JudikaturJustiz14Os132/02

14Os132/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Dezember 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Dezember 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Bernhard F***** und Günter T***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 14. März 2002, GZ 20 Hv 1119/01z-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mag. Bernhard F***** wurde des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt (A), Günter T***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (B/1), des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (B/2) und des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1, Abs 2 Z 1 und Z 2 und Abs 3 StGB (B/3).

Darnach haben in T*****

A) Mag. Bernhard F***** von 7. Mai 2001 bis 31. Juli 2001 in sechs

Angriffen ihm als Postamtsleiter zur Auszahlung an Kunden anvertraute 420.000 S dem Günter T***** als Darlehen überlassen, demnach sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder den Dritten unrechtmäßig zu bereichern;

B) Günter T*****

1. von Frühjahr 1999 bis 6. Mai 2001 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in zahlreichen Angriffen Mag. Bernhard F***** durch Vortäuschen seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Zuzählung von Darlehensbeträgen von insgesamt 422.000 S verleitet, wodurch Mag. F***** in einem 25.000 S übersteigenden Betrag geschädigt wurde;

2. Mag. Bernhard F***** - teils durch das zu B/3 geschilderte Verhalten - zur Ausführung der unter Punkt A) dargelegten strafbaren Handlung bestimmt;

3. Ende Juni 2001 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Mag. Bernhard F***** durch die Drohung, ansonsten die Geschäftsleitung der Österreichischen Post AG von dessen Veruntreuung in Kenntnis zu setzen, also mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Bedrohten, zu deren Fortsetzung genötigt, wobei er die Erpressung gegen Mag. F***** längere Zeit hindurch fortsetzte und die Tat einen Selbstmordversuch des Genötigten zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil haben Mag. Bernhard F***** aus Z 5, 9 lit a und b, Günter T***** aber aus Z 3, 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen. Diesen Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mag. Bernhard F*****:

Schon bei Zueignungshandlungen für entnommene Beträge im Besitz einer Kreditzusage gewesen zu sein, behauptet der Angeklagte, welcher gleichzeitig mangelnde Präsenz eines vom Willen eines anderen abhängigen Deckungsfonds zugesteht, nicht (Z 5). Soweit die Beschwerde dessen ungeachtet fehlende Erörterung einer Darlehenszusage der SPK T***** rügt, ist sie unschlüssig. Ebensowenig am Verfahrenrecht ausgerichtet ist sie, soweit offenbar unzureichende Begründung nur aus dem resümierenden Schlusssatz der Beweiswürdigung und nicht aus dieser selbst abgeleitet wird.

Welche Feststellungen zur subjektiven Tatseite die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst, macht sie nicht deutlich. Warum bei der polizeilichen Vernehmung angegebene Bemühungen um einen Kredit einen präsenten Deckungsfonds indizieren sollten, wird ebensowenig klar. Welche von § 11 StGB für den Ausschluss der Zurechnungsfähigkeit verlangte seelische Störung klärender Feststellungen entbehrt, spricht die Rechtsrüge (Z 9 lit b) nicht deutlich an. Schließlich behauptet sie nicht mit Bestimmtheit, dass ein Selbstmordversuch vorausgegangene Vermögensdelinquenz entschuldigt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Günter T*****:

Die Verfahrensrüge (Z 3) nennt weder ein Protokoll noch ein sonstiges, die Aussage eines Zeugen oder Mitbeschuldigten beinhaltendes amtliches Schriftstück noch eine technische Aufnahme hierüber und auch kein Gutachten eines Sachverständigen, deren Vorführung gegen § 252 Abs 1 StPO verstoßen haben soll, sodass sie sich insoweit einer sachbezogenen Erörterung entzieht (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO).

Unschlüssig aber ist die nur auf das Protokoll über die Hauptverhandlung im vorliegenden Strafverfahren gestützte Behauptung, dass die Schöffen nicht nach § 240a StPO beeidet worden seien. Denn jede davor im Jahr 2002 erfolgte Beeidigung entspräche dem gesetzlichen Erfordernis, ohne dass diese im Protokoll über die Hauptverhandlung vom 14. März 2002 ihren Niederschlag zu finden hätte (§ 240a Abs 3 StPO).

Dass der Hinweis T***** gegenüber Mag. F*****, er sei bei der Postdirektion gewesen, habe dessen Vorgangsweise ohne Namensnennung dargelegt und die Versicherung erhalten, dass jemand, der "in die Kasse greife, seinen Job verliere" (US 8; B/3), im Zusammenhang mit einer Geldforderung als Drohung mit einer entsprechenden Anzeige zu verstehen war, liegt auf der Hand und bedurfte mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) keiner Erörterung. Schon weil mit dem Urteilshinweis, wonach T***** "klar" gewesen sei, "dass er Mag. F***** dadurch die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz androhte", keine beweiswürdigende Erwägung, sondern eine tatsächliche Feststellung festgehalten wird, kann von einer "Scheinbegründung" nicht die Rede sein. Nichts anderes gilt vom vorletzten Absatz in US 9 (B/1 und 3). Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den Bedeutungsinhalt der zu B/3 ausgestoßenen Drohung übergeht, verfehlt sie die erforderliche Ausrichtung am Verfahrensrecht. Die Eignung einer Drohung, dem Bedrohten begründete Besorgnis einzuflößen, ist Gegenstand rechtlicher Beurteilung und nicht - als fehlend bemängelter - tatsächlicher Feststellungen (Jerabek in WK2 § 74 Rz 34). Welche Feststellungen der Beschwerdeführer im Übrigen vermisst, macht er nicht deutlich; soweit er die getroffenen beweiswürdigend in Frage stellt, verfehlt er auch insoweit die Anfechtungskriterien. Dass Bedrohte generell schuldlos Vermögensdelikte begehen dürfen, um die Forderungen des Drohenden zu erfüllen, behauptet selbst die Beschwerde nicht.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) bemängelt einerseits erneut - und bloß pauschal - das Fehlen "entsprechender" Feststellungen zu B/3, ohne diese deutlich und bestimmt zu benennen und stellt andere - unzulässig - beweiswürdigend in Frage, während die Sanktionsrüge überhaupt auf jedes Argument verzichtet.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet auf § 390a StPO.