienapfel BT II2 RN 250, Tschulik in WK Ergänzungsheft, Rz 27 a je zu § 146 StGB). Ob die Angeklagte das zur Effektuierung des Versicherungsanspruches notwendige Leistungsbegehren unterließ, obgleich sie die tatplangemäße Vollendung des in die Wege geleiteten, noch unbeendeten Betrugsversuches für möglich erachtete und ihr deshalb der Strafaufhebungsgrund des (freiwilligen) Rücktritts vom Versuch zugute kommt, läßt sich an Hand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen. Die Randbemerkung der Tatrichter, bei Annahme strafbaren Versuches "käme der Angeklagten die Bestimmung des § 16 Abs. 1 StGB zugute, weil sie offensichtlich die Ausführung dieses Betruges freiwillig aufgegeben hat" (US 18), entbehrt, wie die Staatsanwaltschaft zu Recht ins Treffen führt (Z 5), jeglicher einer Überprüfung zugänglichen Begründung.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang ein zweiter Rechtsgang anzuordnen.