JudikaturJustiz14Os6/24z

14Os6/24z – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Februar 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. De Rijk in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 19. Oktober 2023, GZ 13 Hv 47/23h 34, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung einer Weisung (ON 35) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er zwischen Herbst 2021 und März 2022 in der Türkei sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung, nämlich der „Partiya Karkeren Kurdistan“ (kurz PKK), dadurch beteiligt, dass er in dem Wissen, dadurch diese Vereinigung in ihrem Ziel, die Staatsordnung der Türkei zu zerschlagen und terroristische Attentate vorwiegend in der Türkei zu verüben, sowie deren strafbare Handlungen, insbesondere Straftaten nach § 278c Abs 1 Z 1 und 2 StGB zu fördern, in drei Fällen zwei Mitglieder der PKK, die sich in den Bergen versteckt hatten, mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgte, indem er ein damit beladenes Pferd an einem vereinbarten Ort im Gebirge zurückließ, und ihnen per Funk Informationen über das türkische Militär, nämlich den Aufenthaltsort von Soldaten, übermittelte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz (§ 278b Abs 2 iVm § 278 Abs 3 StGB) ab (vgl aber RIS Justiz RS0116565), weshalb die tatbildliche Beteiligung als Mitglied einer terroristischen Vereinigung – neben der hier festgestellten Ausführung mehrerer (fördernder) Beteiligungshandlungen (US 3) – eine Mitgliedschaft in dieser Vereinigung von „einer gewissen Dauer“ voraussetze (vgl im Übrigen RIS Justiz RS0125249; Plöchl in WK 2 StGB § 278 Rz 46; kritisch Reindl Krauskopf/Salimi , SbgK § 278 Rz 51 ff). Aus dem Hinweis auf eine oberstgerichtliche Entscheidung (12 Os 40/02, SSt 64/26) ist für den Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen, weil diese zur (nicht vergleichbaren) Rechtslage vor Inkrafttreten der Legaldefinition des § 278 Abs 3 StGB erging.

[5] Das Vorliegen des Vereinigungsmerkmals eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses (vgl § 278b Abs 3 StGB) hat das Erstgericht davon abgesehen in tatsächlicher Hinsicht geklärt (US 4 f).

[6] Der weitere Einwand, der Beschwerdeführer habe keine Informationen über die terroristische Ausrichtung der PKK gehabt, entfernt sich prozessordnungswidrig (RIS Justiz RS0099810) vom Urteilssachverhalt und bekämpft die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen (US 5 f) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (vgl § 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

[7] Entgegen der weiteren Kritik begnügte sich das Erstgericht zur terroristischen Ausrichtung der PKK in objektiver Hinsicht keineswegs mit einem Verweis auf die entsprechende Qualifizierung in einem Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 18. Juli 2022 (sogenannte „EU Terrorliste“), sondern traf dazu Feststellungen (US 4 f), auf deren Grundlage es das Vorliegen der Vereinigungsmerkmale nach § 278b Abs 3 StGB selbstständig (rechtlich) beurteilte (vgl RIS Justiz RS0130634). Dabei maß es der Einstufung im genannten EU Rechtsakt „lediglich Indizwirkung“ zu (US 10). Dass diese Tatbestandsvoraussetzungen insoweit bereits im Tatzeitraum vorlagen, geht aus der angefochtenen Entscheidung – vom Beschwerdeführer übergangen (vgl erneut RIS Justiz RS0099810) – unzweifelhaft hervor (US 6).

[8] Eine methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz lässt schließlich auch das Vorbringen vermissen (vgl abermals RIS Justiz RS0116565), Strafbarkeit nach § 278b Abs 2 StGB setze „terroristische Eignung“ (der Beteiligungshandlungen) und erweiterten Vorsatz des Täters im Sinn des § 278c Abs 1 StGB voraus.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[10] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.