JudikaturJustiz13Os14/79

13Os14/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. März 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführers in der Strafsache gegen Hermann A wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengerichtes vom 1. Dezember 1978, GZ. 29 Vr 583/76-64, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der kaufmännische Angestellte Hermann A des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm liegt inhaltlich des Schuldspruchs zur Last, in Friesach die ihm als Geschäftsführer der Volksbank Friesach durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbraucht und dadurch der Volksbank Friesach einen Vermögensnachteil in der Gesamthöhe von l,120.094,-- S zugefügt zu haben, indem er jeweils ohne die erforderliche Genehmigung des Vorstandes und des Aufsichtsrates 1.) ab dem Jahre 1971 bis zum 30. Juni 1975 den ihm gewährten Kredit um den Betrag von 321.469,-- S überzog und 2.) in der Zeit ab Anfang Jänner 1974 bis zum 10. September 1975 dem abgesondert verfolgten Emmerich B die überziehung des diesem eingeräumten Kreditrahmens um den Betrag von 798.625,-- S gewährte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte A mit einer - ziffernmäßig - auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg sei bemerkt, daß seine Rechtsrüge, mit der er der Sache nach Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 9

lit. a der vorzitierten Gesetzesstelle behauptet und von urteilsfremden Annahmen ausgehend lediglich den ihm angelasteten (wissentlichen) Befugnismißbrauch verneint, nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Denn entgegen dem Beschwerdevorbringen zu dem von ihm geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund ist der im Ersturteil ohnedies festgestellte Umstand, daß der Beschwerdeführer als (faktischer) Geschäftsführer der Volksbank Friesach (im Innenverhältnis) lediglich zur Kreditgewährung bis zu einer Höchstgrenze von 20.000,-- S (unter nachträglichem Bericht an den Vorstand) befugt war, für die rechtliche Beurteilung seines in den Urteilsfakten 1.) und 2.) umschriebenen Tatverhaltens als Untreue im Sinne des § 153 Abs. 1 und 2 StGB ohne Bedeutung, weil ihm in beiden Fällen ein (wissentlicher) Mißbrauch der ihm als Geschäftsführer dieser Volksbank eingeräumten Befugnis zur Gewährung eines Kredits innerhalb eines bestimmten, betragsmäßig begrenzten Rahmens gar nicht zur Last gelegt wird, zumal sowohl der ihm selbst als auch der dem Emmerich B (und dessen Ehegattin) von der Volksbank Friesach eingeräumte Kredit nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen jeweils ordnungsgemäß mit Genehmigung des Vorstandes dieser Bank zustande kam. Der ihn nach den Urteilsannahmen treffende Vorwurf eines wissentlichen Befugnismißbrauchs erstreckt sich vielmehr nur auf die überziehung des eigenen und des Emmerich B gewährten Kredits um den Betrag von 321.469,-- S bzw. 798.625,-- S, sohin in beiden Fällen auf eine von ihm eigenmächtig genehmigte, im Innenverhältnis seinen Pflichten und Befugnissen als Geschäftsführer der Volksbank Friesach widersprechende Kreditausweitung, zu deren Bewilligung allein der Vorstand dieser Volksbank berufen gewesen wäre. Daß die hiezu erforderliche Zustimmung des Vorstandes (und Aufsichtsrates) vorlag oder zumindest nachträglich, allenfalls konkludent durch (zustimmende) Kenntnisnahme dieser Kreditüberziehungen nach Vorlage der überziehungslisten, erteilt wurde, nahm das Erstgericht hingegen unter ausdrücklicher Ablehnung der (eine solche Genehmigung behauptenden) Verantwortung des Beschwerdeführers, die es aber nach den Verfahrensergebnissen - mit insoweit mängelfreier Begründung - für widerlegt erachtete, nicht als erwiesen an (vgl. Bd. II, S. 448, 449, 450, 452 und 453 d. A).

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A war jedoch gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Ersturteil mit einem vom Angeklagten in seiner Nichtigkeitsbeschwerde nicht geltend gemachten, den Nichtigkeitsgrund nach der Z 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO bewirkenden Feststellungsmangel behaftet ist, der sich zu seinem Nachteil auswirkt:

