JudikaturJustiz14Os109/94

14Os109/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. August 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.August 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Schindler, Dr.Rouschal und Dr.E.Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Krumholz als Schriftführerin, in der Medienrechtssache der Antragstellerin Dkfm.Dr.Maria Sch***** gegen die Antragsgegnerin F***** wegen §§ 14 ff MedienG, AZ 9 d E Vr 11.615/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß vom 1.Dezember 1993 (ON 32) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy, des Vertreters der Antragstellerin, Dr.Zöchbauer, und des Vertreters der Antragsgegnerin, Mag.Macholt, zu Recht erkannt:

Spruch

Durch den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Dezember 1993, GZ 9 d E Vr 11.615/92-32, ist insoweit, als der Antragsgegnerin für die Nichtveröffentlichung der ihr mit Urteil vom 3. November 1992 aufgetragenen Entgegnung in den Rundfunkbelangsendungen vom 16.November 1992 (im Programm Ö 1) und vom 17.November 1992 (im Programm Ö 2) je eine Geldbuße von 3.000 S auferlegt wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 20 Abs 1 MedienG in der vor Inkrafttreten der Mediengesetznovelle 1992, BGBl 1993/20, in Geltung gestandenen Fassung (iVm Art III Abs 3 dieser Novelle) verletzt worden.

Dieser Beschluß, der im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Verhängung der die Belangsendungen vom 16. und 17.November 1992 betreffenden Geldbußen und im hierauf bezogenen Teil des Kostenausspruches aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag der Dkfm.Dr.Maria Sch*****, der Antragsgegnerin F***** für die Ausstrahlung der Belangsendung am 16.November 1992 im Hörfunkprogramm Ö 1 und am 17.November 1992 im Hörfunkprogramm Ö 2 ohne Veröffentlichung der mit Urteil vom 3.November 1992 aufgetragenen Entgegnung die Zahlung von Geldbußen an die Antragstellerin aufzuerlegen, wird abgewiesen.

Gemäß § 19 Abs 3 und Abs 4 MedienG werden der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens über diesen Antrag auferlegt.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3.November 1992, GZ 9 d E Vr 11.615/92-6, insoweit bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25.August 1993, AZ 27 Bs 196/93 (= ON 26), wurde in der Medienrechtssache der Antragstellerin Dkfm.Dr.Maria Sch***** gegen die Antragsgegnerin F***** gemäß § 17 Abs 1 zweiter Satz MedienG der Antragsgegnerin unter der Sanktion des § 20 MedienG die Veröffentlichung einer Entgegnung auf Belangsendungen der Antragsgegnerin in den Hörfunkprogrammen Ö 1 und Ö 2 spätestens in der zweiten Belangsendung nach Urteilsverkündung in der im § 13 MedienG vorgeschriebenen Weise aufgetragen.

Wegen Nichtveröffentlichung dieser Entgegnung in den Belangsendungen vom 16.November 1992 und 23.November 1992 in Ö 1 sowie vom 17. November 1992 und 24.November 1992 in Ö 2 wurde der Antragsgegnerin mit Beschluß vom 1.Dezember 1993 (ON 32) in Stattgebung der von der Antragstellerin am 1. und 10.Dezember 1992 überreichten Anträge (ON 8 und 13) eine an die Antragstellerin zu bezahlende Geldbuße in der Höhe von 3.000 S je Sendetermin auferlegt und ihre Kostenersatzpflicht gemäß § 389 StPO ausgesprochen. Dieser Beschluß erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Ein Antrag auf Nachsicht der Geldbußen wurde mit Beschluß vom 28.Februar 1994 (ON 37) kostenpflichtig abgewiesen. Über eine hiegegen von der Antragsgegnerin erhobene Beschwerde (ON 41) wurde vom Oberlandesgericht Wien bisher nicht entschieden, weil dieses die Akten unter Äußerung rechtlicher Bedenken gegen den die Geldbuße auferlegenden Beschluß (ON 32) der Generalprokuratur vorgelegt hat.

Aktenkundig ist, daß die jeweils ersten drei Belangsendungen der Antragsgegnerin nach dem erstgerichtlichen Urteil vom 3.November 1992 im ersten Programm des Österreichischen Rundfunks am 9., 16. und 23. November 1992 und im zweiten Programm am 10., 17. und 24.November 1992 ausgestrahlt wurden.

