JudikaturJustiz13Os20/17s

13Os20/17s – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Mai 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz M***** wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 14. Dezember 2016, GZ 34 Hv 100/16h 51, sowie die Beschwerde des Genannten gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuldspruch und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie in der Entscheidung über die Ansprüche der Privatbeteiligten und der zugleich ergangene Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung sowie auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Linz verwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz M***** des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er vom 30. März 2015 bis zum 22. Mai 2015 in L***** und andernorts mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrug längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, Verfügungsberechtigte der I***** GmbH durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, Mobiltelefone als Kundengeschenke zur Auftragsgewinnung im Interesse der Genannten zu benötigen, in zumindest vier Angriffen zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von insgesamt zumindest 13 Mobiltelefonen im Gesamtwert von 9.619,54 Euro verleitet, wodurch die I***** GmbH um diesen Betrag am Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5a und (richtig) 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Wie die Verfahrensrüge (Z 3) zutreffend aufzeigt, wurde vorliegend ein Nichtigkeit begründender Ausschluss der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung (§ 281 Abs 1 Z 3 iVm § 228 Abs 1 StPO) bewirkt:

Nach dem ungerügten Protokoll der am Vormittag des 14. Dezember 2016 begonnenen Hauptverhandlung hat die Vorsitzende die Verhandlung kurz vor 17:00 Uhr für geschlossen erklärt, worauf sich das Schöffengericht zur Urteilsfällung in das Beratungszimmer zurückzog (§ 257 StPO; ON 50 S 61).

Laut der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Auskunft der Vorsitzenden (§ 285f StPO) war das Gericht an diesem Tag wie üblich bis 17:00 Uhr allgemein zugänglich. Das Erstgericht hatte jedoch keine Vorkehrungen getroffen, um potentiellen Zuhörern auch noch nach 17:00 Uhr den Zutritt zum Verhandlungssaal zu ermöglichen (vgl 13 Os 102/11s, SSt 2012/9). Ab 17:30 Uhr verkündete die Vorsitzende das Urteil (ON 50 S 61).

Der Oberste Gerichtshof bezieht die auf die Hauptverhandlung zielenden nichtigkeitsbewehrten Verfahrensgarantien auch auf die Urteilsverkündung. Demgemäß ist die zwingende gesetzliche Anordnung des § 229 Abs 4 StPO dahin zu verstehen, dass deren Verletzung als Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der „Hauptverhandlung“ zu sehen ist und solcherart Urteilsnichtigkeit nach § 228 Abs 1 StPO zur Folge hat (14 Os 55/10k; 13 Os 102/11s, SSt 2012/9 mwN).

Die angefochtene Entscheidung war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wie aus dem Spruch ersichtlich schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO).

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.