Das Delikt der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 StGB erfordert zu seiner Verwirklichung den wissentlichen Mißbrauch einer dem Täter eingeräumten Befugnis bei der (durch eine Rechtshandlung bewirkten) Verfügung über fremdes Vermögen oder bei der Verpflichtung eines anderen und darüber hinaus noch, daß dem Machtgeber durch den (in einer Rechtshandlung gelegenen) Befugnismißbrauch ein Vermögensnachteil zugefügt wird. Zufolge des im § 7 Abs. 1 StGB verankerten Grundsatzes ist, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, nur vorsätzliches Handeln strafbar. Es ist daher - da sich der erforderliche Vorsatz (von einer im Gesetz für den Einzelfall getroffenen Sonderregelung abgesehen) stets auf alle Tatbildmerkmale erstrecken muß - erforderlich, daß der Täter einer Untreue in bezug auf die zur Erfüllung dieses Tatbestandes neben dem wissentlichen Befugnismißbrauch notwendige Zufügung eines Vermögensnachteils vorsätzlich handelt, wobei insoweit bedingter Vorsatz (§ 5 Abs. 1, zweiter Halbsatz StGB) ausreicht (ÖJZ-LSK 1977/314). Dieser Schädigungsvorsatz muß beim Täter schon vor oder spätestens im Zeitpunkt des (wissentlichen) Befugnismißbrauchs vorliegen;

ein erst nachträglich einsetzender, auf die Zufügung eines Vermögensnachteils gerichteter Vorsatz würde zur Herstellung des Tatbestandes der Untreue nicht ausreichen.

Nach den im Ersturteil enthaltenen Feststellungen hat der Angeklagte

A erst nach Erstattung der Anzeige einen Großteil des ihm gewährten (und in der Folge von ihm überzogenen) Kredites aus dem durch den Verkauf seines Einfamilienhauses im November 1975 erzielten Erlös zurückgezahlt und auf diese Weise (nahezu volle) Schadensgutmachung geleistet (Bd. II, S. 448 und 456 d. A). Die Verwertung der von Emmerich B und dessen Ehegattin zur Sicherung des eingeräumten Kredits (grundbücherlich) verpfändeten Liegenschaft im Wege der Zwangsversteigerung erbrachte nach den weiteren Urteilsfeststellungen für die Volksbank Friesach letztlich nur einen Erlös von 390.804,73 S, womit nur ein relativ kleiner Teil der ihr gegen Emmerich B aus dem ihm gewährten Kredit und aus der überziehung des Kreditrahmens zustehenden Gesamtforderung von 2,098.625,-- S samt Anhang abgedeckt werden konnte (Bd. II, S. 448 und 450 d. A). Allein diese Feststellungen im Ersturteil lassen eine rechtliche Beurteilung nicht zu, ob beim Angeklagten A im Zeitpunkt seines - vom Erstgericht als erwiesen angenommenen - wissentlichen Befugnismißbrauchs auch ein auf Schädigung der Volksbank Friesach an ihrem Vermögen gerichteter, nach dem Vorgesagten zur Erfüllung des Tatbestandes der Untreue erforderlicher Vorsatz, allenfalls in der Schuldform des dolus eventualis, vorlag. Das gänzliche Fehlen von Feststellungen zu dem zum Tatbestand der Untreue gehörigen Schädigungsvorsatz im Ersturteil macht somit in amtswegiger Wahrnehmung des dadurch bewirkten Nichtigkeitsgrundes nach der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StGB gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO eine Urteilsaufhebung und die Rückverweisung der Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung unvermeidlich. Demnach erübrigt sich auch ein Eingehen auf die vom Angeklagten in seiner Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO Im erneuerten Verfahren wird daher vor allem zu prüfen sein, ob der Angeklagte auch mit dem vorerwähnten Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Hiezu wird es, falls er seine bisherige, einen solchen Vorsatz zumindest sinngemäß bestreitende Verantwortung aufrecht hält (vgl. Bd. II, S. 9 verso und 9 a verso, ferner S. 277 und 418

d. A), erforderlich sein, auch diesen Teil seiner Einlassungen auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Hiebei wird sich vor allem ein Eingehen auf das in diesem Zusammenhang - entgegen der im Ersturteil vertretenen Auffassung (Bd. II, S. 454 d. A) - keineswegs von vorneherein strafrechtlich unerhebliche Vorbringen des Angeklagten als notwendig erweisen, demzufolge er die überziehung des ihm eingeräumten Kredites durch eine von ihm abgeschlossene Kreditversicherung (Bd. II, S. 9 a d. A), ferner durch Hinterlegung einer auf eine Versicherungssumme von 300.000,-- S lautende Lebensversicherungspolizze (Bd. II, S. 277 d. A) und schließlich durch ein von ihm der Volksbank Friesach zur Verfügung gestelltes Sparbuch mit einer Einlage von 80.000,-- S (Bd. II, S. 418 d. A) abgesichert haben will. Das gleiche gilt aber auch für die vom Angeklagten behauptete Absicherung der aus der überziehung des Emmerich B eingeräumten Kredites der Volksbank Friesach erwachsenen Forderung (vgl. Bd. II, S. 9 verso und 415 d. A).

Da sich somit zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das zum Nachteil des Angeklagten auf einer unrichtigen Anwendung des Strafgesetzes beruhende Urteil - mit Zustimmung der Generalprokuratur (§ 285 e StPO) - bereits in nichtöffentlicher Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.