Die Auferlegung von Geldbußen für die Unterlassung der Veröffentlichung an den Sendeterminen 16. und 17.November 1992 entspricht - wie die Generalprokuratur in ihrer Wahrungsbeschwerde zutreffend aufzeigt - nicht dem Gesetz:

Nach § 20 Abs 1 MedienG in de vor Inkrafttreten der Mediengesetznovelle 1992, BGBl 1993/20, am 1.Juli 1993 geltenden Fassung hatte das Gericht, wenn dem gerichtlichen Auftrag zur Veröffentlichung einer Entgegnung (nachträglichen Mitteilung) nicht rechtzeitig oder nicht gehörig entsprochen wurde, auf Verlangen des Antragstellers dem Antragsgegner nach dessen Anhörung für das Erscheinen jeder Nummer oder für jeden Sendetag ohne gehörige Veröffentlichung nach dem im § 13 Abs 1 (§ 17 Abs 3) bezeichneten Zeitpunkt die Zahlung einer Geldbuße bis 5.000 S an den Antragsteller aufzuerlegen. Nach den durch die Mediengesetznovelle 1992 (abgesehen von der Verwendung des Begriffes "Gegendarstellung" statt "Entgegnung") nicht berührten Bestimmungen des § 21 MedienG sind die §§ 9 bis 20 dieses Gesetzes auf Belangsendungen (§ 5 des Bundesgesetzes vom 10.Juli 1974, BGBl Nr 397) mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Entgegnung (nachträgliche Mitteilung) zum ersten oder zweiten dem Gestalter der Belangsendung (Z 2) nach Einlangen des Begehrens zustehenden Sendetermin, liegt jedoch keiner dieser Termine innerhalb von acht Tagen nach Einlangen des Begehrens, zum nächstfolgenden Termin zu veröffentlichen ist (Z 1) und an die Stelle des Sendetages im Sinne des § 20 Abs 1 MedienG der dem Antragsgegner zur Verfügung stehende Sendetermin (Z 3) tritt. Bei sinngemäßer Anwendung des § 13 MedienG auf die vom Gericht angeordnete Veröffentlichung (§ 17 Abs 3 MedienG) ist statt vom Zeitpunkt des "Einlanges des Begehrens" von jenem der Urteilsverkündung auszugehen (Leukauf-Steininger Nebengesetze2 Anm C; Hartmann-Rieder Komm Anm VI und Foregger-Litzka MTA3 Erl II je zu § 17 MedienG).

Nach der Gesetzeslage vor der Mediengesetznovelle 1992 konnte dem Gestalter einer Belangsendung die Geldbuße nach § 20 Abs 1 MedienG sohin erst für die Unterlassung einer gehörigen Veröffentlichung nach dem zweiten nach Urteilsverkündung zustehenden Sendetermin, also frühestens für die Nichtausnützung des dritten auf die Urteilsverkündung folgenden Termins auferlegt werden.

Nach § 20 Abs 1 MedienG in der Fassung der Mediengesetznovelle 1992 gebührt allerdings die Geldbuße (nunmehr bis zu 10.000 S) schon für jeden Sendetag ab dem in § 13 Abs 1 MedienG nF und § 17 Abs 3 MedienG bezeichneten Zeitpunkt, in welchem eine gehörige Veröffentlichung hätte erfolgen sollen; damit wurde die Möglichkeit eröffnet, die Auferlegung einer Geldbuße schon für jenen Sendetag zu erwirken, an welchem die Entgegnung noch (rechtzeitig) veröffentlicht hätte werden können, aber nicht oder nicht gehörig veröffentlicht wurde. Diese Neuregelung erschien dem Gesetzgeber deswegen geboten, weil der Antragsgegner seine Veröffentlichungspflicht ja schon ab und nicht erst nach dem genannten Zeitpunkt verletzt (RV 503 BlgNR 18.GP, 16; Hager-Walenta Persönlichkeitsschutz2, 76).

