JudikaturJustiz13Os125/22i

13Os125/22i – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Februar 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Seidenschwann in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 22. August 2022, GZ 28 Hv 116/21h 44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen, in Ansehung vom Schuldspruch umfasster Taten allerdings unwirksamen (RIS-Justiz RS0115553 [T5]) Freispruch enthält, wurde * S* des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (zu ergänzen) iVm § 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er zwischen 19. Juni 2019 und 5. August 2019 in Ö* und andernorts als Geschäftsführer der A* GmbH, mithin als leitender Angestellter, durch eine Vielzahl ohne sachliche Rechtfertigung getätigter Entnahmen Bestandteile des Vermögens dieser Gesellschaft beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger geschmälert.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO.

[4] Die Mängelrüge ( Z 5) kritisiert, das Erstgericht habe gegen die zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen sprechende, die wirtschaftliche Situation der A* GmbH im August 2019 äußerst positiv“ einstufende Berichte des (richtig) Insolvenzverwalters vom 29. August 2019 (ON 7 S 51 ff iVm ON 43 S 20) und vom 31. Oktober 2019 (ON 7 S 159 f iVm ON 43 S 20) übergangen (Z 5 zweiter Fall). Indem sie aus diesen Berichten lediglich einzelne Aspekte herausgreift, ebenfalls darin enthaltene Angaben über Entnahmen des Angeklagten in der Höhe von 154.100 Euro zu privaten Zwecken noch in den letzten sechs Monaten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, über die Nichtbeachtung fälliger Zahlungsverpflichtungen, über die Nichtabfuhr von Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben für verdeckte (im Vermögensverzeichnis vom 19. Juni 2019 verschwiegene, dazu US 7 und 9) Geschäftsführerbezüge, über das Bestehen von Drittschuldnerpfändungen sowie über das Fehlen jeglicher Liquidität der Gesellschaft hingegen ausblendet, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0116504 [insbesondere T2]).

[5] Im Übrigen sind dem vom Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung ausdrücklich erörterten (US 9) Bericht des Insolvenzverwalters vom 28. November 2019 (ON 7 S 173 f iVm ON 43 S 20) zur unter seiner Aufsicht (zunächst) wirtschaftlich positiven Fortführung des Unternehmens keine vom Bericht vom 31. Oktober 2019 erheblich abweichenden Informationen zu entnehmen, sodass es letzterem – entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur – an der Eignung mangelt, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache zu beeinflussen (vgl RIS-Justiz RS0118316 [T3]).

[6] Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung zur Voraussetzung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist (RIS-Justiz RS0099810). Diesen Anforderungen entspricht die Rechtsrüge (der Sache nach Z 9 lit a, nominell Z 10) nicht, indem sie die Erläuterungen des Erstgerichts zur rechtlichen Beurteilung bemängelt ( vgl RIS-Justiz RS0100877 [insbesondere T1 und T11]), pauschal behauptet, dass „sich eine Subsumtion ausgehend von den getroffenen Feststellungen unter das vorgeworfene Delikt auch nicht bewerkstelligen lä sst “, und den Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO mit dem festgestellten Sachverhalt vergleicht ( siehe aber RIS-Justiz RS0116266 [insbesondere T3 und T4]).

[7] Mit Blick auf die Stellungnahme der Generalprokuratur wird hinzugefügt, dass sich die durch die Tathandlungen des Angeklagten bewirkte Schmälerung der Befriedigung im Tatzeitraum bereits bestehender Forderungen (zumindest) des Finanzamts und eines weiteren Gläubigers auf der US 9 festgestellt findet. Ausgehend von (auch) diesen Konstatierungen war im Umfang der dem Angeklagten zur Last fallenden Entnahmen ein Zugriff der Gläubiger auf das Vermögen der Gesellschaft und damit deren Befriedigung zumindest partiell ausgeschlossen (vgl RIS Justiz RS0125742).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO – ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[9] Die Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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