JudikaturJustiz13Os91/96

13Os91/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Oktober 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Klotzberg als Schriftführerin, in der Medienrechtssache des Antragstellers Ing.Erich R***** gegen die Antragsgegnerin M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GesmbH Co KG wegen §§ 14 Abs 1, 18 Abs 1 MedienG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.Jänner 1994, GZ 9 c E Vr 234/94-2, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 30.März 1994, AZ 21 Bs 78/94, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, des Vertreters der Antragsgegnerin Dr.Christian Ebert jedoch in Abwesenheit des Vertreters des Antragstellers zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Ing.Erich R***** beantragte beim Landesgericht für Strafsachen Wien, der M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GesmbH Co KG gemäß § 14 Abs 1 MedienG die Veröffentlichung einer Gegendarstellung wegen eines in der "Kärntner Krone-Neue Kronenzeitung", Ausgabe Nr.12.055 vom 6.Dezember 1993, erschienenen Artikels aufzutragen und ihr gemäß § 18 Abs 1 MedienG die Zahlung einer Geldbuße aufzuerlegen.

Mit Beschluß vom 20.Jänner 1994 (ON 2) stellte dieses Gericht das Verfahren (AZ 9 c E Vr 234/94) unter anderem mit der Begründung ein, der im Impressum nur als Verleger (neben dem Medieninhaber K*****-VerlagsGesmbH Co KG) ausgewiesenen Antragsgegnerin fehle die Passivlegitimation. Wenn dem Impressum wie vorliegend auch ein Medieninhaber entnommen werden könne, müsse ein solcher Antrag gegen diesen gerichtet werden (AS 13 f).

Der dagegen vom Antragsteller erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 30.März 1994, 21 Bs 78/94, nicht Folge. Es stimmte darin der Rechtsansicht des Erstgerichtes bei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen beide Entscheidungen gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Generalprokurators führt zur Begründung im wesentlichen aus:

"§ 14 Abs 1 MedienG bestimmt als Adressat eines auf gerichtliche Anordnung der Veröffentlichung einer Gegendarstellung abzielenden Antrags den "Medieninhaber (Verleger)", worunter nach der Legaldefinition des § 1 Abs 1 Z 8 MedienG derjenige zu verstehen ist, der ein Medienunternehmen (oder, was hier außer Betracht bleiben kann, einen Mediendienst) betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt. Ein Medienunternehmen, das ist ein Unternehmen, in dem die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgt wird und seine Herstellung und Verbreitung besorgt oder veranlaßt werden (§ 1 Abs 1 Z 6 MedienG), kann als Medieninhaber nur "betreiben", wer die in einem solchen Unternehmen vorausgesetzte Verfügungsmacht sowohl hinsichtlich der Herstellung und Verbreitung des Mediums wie auch dessen inhaltlicher Gestaltung innehat. Genau diese Befugnis ist aber auch unabdingbares Kriterium des mediengesetzlichen Verlegerbegriffes, weil das "Inverkehrbringen" von Medienstücken schon begriffsnotwendig auch die Besorgung dieser Angelegenheiten umfaßt. Die alternative Definition des § 1 Abs 1 Z 8 MedienG ("oder sonst") trägt bloß dem Umstand Rechnung, daß Medienwerke nicht nur aus einem Medienunternehmen hervorgehen, sondern auch ohne organisatorischen und technischen Aufwand herausgegeben werden können. Eine wesensmäßige medienrechtliche Differenzierung zwischen dem Medieninhaber einerseits und dem Verleger andererseits wird hiedurch nicht zum Ausdruck gebracht (vgl Hartmann/Rieder MedienG 32 f; EvBl 1984/31).

Der Umstand, daß die Verlegerfunktion ein wesentlichen Merkmal des Medienunternehmens und damit auch des Medieninhabers ist, bedeutet aber nicht, daß bei Vorhandensein eines Medieninhabers das Tätigwerden eines eigenständigen Verlegers ausgeschlossen ist; gerade bei einem in einem vielschichtigen Unternehmenskomplex erzeugten Massenprodukt mit teilweise regional differenzierendem Inhalt (wie der verfahrensgegenständlichen Regionalausgabe einer bundesweit erscheinenden Tageszeitung) ist die unternehmensinterne Abspaltung der Verantwortlichkeit auf verschiedene formell eigenständige Gesellschaften signifikant. Weist das Impressum nun, wie dies beim verfahrensgegenständlichen Medienstück der Fall ist, unterschiedliche Gesellschaften als Medieninhaber und Verleger aus, bleibt es dem von einem Artikel Betroffenen, dem eine Prüfung dahingehend, wer für die Gestaltung dieses Beitrags konkret verantwortlich war, nicht abverlangt wird, angesichts der rechtlichen Gleichstellung in § 14 Abs 1 MedienG unbenommen, entweder den Medieninhaber oder den Verleger als Antragsgegner in Anspruch zu nehmen. Für die vom Landesgericht für Strafsachen Wien und vom Oberlandesgericht Wien eingenommenen Position, daß der Verleger nur subsidiär, dh bei Fehlen eines Medieninhabers, herangezogen werden darf, fehlt die gesetzliche Grundlage."

