JudikaturJustiz14Ns67/19t

14Ns67/19t – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Dezember 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Dezember 2019 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Jäger in der Strafsache gegen Walter D***** wegen der Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB, AZ 34 Hv 7/14y des Landesgerichts Leoben, über den Antrag des Genannten auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Ausführung eines Antrags auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Antrag wird nicht

Folge gegeben.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit am 9. Dezember 2014 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Leoben als Geschworenengericht vom 5. Juni 2014, GZ

34 Hv 7/14y-65, wurde Walter D***** der Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt, die mit Beschluss vom 16. Dezember 2016 aufgrund geleisteter Schadenersatzzahlungen nachträglich auf 19 Jahre gemildert wurde und die er zurzeit verbüßt.

Mit Eingabe vom 7. Jänner 2019 begehrte der Verurteilte unter Hinweis auf seinen „schlechten körperlichen Gesundheitszustand“ eine weitere nachträgliche Strafmilderung gemäß § 31a Abs 1 StGB. Diesen Antrag wies das Landesgericht Leoben mit Beschluss vom 13. Februar 2019, GZ 34 Hv 7/14y 117, ab. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Verurteilten gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 11. April 2019, AZ 1 Bs 31/19x, nicht Folge.

Mit am 11. Oktober 2019 beim Obersten Gerichtshof eingebrachtem Schreiben beantragte D***** die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Einbringung eines Antrags auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO gegen die genannten Beschlüsse des Landesgerichts Leoben und des Oberlandesgerichts Graz.

Dem – abgesehen von der Zitierung des Art 6 MRK jegliches Vorbringen zu einer (weiteren) Konventionsverletzung vermissen lassenden – Antrag kann zufolge offenkundiger Aussichtslosigkeit der angestrebten Prozesshandlung kein Erfolg beschieden werden (RIS Justiz RS0127077).

Denn zum einen ist ein Erneuerungsantrag auch gegen den erstinstanzlichen Beschluss unzulässig (RIS Justiz RS0124739 [T2]).

Zum anderen wäre ein Erneuerungsantrag gegen die Beschwerdeentscheidung wiederum deshalb aussichtslos, weil das Verfahren über eine nachträgliche Strafmilderung nach § 31a Abs 1 StGB nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 MRK fällt (RIS Justiz RS0120049 [T8]) und im vorliegenden Fall eine allfällige (hier weder – zumindest der Sache nach – behauptete noch offenkundige) Grundrechtsverletzung auch nicht auf Art 5 MRK (vgl RIS Justiz RS0122737 [T26]) oder Art 3 MRK (vgl RIS Justiz RS0122737 [T13]) gestützt werden könnte.

Rechtssätze
4
  • RS0122737OGH Rechtssatz

    18. März 2024·3 Entscheidungen

    Bei einem nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrag handelt es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf. Demgemäß gelten alle gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und 2 MRK sinngemäß auch für derartige Anträge. So kann der Oberste Gerichtshof unter anderem erst nach Rechtswegausschöpfung angerufen werden. Hieraus folgt für die Fälle, in denen die verfassungskonforme Auslegung von Tatbeständen des materiellen Strafrechts in Rede steht, dass diese Problematik vor einem Erneuerungsantrag mit Rechts- oder Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 oder Z 10, § 468 Abs 1 Z 4, § 489 Abs 1 zweiter Satz StPO) geltend gemacht worden sein muss. Steht die Verfassungskonformität einer Norm als solche in Frage, hat der Angeklagte unter dem Aspekt der Rechtswegausschöpfung anlässlich der Urteilsanfechtung auf die Verfassungswidrigkeit des angewendeten Strafgesetzes hinzuweisen, um so das Rechtsmittelgericht zu einem Vorgehen nach Art 89 Abs 2 B-VG zu veranlassen. Wird der Rechtsweg im Sinn der dargelegten Kriterien ausgeschöpft, hat dies zur Folge, dass in Strafsachen, in denen der Oberste Gerichtshof in zweiter Instanz entschieden hat, dessen unmittelbarer (nicht auf eine Entscheidung des EGMR gegründeter) Anrufung mittels Erneuerungsantrags die Zulässigkeitsbeschränkung des Art 35 Abs 2 lit b erster Fall MRK entgegensteht, weil der Antrag solcherart „im wesentlichen" mit einer schon vorher vom Obersten Gerichtshof geprüften „Beschwerde" übereinstimmt.