JudikaturJustiz14Os34/18h

14Os34/18h – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. April 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M. als Schriftführerin in der Strafsache gegen Iles K***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Dezember 2017, GZ 112 Hv 50/17v 110, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Iles K***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (II) sowie der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (I), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III), des gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 148 erster Fall StGB (IV), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (V), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (VI) und des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (VII) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung –

(IV) in W***** gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB „hinsichtlich Punkt IV/C bis G“) und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz im Urteil namentlich genannte Verfügungsberechtigte von dort näher bezeichneten Tankstellen im Zuge überwachter Tankvorgänge durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit jeweils zur Duldung der Entnahme von Treibstoff (in Selbstbedienung) verleitet, wodurch diese Unternehmen am Vermögen geschädigt wurden, und zwar

A) am 24. Oktober 2016 in Höhe von 83,32 Euro;

B) am 8. Dezember 2016 in Höhe von 77,30 Euro;

C) am 28. Dezember 2016 in Höhe von 50,03 Euro;

D) am 15. Jänner 2017 in Höhe von 84,84 Euro;

E) am 28. Jänner 2017 in Höhe von 100,31 Euro;

F) am 1. Februar 2017 in Höhe von 91,84 Euro;

G) am 8. April 2017 in Höhe von 67,99 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Inhaltlich ausschließlich gegen die Annahme der Qualifikation nach § 148 erster Fall StGB richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Mit dem Hinweis auf die Feststellungen zu Art und Anzahl der Taten, zum Tatzeitraum und zur Schadenshöhe von insgesamt 555,63 Euro leitet die Tatsachenrüge (Z 5a) Bedenken gegen die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite nicht „aus den Akten“, sondern bloß aus Erwägungen des Erstgerichts selbst ab (vgl RIS-Justiz RS0117961) und bekämpft solcherart bloß die – als „fragwürdig“ bezeichnete – Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Ableitung der kritisierten Urteilsannahmen aus den tristen finanziellen Verhältnissen des Angeklagten, den zahlreichen Angriffen innerhalb von sechs Monaten und der – aus der Verwendung von Fahrzeugen, auf denen jeweils zuvor unterdrückte fremde Kennzeichentafeln angebracht worden waren, erschlossenen – professionellen Vorgangsweise (US 20), entspricht im Übrigen sowohl den Gesetzen logischen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden

(RIS-Justiz RS0116882). Dass der Täter tatsächlich einen Erlös in der angestrebten Höhe erzielt, ist – wie der Vollständigkeit halber anzumerken bleibt – keine Voraussetzung für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit (RIS-Justiz RS0086627 [insbes T4]).

Die Subsumtionsrüge vermisst Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 70 Abs 1 erster Halbsatz iVm Abs 2 StGB, orientiert sich dabei aber nicht am Urteilssachverhalt in seiner Gesamtheit, dem – mit hinreichender Deutlichkeit – zu entnehmen ist, dass die Absicht des Beschwerdeführers darauf gerichtet war, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrug zumindest für mehrere Monate ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, das nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro übersteigt (US 10 iVm US 27). Solcherart verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken, dass die im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) in Bezug auf die Gewerbsmäßigkeit vorgenommene Einschränkung auf die Schuldspruchpunkte IV/C bis G verfehlt ist, weil der ab der dritten Tat erfüllte Tatbestand des § 70 Abs 1 Z 3 StGB zufolge der zu bildenden Subsumtionseinheit (§ 29 StGB) – bei (hier konstatierter) entsprechender Täterintention (US 9 f) – auf die rechtliche Beurteilung sämtlicher Taten durchschlägt (RIS Justiz RS0130965 [T2], 14 Os 131/16w).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.