Demgegenüber ließ sich der Oberste Gerichtshof bei der Klärung des Problems von folgenden Überlegungen leiten:

Bereits das PresseG ging für seinen Geltungsbereich nicht von einem einheitlichen Begriff rechtlicher Verantwortungsträger aus, sondern benützte dafür das Begriffspaar "Eigentümer (Unternehmer)". Mit dem Mediengesetz trat an deren Stelle das Begriffspaar "Medieninhaber (Verleger)" (Hartmann/Rieder MedienG, § 1 Z 8 Anm 1; dieselben Komm z MedienG, § 1 Erl VIII). In Konsequenz dessen wird dieses Begriffspaar vom Mediengesetz durchgängig gebraucht (§§ 1, 5, 6, 7, 7 a, 7 b, 8, 11, 12, 18, 24, 25, 26, 27, 29, 31, 33, 35, 39, 41, 43, 44, 46). Die Gründe, weswegen sich der Gesetzgeber im Bereich des Mediengesetzes nicht nur mit einem einzigen Begriff begnügte, sondern eine Kombination von Vorstellungskonzepten wählte, welche sprachlich und sonst im Rechtsleben verschiedenen Inhalt und Bedeutung haben, sind weder im Gesetz selbst angeführt noch daraus direkt erschließbar. Sie werden jedoch in den Materialien erläutert. Danach ging (zunächst) die Regierungsvorlage von getrennten Begriffen des Medieninhabers und Verlegers aus. Konsequenterweise müßte dies bei zahlreichen Bestimmungen zu der schleppenden Wendung führen, daß dann "wenn das Medienwerk nicht von einem Medienunternehmen verbreitet wird", die jeweilige Bestimmung "auf den Verleger anzuwenden ist". Da die Verlegerfunktion ein wesentliches Merkmal des Medienunternehmens und damit auch des Medieninhabers ist, schlug der Justizausschuß die Zusammenfassung beider Begriffe vor. Damit konnten auch die erwähnten schleppenden Wiederholungen vermieden werden (JAB 1981, 4, zu § 1 Z 6 und 8 in Foregger/Litzka, MTA MedienG3 S 27; siehe auch Hartmann/Rieder Komm z MedienG, aaO).

Schon daraus erhellt, daß dieses Begriffspaar nicht ein identes, für den Bereich des Mediengesetzes wahlweise austauschbares legistisches Konzept beschreibt, an dessen Gebrauch das Gesetz unterschiedslos dieselben Folgen knüpft. Aus den von der Beschwerde zur Problemklärung zu Recht herangezogenen Legaldefinitionen des § 1 Abs 1 Z 6 bis 8 MedienG geht hervor, daß sich der Medieninhaberbegriff auf den gesamten Medienbereich und auf die Mediendienste, der Verlegerbegriff aber ausschließlich auf die Medienwerke (Z 3 leg cit) bezieht, der Medieninhaber somit auf die Fälle, in denen Massenherstellung oder Massenverbreitung von einem Unternehmen ausgeht. Trifft das nicht zu, weil es sich etwa um ein Periodikum handelt, das nur von einigen Personen ohne organisatorischen und technischen Aufwand herausgegeben wird (Schülerzeitung, Vereinszeitung oder Flugblatt), kommt der Begriff des Verlegers zum Tragen. Die inhaltlich gleiche Stellung dieser Begriffe in der von der Beschwerde zitierten Entscheidung EvBl 1984/31 bezieht sich auf die Konsequenz der vom Gesetz daran geknüpften Folgen im Falle des jeweiligen Zutreffens, kann aber bereits nach der vom Gesetz selbst angestellten Definition niemals bedeuten, daß die den beiden Konzepten innewohnenden Inhalte völlig deckungsgleich sind, wenn auch der (nicht mit dem verlagsrechtlichen Verlegerbegriff idente, RV, 41, bei Hartmann/Rieder, MedienG, aaO, Anm 6) Begriff des Verlegers im Sinne des Mediengesetzes zu einem wesentlichen Teil jenen des Medieninhabers überlagert, weil auch der Verleger das Erscheinen von Medienwerken besorgt und das Inverkehrbringen die Besorgung sowohl der inhaltlichen Gestaltung als auch der Herstellung und Verbreitung bedeutet. Als Verleger kommt daher nur in Betracht, wer neben der bloßen Veranlassung oder Besorgung der Verbreitung der Medienwerke auch an der inhaltlichen Gestaltung und Herstellung des Medienwerkes teil hat (Hartmann/Rieder; Komm z MedienG und MedienG, beides aaO).

