JudikaturJustiz14Os23/97

14Os23/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. April 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. April 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. E.Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rupert K***** wegen des Vergehens des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 6. Feber 1997, GZ 20 j Vr 10.619/96-49, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, und des Verteidigers Dr. Eichenseder, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf den Wahrspruch der Geschworenen gegründeten Urteil wurde Rupert K***** des Vergehens des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er ab September 1996 bis 3. Oktober 1996 in Wien einen Vorrat von Waffen, Schießbedarf und anderen Kampfmitteln, nämlich 500 Gramm plastifizierten, hochbrisanten Sprengstoff auf Nitropentalbasis, 2 Sprengkapseln, 1 elektrischen Zünder mit Zünddrähten, 2 Zeitzünderschnüre, 4 Handgranaten jugoslawischer Erzeugung, 1 Sturmgewehr Kalaschnikow AK 47, Kal. 7, 62 x 39 mm, samt einem Magazin und 28 Stück Gewehrpatronen mit Vollmantelspitzgeschossen, angesammelt und bereitgehalten, der nach Art und Umfang geeignet ist, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 6, 8 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Dem Beschwerdevorbringen (Z 6) zuwider wurde zu Recht von der Stellung einer Eventualfrage wegen Vergehens nach § 36 WaffG Abstand genommen. Eine solche Fragestellung setzt nach § 314 Abs 1 StPO das Vorbringen von Tatsachen voraus, die eine Abweichung vom Anklagesachverhalt und demzufolge eine andere rechtliche Beurteilung in Betracht ziehen lassen. Ohne eine solche Änderung kann der der Hauptfrage zugrunde liegende Sachverhalt auch dann nicht zum Gegenstand einer Eventualfrage gemacht werden, wenn er nach Ansicht einer Partei rechtlich anders zu beurteilen ist, als es in der Hauptfrage zum Ausdruck gebracht wurde. Vielmehr kann der Angeklagte im Falle der Bejahung einer solchen Frage, wenn er sich durch die rechtliche Beurteilung des Wahrspruches der Geschworenen seitens des Schwurgerichtshofes beschwert erachtet, nur den Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs 1 StPO geltend machen (vgl Mayerhofer, StPO4 E 9 zu § 314). Auf die hier vom Beschwerdeführer problematisierte Eignung des Vorrats an Kampfmitteln, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, ist als Rechtsfrage somit nur im Rahmen der Erledigung der Rechtsrüge (Z 12) einzugehen.

Entgegen dem gegen die Rechtsbelehrung erhobenen Einwand (Z 8) stellt, wie im folgenden noch näher auszuführen sein wird, Sprengstoff bereits als solcher ein Kampfmittel dar. Ob es für dessen tatsächliche Einsetzbarkeit zusätzlicher Vorrichtungen (Zünder) bedarf, ist für die Tatbestandsmäßigkeit iS des § 280 StGB ohne Bedeutung. Dies wird in der Rechtsbelehrung (S 2) unmißverständlich klargestellt und widerspricht auch keineswegs der vom Beschwerdeführer zitierten Judikatur (Mayerhofer/Rieder, StGB4 E 3 zu § 280), wonach die Größe des Vorrats lediglich nach der zur Tatzeit vorhandenen Menge an Kampfmitteln ohne Berücksichtigung laufender Zu- und Abgänge zu beurteilen ist.

Der Rechtsrüge (Z 12) zuwider ist die auf die im Spruch angeführten Kampfmittel eingeschränkte (§ 57 StPO; S 485/I) Anklagetat im Urteil einer rechtsrichtigen Gesetzesauslegung unterzogen worden. Abgesehen davon, daß die Zahl zehn nur als Richtwert dafür anzusehen ist, ab wann von einer "größeren Zahl" von Menschen gesprochen werden kann (Leukauf/Steininger, Komm3 § 280 RN 4 a), übersieht der Angeklagte, daß nicht erst eine Kombination von Sprengstoff und Sprengkette (elektrischer Zünder, Sprengkapseln und Zündschnüre), sondern schon der Sprengstoff für sich allein ein Kampfmittel im Sinn des § 280 StGB darstellt (vgl jeweils zu § 280 StGB: Reissig/Kunst, StGB3 Anm 4; Steininger in WK Rz 10; Leukauf/Steininger, Komm3 RN 3).

Mt dem Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen für Schießwesen (S 483/I ff iVm ON 27) wird die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Nichtigkeitswerber den Nachweis eines Rechtsirrtums nicht durch den Vergleich des Wahrspruches mit dem darauf angewendeten Gesetz führt.

Aber auch als Tatsachenrüge (Z 10 a) schlägt dieser Einwand nicht durch. Mag auch der Sachverständige - die Rechtslage verkennend - von acht Kampfmitteln (einschließlich drei aus dem Sprengstoff und den Zündketten herstellbaren) ausgegangen sein (S 483/I), so bestehen doch aufgrund seiner Ausführungen, wonach die Menge von 500 Gramm des hochbrisanten plastischen Sprengstoffs ausreichend ist, im Falle des Vorhandenseins von zusätzlichen Zündmitteln (über die drei erwähnten Sprengladungen hinaus) noch weitere Kampfmittel herzustellen (S 375/I), bzw mit der vorhandenen Sprengstoffmenge 20 Handgranaten gefüllt werden könnten (S 483/I), keine Bedenken gegen die im Wahrspruch getroffenen Feststellungen über die Begehung der Tat mit Beziehung auf einen nach Art und Umfang zur Ausrüstung einer größeren Zahl von Menschen zum Kampf geeigneten Kampfmittelvorrat.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht als erschwerend die "zum Teil qualifiziert einschlägigen Vorstrafen" des Angeklagten, als mildernd sein Geständnis. Davon ausgehend verhängte es eine (unbedingte) Freiheitsstrafe von zwei Jahren.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung anstrebt, ist berechtigt, weil das Geschworenengericht unberücksichtigt gelassen hat, daß die Menge der vom Angeklagten angesammelten und bereitgehaltenen Kampfmittel an der tatbildlichen Untergrenze gelegen ist, weshalb die mit zwei Dritteln der Höchststrafe ausgemessene Sanktion überhöht erscheint. Der unrechtsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) und den aktuellen Präventionserfordernissen wird vielmehr schon eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwanzig Monaten durchaus gerecht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.