JudikaturJustiz14Os186/08x

14Os186/08x – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2009 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Burgunde H***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 29. Oktober 2008, GZ 12 Hv 132/08p 8, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Burgunde H***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie „von April 2005 bis 20. April 2008 in M***** die ihr von der S***** AG dienstvertraglich, sohin durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, als Alleinverantwortliche für die Führung der Debitorenbuchhaltung und der Hauptkasse der Zweigniederlassung M***** über fremdes, der vorbezeichneten Gesellschaft gehöriges Vermögen zu verfügen oder diese zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch der genannten Gesellschaft einen Vermögensnachteil zugefügt, indem sie wiederholt Warenlieferungen der S***** AG, Zweigniederlassung M*****, an Helmut L***** trotz fehlenden Zahlungseingangs als bezahlt ausbuchte, wobei sie durch die Tat einen 50.000 EUR übersteigenden Schaden in Höhe von zumindest 68.331,94 EUR herbeiführte."

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.

Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichts umfasste das Aufgabengebiet der Angeklagten bei der S***** AG, Zweigniederlassung M***** - im Folgenden kurz S***** AG genannt - vornehmlich die alleinverantwortliche Führung der Debitorenbuchhaltung und der Hauptkasse. Sie hatte von der Bereichsleitung den Auftrag erhalten, die zeitgerechte Bezahlung von Wochenfakturen des abgesondert verfolgten Helmut L*****, der in B***** als S***** Kaufmann einen Lebensmittelmarkt betreibt, zu kontrollieren und sicherzustellen. Ihr kam (ua) die Prüfung des Einlangens von vorab per Fax übermittelten Bestätigungen sämtlicher zu leistender Einzahlungen und des tatsächlichen Geldeingangs auf dem Bankkonto der S***** AG sowie die richtige Verbuchung aller Forderungen gegen und Zahlungen des Helmut L***** zu.

Jener hatte aufgrund hoher Schulden in der Vergangenheit und dadurch bedingter negativer Bonität die wöchentlichen Rechnungen mittels Überweisung zu bezahlen und vorab den Einzahlungsbeleg an die S***** AG zu faxen. Burgunde H***** hätte Verstöße gegen diese Zahlungsvereinbarung umgehend dem Bereichsleiter Alfred O***** melden müssen.

In Kenntnis ihrer speziellen Verpflichtungen missbrauchte die Angeklagte jedoch im Debitorenfall des Helmut L***** ihre berufliche Stellung bzw „rechtsgeschäftliche Verfügungsmacht" bei der S***** AG, indem sie von April 2005 bis 20. April 2008 in 23 - im Urteil lediglich durch Verweis auf eine Seite des polizeilichen Anlassberichts dargestellten - Fällen von Herbert L***** nicht vorgenommene Zahlungen buchhalterisch fingierte, wobei sie den Eintritt einer Vermögensschädigung zum Nachteil der S***** AG zumindest billigend in Kauf nahm.

Wie die Beschwerdeführerin zutreffend einwendet, unterfällt das ihr vorgeworfene Verhalten nicht dem Tatbestand der Untreue nach § 153 StGB, weil der Angeklagten nach dem Urteilssachverhalt - unbeschadet der verfehlten Formulierung, sie habe als Buchhalterin „rechtsgeschäftliche Verfügungsmacht" besessen - die Befugnis, über fremdes Vermögen, nämlich über jenes der S***** AG zu verfügen oder dieses Unternehmen zu verpflichten, gar nicht zukam.

Die Tathandlung der Untreue liegt nämlich in einer missbräuchlichen Vornahme (oder Unterlassung) eines Rechtsgeschäfts oder einer sonstigen Rechtshandlung. Die dem Täter eingeräumte Befugnis muss wenigstens ein Minimum rechtlicher Verfügungs- oder Verpflichtungsmacht über fremdes Vermögen enthalten. Ermächtigungen zu bloß faktischen Tätigkeiten scheiden daher aus ( Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 20; RIS Justiz RS0094733). Gleiches gilt, wenn der Täter im Außenverhältnis keine den Machtgeber verpflichtende Vermögensverfügung getroffen, sondern lediglich intern die Entscheidung der zuständigen Organe - wie hier die Vornahme weiterer Warenlieferungen an Herbert L***** - maßgeblich beeinflusst und somit einen Akt vorbereitender Tätigkeit gesetzt hat (vgl JBl 1983, 545 = SSt 54/42), weil die Heranziehung zu solchen unterstützenden Tätigkeiten, worunter auch die Kontrolle von Zahlungseingängen und ihre den Tatsachen entsprechende Verbuchung fallen, keine tatbestandsmäßige Befugnis begründet (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 Rz 13; SSt 53/57).

Demnach fehlt es fallbezogen an einem wesentlichen Tatbestandsmerkmal des § 153 StGB, weshalb die Strafbarkeit der Angeklagten nach dieser Bestimmung ausscheidet.

Wie die Beschwerde - trotz des inhaltlich dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO entsprechenden Antrags auf Freispruch - selbst (wenngleich unsubstanziiert) einräumt, ist jedoch die Subsumtion des Verhaltens der Angeklagten unter den Tatbestand einer anderen strafbaren Handlung denkbar, nämlich des - unmittelbar von Helmut L***** begangenen - Verbrechens des qualifizierten Betrugs nach §§ 146 ff StGB als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB. Helmut L***** steht nämlich seinerseits im Verdacht, Verfügungsberechtigte der S***** AG durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit im Zeitraum 2005 bis 2008 zu wöchentlichen Warenlieferungen verleitet zu haben, wodurch jener ein Schaden von mehr als 50.000 EUR entstanden sei (AZ 7 St 79/08d der Staatsanwaltschaft Klagenfurt).

Da es insofern aber an der erforderlichen Feststellungsgrundlage mangelt, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Rechtssätze
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