Das Gesetz führt eine solche Differenzierung auch durch die Vorschriften betreffend das medienrechtliche Impressum nach § 24 MedienG herbei. Nach Abs 1 sind auf jedem Medium Name oder Firma des Medieninhabers (Verlegers) und des Herstellers sowie der Verlags- und Herstellungsort anzugeben. Nach § 40 Abs 1 MedienG gilt als Tatort für Medieninhaltsdelikte der Verlagsort, der im Bereich von Medienunternehmen vielfach mit dem organisatorischen Schwerpunkt eines solchen zusammenfällt, aber mit diesem keinesfalls immer ident sein muß.

Daraus folgt für den zur Prüfung anstehenden Fall:

Medieninhaber und Verleger werden vom Gesetz insoferne gleichgestellt, als darin näher geregelte, idente Folgen entweder für diesen oder für jenen eintreten können. In jenen Fällen, in denen sie das Gesetz als Begriffspaar zusammenfaßt, können solche Folgen für den Verleger nur eintreten, wenn das Erscheinen des Medienwerkes durch Inverkehrbringen der Medienstücke nicht von einem Medienunternehmen als Medieninhaber besorgt wird. Dem im Einzelfall Berechtigten kann, wie die Beschwerde zutreffend ausführt, eine Prüfung, wer für die Gestaltung eines Beitrages konkret verantwortlich war, ebensowenig wie eine inhaltliche Prüfung des Medienwerkes, wer dessen inhaltliche Gestaltung durchfürhte (wie etwa in 24 Bs 41/96 des Oberlandesgerichtes Wien), nicht abverlangt werden. Nennt das Impressum, das vor allem jene Angaben zu enthalten hat, die den von einer Berichterstattung Betroffenen, in die Lage versetzen, seine Ansprüche gegen die richtige Person zu richten und richtig zu adressieren (JAB 1981, 1; bei Foregger/Litzka, aaO, S 156), einen Medieninhaber und einen Verleger, so steht dem Berechtigten nicht die Wahl zu, wem von beiden er in Anspruch nehmen möchte. Gegen eine solche jederzeit freie Wahl spricht auch die wohl ernstlich nicht zu bezweifelnde Tatsache, daß keinesfalls das Begehren nach § 12 MedienG an den Verleger, der folgende bei Gericht gemäß § 14 MedienG gestellte Antrag jedoch gegen den (anderslautenden) Medieninhaber (und umgekehrt) gerichtet sein darf. Auch darf der Verleger nicht gemäß § 14 Abs 3 MedienG die Rechte des Beschuldigten ausüben, wenn Antragsgegner der Medieninhaber ist. Der Betroffene hat sich daher primär an den Medieninhaber zu halten. Die nur für den Fall des Fehlens des Medieninhabers mögliche Heranziehung des Verlegers findet im Gesetz durch den Umstand, daß dieser nach dem Medieninhaber in (runden) Klammern angeführt wird, ihren sinnfälligen Ausdruck. Wird jedoch ungeachtet eines unvollständigen Impressums der tatsächliche Medieninhaber in Anspruch genommen, dann ist den Vorschriften des Mediengesetzes hinsichtlich der Passivlegitimation Genüge getan. Die Publizitätswirkung des Impressums gewährleistet den Schutz des auf seine Richtigkeit gestützten Vertrauens einer von einer Berichterstattung betroffenen Person. Die Konsequenz eines Verstoßes gegen das Gebot der Impressumsklarheit muß der Impressumsverfasser gegen sich gelten lassen, ohne daraus Rechtsnachteile des Verfahrensgegners ableiten zu können (EvBl 1994/95).

Da somit die mit der Beschwerde geltend gemachten Gesetzesverletzungen nicht erfolgt sind, war wie im Spruch zu erkennen.