JudikaturJustiz14Os65/21x

14Os65/21x – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in der Strafsache gegen ***** P***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB, AZ 17 Hv 110/20y des Landesgerichts St. Pölten, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 27. April 2021, AZ 20 Bs 98/21i, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Oberlandesgericht Wien unter anderem die vom Landesgericht St. Pölten am 7. August 2020 über ***** P***** verhängte (ON 48 der Hv Akten) und mehrmals fortgesetzte Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a, b und c StPO fort (ON 117 der Hv Akten). Dabei ging es vom dringenden Verdacht aus, P***** habe am 13. Jänner 2020 in S***** (I) und am 20. Februar 2020 in V***** (II) gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall StGB) und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit noch nicht ausgeforschten Mittätern im Beschluss bezeichneten Opfern fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, Goldmünzen, Schmuck und Kleidung, im 5.000 Euro übersteigenden Wert von mehr als 50.000 Euro, durch Einbruch in Wohnstätten weggenommen, indem er jeweils ein Fenster mit einem Werkzeug aufzwängte. Diese Taten subsumierte es dem Verbrechen des „schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch in Wohnstätten nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 1, 130 Abs 1, erster Fall, Abs 2, erster und zweiter Fall, Abs 3 StGB“.

[2] Zugleich stellte das Beschwerdegericht eine Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen (§ 9 Abs 2, § 177 Abs 1 erster Satz StPO) durch sachlich nicht gerechtfertigte Ausschreibung der (vertagten) Hauptverhandlung (erst) für den 19. Mai 2021 und verzögerte Vorlage der Haftbeschwerde an das Beschwerdegericht fest und trug dem Erstgericht auf, „das weitere Verfahren zügig und verzögerungsfrei durchzuführen“, womit die schon in der Haftbeschwerde behauptete Grundrechtsverletzung (in Zusammenhang mit der Säumnis in Bezug auf die Ausschreibung der Hauptverhandlung) anerkannt wurde (für viele 14 Os 15/16m).

[3] Indem die Grundrechtsbeschwerde ausschließlich eine nach dieser Entscheidung eingetretene weitere Verzögerung der Verfahrensführung durch das Erstgericht rügt, verfehlt sie den in der Entscheidung über die Haft durch das Beschwerdegericht gelegenen gesetzlichen Bezugspunkt dieses Rechtsbehelfs (RIS Justiz RS0120790; Kier in WK 2 GRBG § 1 Rz 46).

[4] Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[5] Aus ihrem Anlass sieht sich der Oberste Gerichtshof jedoch zu der Bemerkung veranlasst, dass auch die am 18. Mai 2021 (richtig [§ 4 Abs 1 GRBG]) beim Erstgericht eingebrachte Grundrechtsbeschwerde (ungeachtet der vom Beschwerdegericht festgestellten Grundrechtsverletzung durch verzögerte Vorlage der Haftbeschwerde) – ohne im Akt ersichtlicher Rechtfertigung – dem Obersten Gerichtshof erst am 11. Juni 2021 (Verfügung des Vorsitzenden vom 8. Juni 2021 [ON 1 S 53 verso]) vorgelegt wurde.