JudikaturJustiz14Os152/02

14Os152/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der beim Bezirksgericht Hall zum AZ 3 U 59/02w anhängigen Strafsache gegen Anto G***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB über die vom Generalprokurator gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 14. Juni 2002, AZ II Bl 187/02 (ON 26), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und des Verteidigers, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 14. Juni 2002, AZ II Bl 187/02 (ON 26), verletzt § 454 StPO iVm § 77 StPO.

Text

Gründe:

Die Hauptverhandlung vom 3. Mai 2002 wurde auf den 8. Mai 2002 vertagt, wobei der anwesende Beschuldigte Anto G***** den Termin unter Ladungsverzicht zur Kenntnis nahm (S 115). Da er zur fortgesetzten Hauptverhandlung nicht erschien, beschloss der Richter deren Vertagung auf den 16. Mai 2002 zur Vorführung des Beschuldigten (S 133).

Der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschuldigten gab das Landesgericht Innsbruck mit der wesentlichen Begründung Folge, dass gemäß § 79 Abs 1 StPO die Vorladung zur Hauptverhandlung erster Instanz dem Beschuldigten selbst zuzustellen sei. Dessen Verständigung vom Hauptverhandlungstermin durch Sicherheitsorgane sei ebenso wenig ein gültiger Zustellvorgang wie die mündliche Mitteilung eines weiteren Verhandlungstermins in der Hauptverhandlung. Nicht nur die Zustellung (gemeint: Ladung) zur ersten, sondern auch zu jeder weiteren Hauptverhandlung müsse an den Beschuldigten durch persönliche Zustellung einer den Bestimmungen des § 221 Abs 1 StPO entsprechenden Ladung erfolgen (S 172).

Rechtliche Beurteilung

Diese Beschwerdeentscheidung des Landesgerichtes Innsbruck steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

§ 454 StPO schreibt für das bezirksgerichtliche Verfahren vor, dass der Beschuldigte - außer dem Fall seiner Verhaftung - durch einen schriftlichen Befehl zur Hauptverhandlung vorzuladen ist, wobei diese Pflicht auch durch einen erklärten Ladungsverzicht nicht berührt wird. Dies gilt jedoch allein für die erste Hauptverhandlung. Ein - bei Vertagung nach mündlicher Verkündung des Termins der fortgesetzten Verhandlung - vom Beschuldigten abgegebener Verzicht auf eine schriftliche Ladung ist demnach zulässig und wirksam, weil eine solche prozessleitende Verfügung gemäß § 77 Abs 1 StPO auch durch mündliche Verkündung erfolgen kann (Rainer WK-StPO § 454, Rz 6; Mayerhofer StPO4 § 221 E 25 f und § 454 E 4; Foregger/Fabrizy StPO8 § 454 Rz 1).