JudikaturJustiz14Os110/19m

14Os110/19m – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Dr. Bachner Foregger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Setz Hummel in Gegenwart des Schriftführers Bodinger in der Strafsache gegen Roland W*****, MA, wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 24. April 2019, GZ 20 Hv 9/19b 14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roland W*****, MA, des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (2) sowie der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (1) und der gefährlichen Drohung nach § 107 (ersichtlich gemeint: Abs 1 [US 11]) StGB (3) schuldig erkannt.

Danach hat er am 19. Oktober 2018 in L*****

1/ Polizeibeamte durch gefährliche Drohung zumindest mit einer Körperverletzung an einer Amtshandlung, nämlich der Feststellung seiner Identität, zu hindern versucht, indem er im Zuge einer an ihm vorgenommenen Personendurchsuchung gegenüber den Polizeibeamten Michael B***** und Benjamin K***** äußerte, „wenn das so ist, dann greife ich zur Puffn, vielleicht führe ich ja eine bei mir“, wobei er in den Fußbereich seines Pkw deutete;

2/ im Anschluss an die von Punkt 1 erfasste Tat mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an dessen Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, K***** (zu ergänzen: wissentlich [US 6]) zu bestimmen versucht, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, durch Unterlassen einer Anzeigeerstattung zu missbrauchen, indem er äußerte, dass „ein Deal gemacht werden könnte; ihr habt nichts gesehen und ich hab nichts gemacht und ihr lasst mich gehen“;

3/ B***** und K***** durch die Äußerung, „wenn ich euch wiedersehe und keine Achter mehr oben habe, haue ich euch eine in die Goschn“ gefährlich zumindest mit einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 10a und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Darstellung einer Diversionsrüge (Z 10a) ist – unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Diversionsvoraussetzungen – auf Basis der Gesamtheit des Urteilssachverhalts methodisch korrekt zu entwickeln (RIS Justiz RS0124801).

Diese Vorgaben verfehlt das zu diesem Nichtigkeitsgrund erstattete Vorbringen, indem es die vom Schuldspruch 3 erfasste Äußerung als „Unmutsäußerung“ (vgl demgegenüber US 5 f [wonach es sich um eine ernst gemeinte Drohung gehandelt habe]) und die versuchte Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt (2) als „bloßen Vorschlag“ abtut.

Zudem hat das Erstgericht – dem weiteren Vorbringen zuwider – keineswegs nur pauschal auf die, einer Diversion entgegenstehenden, generalpräventiven Bedürfnisse hingewiesen, sondern das Vorliegen dieses Diversionshindernisses (§ 198 Abs 1 letzter Halbsatz StPO) mit auf den Einzelfall bezogenen Überlegungen bejaht (US 12).

Weshalb es mit Blick auf den – zu Recht angenommenen (US 12) – Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 1 StGB von Bedeutung sei, ob mehrere strafbare Handlungen durch eine oder mehrere Taten begangen werden, legt das weitere Vorbringen nicht methodengerecht dar (vgl auch § 28 Abs 1 StGB).

Im Übrigen kommt in der – im Vergleich zu anderen diversionstauglichen Straftaten – hohen Strafdrohung von Missbrauch der Amtsgewalt eine gesetzliche Vorbewertung des (hohen) Unrechts- und Schuldgehalts zum Ausdruck, angesichts derer die Voraussetzung des § 198 Abs 2 Z 2 StPO nur bei geradezu atypisch geringer Schuld erfüllt wäre (RIS Justiz RS0116021 [T8, T12, T17 und T24]). Dagegen spricht hier auch der – vom Erstgericht nicht zum Nachteil des Angeklagten in Anschlag gebrachte – Umstand, dass dieser als Polizeibeamter Kollegen durch die zu 1 und 2 inkriminierten Taten von gebotenen Amtshandlungen abzubringen trachtete.

Die Sanktionsrüge (Z 11) enthält mit der Kritik an der Nichtanwendung der außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 StGB) bloß ein Berufungsvorbringen (RIS Justiz RS0099839). Dass das Erstgericht das Vorliegen der Voraussetzungen hiefür „nicht einmal geprüft“, somit keine rechtlichen Erwägungen dazu angestellt habe, begründet ebenso wenig Nichtigkeit (RIS Justiz RS0117723; Ratz , WK StPO § 281 Rz 681 und 728).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.