Nach Art III der Mediengesetznovelle 1992 trat dieses Gesetz zwar mit 1. Juli 1993 in Kraft (Abs 1) und ist in seinen verfahrensrechtlichen Änderungen durch Art I - abgesehen von Änderungen der Zuständigkeit sowie von § 41 Abs 5 nF - auch in zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits anhängigen Verfahren anzuwenden (Art III Abs 4 leg.cit). Die neuen Bestimmungen über die Gegendarstellung sind jedoch nur anzuwenden, wenn das Verlangen nach Veröffentlichung der Gegendarstellung nach dem 1.Juli 1993 gestellt worden ist (Art III Abs 3). Diese Übergangsbestimmung gilt auch für die Durchsetzung des gerichtlichen Auftrags zur Veröffentlichung (§ 20 Abs 1 MedienG). Der noch vor Inkrafttreten der Mediengesetznovelle 1992 erteilte Auftrag und die an seine Nichtbefolgung geknüpfte - im erstgerichtlichen Urteilsspruch ausdrücklich betonte ("unter der Sanktion des § 20 MedienG") - Bußmöglichkeit konnten durch die nachträgliche Gesetzesänderung keine Erweiterung ihres (durch die Bezugnahme auf die bei der Urteilsverkündung in Kraft gestandenen Gesetzesstellen) eindeutig umschriebenen Inhaltes erfahren. Die Annahme einer nach diesem Urteil durch einen Akt des Gesetzgebers erfolgten Ausweitung der Sanktionsmöglichkeit, mit welcher der Antragsgegner auf Grund der Rechtslage zum Zeitpunkt seines Ungehorsams (also der Unterlassung ihm aufgetragener Veröffentlichungen) noch nicht rechnen konnte, würde zudem gegen das mangels anderslautender Anordnungen des Gesetzgebers auch für eine Geldbußenregelung wesensmäßig zivilrechtlicher Natur (JAB 851 BlgNR 18.GP, 8) maßgebliche Rückwirkungsverbot (§ 5 ABGB) verstoßen, mag dieses auch - anders als wesentliche Teile des Inhaltes des § 1 StGB - nicht (durch Art 7 Abs 1 MRK) Verfassungsrang erlangt haben.

Da der demnach anzuwendende § 20 Abs 1 MedienG aF die Verhängung einer Geldbuße erst für einen Sendetag (Sendetermin) ohne gehörige Veröffentlichung nach dem gemäß §§ 13 Abs 1 aF, 17 Abs 3 und 21 Z 1 MedienG bezeichneten Zeitpunkt zuließ, verletzte die Auferlegung der Geldbuße bereits für die jeweils zweiten auf die Urteilsverkündung folgenden Sendetermine, die von der Antragsgegnerin nicht zur Veröffentlichung genutzt wurden, dieses Gesetz zu ihrem Nachteil.

Der dagegen im Gerichtstag vorgetragene Einwand der Antragstellerin, daß es nach der für Belangsendungen geltenden Sonderbestimmung des § 21 Z 1 MedienG nur auf die Anzahl der dem Gestalter der Belangsendung (der Antragsgegnerin) zur Verfügung stehenden Sendetermine schlechthin ankäme und daher nicht nach Programmen zu differenzieren sei, weshalb die Geldbußen ohnedies erst wegen Nichtveröffentlichung der Entgegnung nach dem zweiten Sendetermin - das sei nach dieser Zählung der 10.November 1992 - auferlegt wurden, ist verfehlt. Die Sonderbestimmung des § 21 Z 1 MedienG trägt ua dem Umstand Rechnung, daß der Gestalter einer Belangsendung über die Sendezeit nicht selbständig verfügen kann, weshalb dort nur auf die Sendetermine, nicht aber darauf Bezug genommen wird, innerhalb von welchem von mehreren in Betracht kommenden Programmen die Sendezeit zur Verfügung steht. An der der Sicherstellung des gleichen Veröffentlichungswertes von Veröffentlichung und Entgegnung (Gegendarstellung) dienenden Bestimmung des § 13 Abs 3 MedienG tritt aber im übrigen dadurch keine Änderung ein, weshalb im gegebenen Zusammenhang die Sendetermine programmweise zu zählen sind.

Zur Beseitigung des durch die aufgezeigte Gesetzesverletzung der Antragsgegnerin zugefügten Nachteils waren die entsprechenden Entscheidungen zu treffen (§ 292 letzter Satz StPO).

Rechtssätze
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