JudikaturJustiz13Os161/97

13Os161/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. November 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.November 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Grems als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hayati P***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Murat D***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 18.März 1997, GZ 41 Vr 2451/96-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Murat D***** wurde des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A/1.) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (A/2.) schuldig erkannt, weil er im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit anderen (deshalb mit selbem Urteil rechtskräftig Verurteilten) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch im Urteilsspruch detailliert beschriebene Gewalt am 5.Oktober 1996 in Salzburg einem Mann eine Kellnerbrieftasche mit Bargeld und ein Mobiltelefon wegnahm (Beutewert insgesamt ca 5.200 S und 155 DM; A/1.) und diesem dabei weggenommene Urkunden mit dem Vorsatz, zu verhindern, daß diese im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechten bzw Tatsachen gebraucht werden, unterdrückte (A/2.).

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt die Abweisung des in der Hauptverhandlung (S 219/II) gestellten Antrages auf Einholung eines Gutachtens über eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, daß das Tatopfer durch die Begleitumstände des ihm widerfahrenen "Überfalls" in einen psychovegetativen Ausnahmezustand geriet, deshalb seine Wahrnehmungsfähigkeit vermindert war und eine Tendenz erkennbar sei, durch Leugnen objektiv feststehender Wahrnehmungs- oder Gedächtnisfehler zumindest teilweise tatsächlich Erlebtes und Wahrgenommenes von "nachträglich Reproduziertem oder psychogen Verarbeitetem" nicht auseinanderzuhalten.

Abgesehen davon, daß eine dazu nötige Untersuchung des Zeugen dessen ausdrückliche Zustimmung vorausgesetzt hätte (Mayerhofer StPO4 § 150 ENr 39, 56), die zu erwirken vom Verteidiger gar nicht versucht wurde (vgl aaO Nr 58), hätten durch ganz erhebliche Umstände gestützte objektive Momente vorliegen müssen, die gegen eine Wahrnehmungs- und Wiedergabsunfähigkeit des Zeugen sprechen (aaO Nr 41, 9 Os 107/84 uvm).

Im übrigen wurde im Verlauf der Hauptverhandlung vom medizinischen Sachverständigen auch die vom Opfer und anderen Zeugen gebrauchten Begriffe Panik und Schock für den durch den Raubüberfall beim Opfer ausgelösten Zustand erörtert (S 205/II) und wäre es am Verteidiger gelegen, zum Beweisantrag allenfalls interessierende Fragen an den Zeugen und den Sachverständigen zu richten.

Die Beschwerde führt die Mängel- und die Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) gemeinsam bzw unter Bezugnahme auf wechselweises Vorbringen aus. Sie releviert ausschließlich Umstände, die das Gericht entgegen der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers auf Grund der mit der Verantwortung der Mittäter korrespondierenden Zeugenaussage des Opfers festgestellt hat und versucht insbesondere, dessen Aussage als "zweifelhaft erscheinen" (S 315/II) zu lassen. In weitwendiger Ausführung beschäftigt sich das diesbezügliche Beschwerdevorbringen zunächst mit der Zeugenaussage des Opfers im Hinblick auf die Annahme, daß das Erstgericht zur Frage der Schuld auch zu einer anderen Beurteilung hätte kommen können, womit die Beschwerde das Fehlen der vorschriftsmäßigen Geltend- machung einer Mängelrüge offen einbekennt (Mayerhofer, StPO4 § 258 ENr 42 a).

Ähnliches gilt für behauptete Widersprüche der Aussage des Mitangeklagten Hayati P***** zu anderen Beweisergebnissen oder zu eigener Darstellung, weil diese keineswegs übergangen wurden. Soweit davon die Absprache zum Raub betroffen ist, die nach der Verantwortung dieses Mittäters zustande gekommen sein soll, als die Täter dem Opfer nachliefen (S 21/II), legte das Schöffengericht seinen Feststellungen ohnehin die Verantwortung des Beschwerdeführers selbst, dies sei schon erfolgt, bevor die Täter das Opfer antrafen (S 59 iVm 67/II), zugrunde. Es gelingt der Beschwerde somit auch in diesem Zusammenhang nicht, einen formellen Begründungsmangel aufzuzeigen.

Zur Feststellung des Umstandes schließlich, wer dem Beraubten die Kellnerbrieftasche abnahm, konnte das Erstgericht die mehrmals wiederholte Zeugenaussage des Opfers heranziehen (S 167, 173, 181/II).

Mit den weiters von der Nichtigkeitsbeschwerde ins Spiel gebrachten Sachverhaltsmomenten (Ereignisse auf der Parkbank, wo sich der Angeklagte zunächst zum Opfer setzte, dessen Weglaufen und das Nachlaufen der Täter), die keine entscheidungsrelevanten Umstände betreffen, wird (abermals) der im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Versuch unternommen, die Erwägungen der Tatrichter zum Beweiswert der Verfahrensergebnisse in Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen, ohne einen Begründungsmangel im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzeigen zu können. Die Ausführungen weisen ebensowenig auf aktenkundige Umstände hin, die in der Lage wären, erhebliche Zweifel an den der Schuldentscheidung zugrunde gelegten Feststellungen zu wecken. Sie vermögen auch keine unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommenen Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, weshalb sie unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge gleichfalls nicht zum Ziel führen können.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert den Mangel ausreichender Feststellungen zur inneren Tatseite, übergeht dabei jedoch die bereits im Spruch (A) und den Gründen des Urteils erfolgten Konstatierungen über das Wissen und Wollen des Angeklagten (US 2, 11, 18, 21). Die Beschwerde unterläßt solcherart den zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Ver- gleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz und den auf dieser Basis geführten Nachweis einer rechtsirrtümlichen Beurteilung durch das Erstgericht.

Insgesamt war daher die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).