JudikaturJustiz14Os67/95

14Os67/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Juli 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Juli 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Pesendorfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gheorge B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130, 3. und 4.Fall, StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7.März 1995, GZ 9 Vr 3.129/94-39, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich gefaßten Widerrufsbeschluß (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, und des Verteidigers Dr.Riesemann, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Strafausspruch, mit Ausnahme des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung und des Einziehungserkenntnisses, aufgehoben und der Angeklagte in Neubemessung der Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung

verwiesen.

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der rumänische Staatsangehörige Gheorge B***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB (I) sowie der Vergehen nach § 36 Abs 1 lit a (richtig: § 36 Abs 1 Z 1) WaffenG (II) und der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 2 (richtig: § 164 Abs 3) StGB (III) schuldig erkannt und hiefür zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Gleichzeitig widerrief das Schöffengericht den nach einer bedingten Entlassung aus dem Vollzug einer vom Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 9 E Vr 1595/90 verhängten Freiheitsstrafe noch offenen Strafrest von vier Monaten und vier Tagen.

Rechtliche Beurteilung

Nur den Strafausspruch bekämpft der Angeklagte sowohl mit einer auf die Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde als auch mit Berufung; den Widerrufsbeschluß ficht er mit Beschwerde an.

Der Sanktionsrüge kommt teilweise Berechtigung zu:

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde in vom Erstgericht angenommenen Erschwerungsgründen Verstöße gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erblickt, ist sie im Irrtum. Der Umstand, daß ein gewerbsmäßig handelnder Täter die Tat wiederholt hat, kann, weil die Tatwiederholung entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 70 StGB) zählt, nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und Abs 3 StGB) bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens sehr wohl Berücksichtigung finden. Hat das Gericht die Wiederholung demnach als erschwerend gewertet, so liegt darin keine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Anwendungsfall StPO (EvBl 1995/104).

Auch der vom Erstgericht angeführte Erschwerungsgrund der mehrfachen Qualifikation des Diebstahls beruht mit Recht auf der Annahme, daß die im vorliegenden Fall zusammentreffenden Qualifikationen auf verschiedene strafbestimmende Elemente zurückzuführen sind. Der erhöhte Strafsatz des § 130 StGB erfaßt zwar sowohl den gewerbsmäßig schweren als auch den gewerbsmäßig durch Einbruch (oder mit Waffen) begangenen Diebstahl; treffen aber beide dieser Qualifikationen zusammen, dann ist dieser Umstand im Rahmen des strafbestimmenden Strafsatzes zusätzlich als erschwerend zu werten, weil bereits das Vorliegen bloß einer Qualifikation die strengere Strafdrohung auslöst und die weitere Qualifikation andernfalls unberücksichtigt bliebe, obgleich durch sie der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erhöht wurde. Analoges gilt auch für die ersichtliche Heranziehung der Wertqualifikation der Hehlerei nach § 164 Abs 3 StGB neben der Deliktswiederholung als erschwerend.

Schließlich liegt auch die vom Angeklagten reklamierte Unvereinbarkeit des Erschwerungsgrundes der Vorstrafenbelastung mit der Strafschärfung nach § 39 StGB schon deswegen nicht vor (vgl hiezu grundsätzlich Leukauf-Steininger Komm3 § 32 RN 13), weil der Beschwerdeführer übersieht, daß im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 39 StGB gar nicht zur Anwendung gelangt ist. Der diesbezügliche Einwand erweist sich daher schon vom Ansatz her als verfehlt. Im Recht ist Gheorge B***** dagegen, soweit er sich gegen den vom Erstgericht angeführten Erschwerungsgrund wendet, er habe sich "des ihm zugekommenen Gastrechtes als Asylant in Österreich, der erfolgten Amnestierung aus Anlaß eines Weihnachtsfestes und der damit verbundenen bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe, der Möglichkeit durch Beschaffung eines Arbeitsplatzes in Österreich einen rechtschaffenen und ordentlichen Lebenswandel zu führen, in keiner Weise würdig erwiesen".

Mit diesen Überlegungen, insbesonders der Annahme des fehlenden Würdigkeitserweises für das gewährte Gastrecht etc, werden für die Erfassung der Strafzumessungsschuld Umstände herangezogen, welchen nach dem Gesetz keine Relevanz zukommt (vgl 10 Os 143/77, 9 Os 135/81, 15 Os 6/95 ua). Auch die erschwerende Gewichtung der Begehung von Straftaten innerhalb der Probezeit nach einer bedingten Entlassung stellt bei gleichzeitigem Widerruf des offenen Strafrestes eine rechtlich unrichtige Beurteilung von Strafzumessungstatsachen dar, weil der Gesetzgeber einen solchen - im Entwurf zum Strafgesetzbuch (RV 1971) noch vorgesehenen - Erschwerungsgrund ausdrücklich abgelehnt hat (vgl Leukauf-Steininger aaO § 33 RN 8). Der im dargelegten Umfang berechtigten Nichtigkeitsbeschwerde war daher spruchgemäß Folge zu geben und die Strafe neu zu bemessen. Auf der Basis des korrigierten Strafbemessungssachverhalts entspricht bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf den Widerruf des erwähnten offenen Strafrestes, der in Anbetracht der neuerlichen Delinquenz innerhalb der Probezeit unumgänglich war und deshalb die Abweisung der Beschwerde notwendig machte, eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tathandlungen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.