JudikaturJustiz13Os16/97

13Os16/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. März 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Miljevic als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred A***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall sowie 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Alfred A***** und Josef B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 22.November 1996, GZ 30 Vr 1147/96-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches ansonsten unberührt bleibt, im Ausspruch, daß der (teils nur versuchte) Betrug gewerbsmäßig und mit einem 25.000 S übersteigenden Betrag begangen worden sei und demgemäß in der Unterstellung der Taten unter die (Verbrechens )Qualifikation der §§ 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (hinsichtlich Alfred A*****) und der §§ 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (hinsichtlich Josef B*****) sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz zurückverwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Angeklagten fallen auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil ihrer Nichtigkeitsbeschwerden entfallenden Kosten zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden

1. Alfred A***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie

2. Josef B***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben die beiden Angeklagten in Mattighofen, Mauerkirchen und Moosbach im Frühjahr 1995 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung eines Urkundenbetrugs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, einen sogenannten Kettenbrief an 300 - Alfred A***** allein an weitere 1190 - (großteils unbekannte) Adressaten gerichtet, in welchem sie ein bereits bis zur fünften Spielergeneration fortgeschrittenes, nach dem Schneeballsystem funktionierendes Gewinnspiel durch Anführung frei erfundener Namen von Mitspielern und Beifügen eines fingierten Beleges über eine zuletzt auf das Konto des jeweils ersten Mitspielers geleistete Zahlung vortäuschten und verschwiegen, daß der von den Adressaten zur Einzahlung auf das Konto des erstgereihten Mitspielers geforderte Spieleinsatz von 500 S deshalb den Angeklagten zufließen würde, weil tatsächlich diese über die den Namen der vorgeblichen Mitspieler zugeordneten Konten verfügungsberechtigt waren, wodurch ein Schaden

1) von insgesamt 4.500 S herbeigeführt wurde und

2) a) hinsichtlich Alfred A***** in der Höhe von 745.000 S,

b) hinsichtlich Josef B***** in der Höhe von mehr als 25.000 S herbeigeführt werden sollte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten aus Z 5 sowie 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO eine gemeinsam ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen.

Soweit sich die Mängelrüge (Z 5) gegen die jeweilige Schadensqualifikation und die Annahme der Gewerbsmäßigkeit richtet, kommt ihr Berechtigung zu:

Sie zeigt zutreffend auf, daß das Urteil für die Gewerbsmäßigkeit nur die in den Briefen enthaltene Aufforderung an die Adressaten, ihrerseits weitere Mitspieler zu gewinnen, ins Treffen führt und solcherart jede Begründung für die den Angeklagten unterstellte Absicht auf wiederkehrende Begehung der Tat schuldig bleibt. Selbst eine große Anzahl (in wenigen Angriffen) versendeter Briefe zeigt keineswegs zwingend die von § 70 StGB geforderte Wiederholungsabsicht auf (vgl Mayerhofer/Rieder StGB4 § 70 E 5 und 33).

Gleichermaßen mangelhaft erweist sich die Begründung des auf die jeweilige Schadenshöhe gerichteten Vorsatzes. Der Wille, beim Getäuschten einen Geldbetrag in bestimmter Höhe zu verlangen, läßt in der Tat für sich allein noch keinen Schluß darauf zu, daß der Täter den Erfolg seines Verlangens als naheliegend ansieht (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 5 RN 16). Diese unabdingbare Prämisse für die vorgenommene Schadenszurechnung wird stillschweigend vom Erstgericht unterstellt, ohne sich mit der im Urteil selbst zitierten (US 9) allgemeinen gegenteiligen (Lebens-)erfahrung und der sich damit im wesentlichen deckenden Verantwortung der Angeklagten (vgl AS 145, 149 und 203 f) auseinanderzusetzen.

Im übrigen geht die Beschwerde fehl.

Zu Unrecht behauptet die Mängelrüge (Z 5), die Tatrichter hätten die Annahme des Betrugsvorsatzes ausschließlich auf die Verantwortung der Angeklagten gestützt. Diese wurde vielmehr aus dem äußeren Geschehensablauf und der Tatsache abgeleitet, daß die Angeklagten ihrerseits darauf verzichtet hatten, an jenem Spiel teilzunehmen, welches sie zu ihrem betrügerischen Vorgehen angeregt hatte (US 10).

Die Feststellung, wonach die Angeklagten die Zahlungen von "fünf Nachfolgegenerationen" erhalten hätten, steht angesichts ihres konditionalen Charakters mit der Erwartung eines raschen Absterbens des Spieles nicht im Widerspruch (US 9).

Da die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe mit voller Deutlichkeit zum Ausdruck kommende Feststellung des Schädigungsvorsatzes (vgl US 9, 10 und 12) und die Annahme, daß nach der Anlage des "Spieles" hinsichtlich sämtlicher Adressaten mit einem Rückfluß auch nur deren Einsatzes von vornherein nicht zu rechnen war, außer Betracht läßt, verfehlt sie einen allein zielführenden Vergleich des Urteilssachverhaltes mit dem Gesetz.

Auch die (nominell aus Z 9 lit b erfolgte) Geltendmachung eines (mit dem Begriff des - unbeachtlichen - Subsumtionsirrtums vermengten) Rechtsirrtums negiert die in der Gesamtheit der Urteilsgründe klar zutage tretende gegenteilige Überzeugung der Tatrichter und übergeht zudem, daß nicht das Veranstalten eines Pyramidenspieles an sich (vgl hiezu den durch das StRÄG 1996 [BGBl 1996/762] neu eingeführten § 168a StGB), vielmehr das betrügerische Vortäuschen, ein solches sei bereits bis zur "fünften Generation" fortgeschritten, dem Schuldspruch zugrunde liegt.

Den Nichtigkeitsbeschwerden war daher im aufgezeigten Umfang Folge zu geben (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des der Sache nach nur gegen die qualifikationsbegründende Schadenshöhe (Z 10) gerichteten Teiles der Rechtsrügen bedarf, wogegen sie im übrigen zurückzuweisen waren (§ 285 d Abs 1 StPO).

Die Kostenersatzpflicht ist in § 390 a StPO begründet.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.