JudikaturJustiz14Os37/18z

14Os37/18z – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. April 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Cezayir B***** wegen (des) Verbrechen(s) des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 20. November 2017, GZ 51 Hv 10/17m 144, sowie über dessen Antrag nach § 362 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf außerordentliche Wiederaufnahme wird

abgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Cezayir B***** „der“ Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG schuldig erkannt.

Danach hat er Ende März/Anfang April 2017 in W***** zur Ausführung der strafbaren Handlung des Okan Ba*****, der vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zwei Kilogramm Cannabisblüten (Reinsubstanz etwa 20 Gramm Delta 9 THC und 200 Gramm THCA) an Umar K***** und Bislan A***** überließ, dadurch

beigetragen, dass er ihm die Genannten als Käufer vermittelte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen (nominell) aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Aus welchem Grund es mit Blick auf den gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf neben den Urteilsannahmen zum objektiven Tatgeschehen (US 3) zur Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage erforderlich gewesen wäre, weitere Konstatierungen zum Bedeutungsinhalt der im Zuge der an Okan Ba***** gerichteten Aufforderung zur Übergabe der Cannabisblüten an die Suchtgiftabnehmer Umar K***** und Bislan A***** getätigten Äußerung des Angeklagten, diese würden „das erledigen“, sowie dazu zu treffen, „welche Art von Vermittlung“ die dafür lukrierte „Vermittlungsprovision von 500 Euro beinhalte“ (vgl im Übrigen US 3), erklärt die Rechtsrüge nicht (RIS Justiz RS0116569).

Mit der Behauptung fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite hält sie nicht an den gerade dazu getroffenen (hinreichenden) Konstatierungen (US 3 f) fest und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).

Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, dem Urteil lasse sich nicht entnehmen, ob der Vorsatz des Angeklagten auf „die Vernichtung oder die Vermittlung der Drogen und wenn ja, dann an wen“, gerichtet war, lässt offen, weshalb seine Vorstellungen hinsichtlich der Weiterverwendung der Cannabisblüten nach deren – alleine inkriminierter – Überlassung an Umar K***** und Bislan A***** entscheidend sein sollten.

Was mit dem Hinweis darauf, dass die Genannten „mit diesem Drogenkauf nicht belangt wurden“, gesagt werden soll, ist nicht erkennbar.

Der inhaltlich erhobene Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil die Rüge angeblich übergangene Aussagen von „unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen“ nicht konkret bezeichnet (vgl im Übrigen US 4 ff).

Der den Verfahrensergebnissen vom Schöffengericht jeweils

zuerkannte Beweiswert, mithin auch die einem Zeugen oder (Mit )Angeklagten zugebilligte Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, ist – so die Beurteilung nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) ist – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen (RIS-Justiz RS0106588).

Dass Okan Ba***** eine Provision von 500 Euro erhalten hätte, hat das Erstgericht – entgegen dem Beschwerdestandpunkt – nicht festgestellt (vgl US 3, wonach Empfänger einer solchen Zahlung durch die Abnehmer der Angeklagte war), womit die Behauptung eines Widerspruchs zwischen einer solchen Konstatierung und beweiswürdigenden Erwägungen (Z 5 dritter Fall) schon deshalb ins Leere geht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Der mit Schriftsatz vom 29. März 2018 gestellte „Antrag nach § 362 StPO“ war „abzuweisen“, also der Sache nach mangels Antragslegitimation – ohne meritorische Prüfung – zurückzuweisen (RIS Justiz RS0101133).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken, dass das Erstgericht den Beschwerdeführer verfehlt mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels schuldig erkannte. Der zur ständigen Rechtsprechung gewordene Ansatz, welcher auf exakter Abgrenzbarkeit einzelner Grenzmengen zueinander beruht und durch den §

28a Abs 1 SMG auf diese Weise mehrfach begründet werden konnte (vgl RIS Justiz RS0112225 [T11, T14], RS0124018), wurde nämlich (mit Entscheidung eines verstärkten Senats

vom

15. November 2017 zu 12 Os 21/17f, EvBl 2018/13, 83) vom Obersten Gerichtshof aufgegeben, weil das Wort „übersteigend“ keine Begrenzung nach oben zulässt und das Wort „eine“ – anders als vor BGBl I 2007/110 – nicht mehr als Zahlwort zu verstehen ist.

Demgemäß kann – soweit hier relevant – durch einmaliges Überlassen von Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge (bis zum Erreichen der in § 28a Abs 2 Z 3 SMG gezogenen Grenze) das Verbrechen nach § 28a Abs 1 SMG nur einmal verwirklicht werden.

Amtswegige Wahrnehmung dieses Subsumtionsfehlers nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO war jedoch nicht geboten, weil dieser per se keinen Nachteil im Sinn dieser Bestimmung darstellt und das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen auch nicht als erschwerend gewertet wurde (US 8). Angesichts dieser Klarstellung ist das Oberlandesgericht bei der Entscheidung über die Berufung nicht an die verfehlte Subsumtion gebunden (RIS Justiz RS0118870).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.