JudikaturJustiz13Os110/79

13Os110/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. September 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.September 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 6.Juni 1979, GZ. 29 Vr 1.145/79-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen des Verteidigers DDr. Santner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die verhängte Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes wurde der Gemeindeangestellte Josef A - dessen selbständige Verfolgung wegen weiterer (Betrugs )Fakten dem öffentlichen Ankläger gemäß dem § 263 Abs 2 StPO vorbehalten wurde - der (in Idealkonkurrenz begangenen) Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148 (zweiter Fall) StGB. und des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er in der Zeit von (März) 1970 bis März 1979 (im Urteilstenor fehlerhaft '1978') in Wörgl als Bediensteter, ab 1. Juli 1978 als (provisorischer) Leiter der Finanzabteilung des Stadtamtes Wörgl fortgesetzt I./ gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Bürgermeister der Stadt Wörgl durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorlage (zur Unterschrift) von Auszahlungsanordnungen über die (monatlichen) Bezüge von Gemeindebediensteten, deren Betrag er jeweils gegenüber dem tatsächlich auszuzahlenden Betrag erhöht hatte, zu einer Handlung, nämlich zur Genehmigung dieser Auszahlungsanordnungen verleitete, durch welche die Stadtgemeinde Wörgl an ihrem Vermögen um 1,090.000 S geschädigt wurde, II./ durch die unter I./

bezeichnete Handlung als Beamter seine Befugnis, im Namen der Stadtgemeinde Wörgl (zu ergänzen: als deren Organ in Vollziehung der Gesetze) Amtsgeschäfte vorzunehmen, mit dem Vorsatz, die Gemeinde an ihren Vermögensrechten zu schädigen, wissentlich mißbrauchte. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte lediglich im Schuldspruch wegen Mißbrauches der Amtsgewalt (Punkt II des Urteilssatzes) mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er die Ansicht vertritt, seine inkriminierte Vorgangsweise stelle gleich der Inanspruchnahme von Gebühren durch einen Beamten, von denen er weiß, daß sie ihm nicht oder nicht in der begehrten Höhe zustehen (ÖJZ-LSK. 1976/317), kein 'Organhandeln' im Sinn des § 302 Abs. 1 StGB. dar.

Rechtliche Beurteilung

Darauf ist dem Beschwerdeführer - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - zu erwidern, daß sich sein im Urteil festgestelltes deliktisches Verhalten nicht in der (bewußt unberechtigten) Geltendmachung nicht bestehender eigener (Entgelt )Ansprüche gegenüber der Stadtgemeinde Wörgl erschöpft. Denn nach den Urteilsfeststellungen bewirkte er die Auszahlung der in Rede stehenden Beträge an ihn zum Schaden der Stadtgemeinde Wörgl jeweils dadurch, daß er als (u.a.) mit dieser Aufgabe der Gemeindeverwaltung betrauter Beamter (§ 74 Z. 4 StGB.) die sachliche Richtigkeit der die Anweisung der Bezüge an die städtischen (Vertrags )Bediensteten in ihrer Gesamtheit betreffenden Auszahlungsanordnungen dem zur Unterfertigung berufenen Bürgermeister bestätigte, obwohl er sie auf (insgesamt) höhere als die rechtens auszuzahlenden Beträge ausgestellt hatte, und im Rahmen der auf den solcherart manipulierten Auszahlungsanordnungen beruhenden (Sammel-)Überweisungsaufträge der Sparkasse die jeweilige Differenz auf sein Privatkonto überweisen ließ.

Die beschriebene Gebarung des Beschwerdeführers mit den die Bezüge einer ganzen Gruppe städtischer Bediensteter betreffenden Auszahlungsanordnungen gehörte zu seinen Amtsgeschäften als Organ der Gemeinde (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/316).

Eine andere - in der Beschwerde nicht aufgeworfene - Frage ist es, ob die vom Angeklagten mißbrauchte Befugnis eine solche zur Vornahme von Amtsgeschäften in Vollziehung der Gesetze war; nur Organhandlungen innerhalb der Hoheitsverwaltung können nämlich unter den Tatbestand des § 302

StGB. fallen (Foregger-Serini StGB.2 489).

Nach den Urteilsfeststellungen beging der Angeklagte die Malversationen im Zusammenhang mit der Verrechnung und Anweisung der Gehälter an die Vertragsbediensteten der Stadtgemeinde Wörgl. Die Rechtsverhältnisse dieser - nicht wie Gemeindebeamte in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde stehenden - Bediensteten richten sich nach den Vorschriften des Privatrechtes und des Arbeitsrechtes (§ 52 TirGdO. 1966, LGBl. Nr. 4). Auch bei der (auf gesetzlichen Pflichten beruhenden) Entrichtung bzw. Abfuhr von Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen u.dgl. für solche Bedienstete - auf welche Agenden sich nach dem Akteninhalt die Deliktshandlungen des Angeklagten im Zusammenhang gleichfalls erstreckten - hat die Gemeinde in ihrer Dienstgebereigenschaft grundsätzlich keine andere Rechtsstellung als ein privater Dienstgeber.

Demgemäß sind die vorliegend in Betracht kommenden Agenden des Angeklagten als Organwalter der Stadtgemeinde Wörgl nicht dem Bereich der Hoheitsverwaltung zuzuordnen.

Trotz somit (im Ergebnis) verfehlter erstgerichtlicher Subsumtion des festgestellten Verhaltens (auch) unter das Tatbild des Mißbrauchs der Amtsgewalt ist die Nichtigkeitsbeschwerde dennoch insofern nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt, als dessen zutreffend (und unbekämpft) als Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges (§§ 146, 147 Abs. 3, 148 StGB.) beurteiltes Tatverhalten sowohl nach dem § 147 Abs. 3 StGB. als auch nach dem vorliegend ebenso (vgl. SSt. 47/73) anwendbaren zweiten Strafsatz des § 148 StGB. mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht ist, wobei aber das Höchstmaß der darnach angedrohten Freiheitsstrafe - weil die strafbare Handlung im Sinn des § 313 StGB. unter Ausnützung einer Amtsstellung begangen wurde - noch um die Hälfte überschritten werden kann. Mithin wurde der Angeklagte durch die Annahme, beim Betrug (in Tateinheit auch) amtsmißbräuchlich gehandelt zu haben, günstiger gestellt. Seine Nichtigkeitsbeschwerde war darum zu verwerfen. Das Landesgericht verurteilte den Angeklagten Josef A gemäß dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren.

Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen sowie der Umstand, daß die den höheren Strafsatz bedingende Strafdrohung in zweifacher Hinsicht gegeben ist (§ 143 Abs. 3 StGB. und zweiter Strafsatz des § 148 StGB.), wobei der für die Strafdrohung erforderliche Schadensbetrag von 100.000 S neunfach überschritten ist, mildernd hingegen das Geständnis des Angeklagten, seine Unbescholtenheit, ferner die Bereitwilligkeit zur Schadensgutmachung und die Zurverfügungstellung einer Eigentumswohnung und eines Autos.

Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Die Berufung ist nur teilweise im Recht.

Abgesehen davon, daß hier, wie sich aus den Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde ergibt, der Strafschärfungsgrund des Zusammentreffens zweier Verbrechen zu entfallen hat, wurden die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollzählig festgestellt, aber nicht zutreffend gewürdigt, denn das Erstgericht maß den Milderungsgründen zu geringe Bedeutung bei. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs wird die im Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe sowohl dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen als auch dem Verschuldensgrad des Angeklagten gerecht, sodaß das Strafmaß im dargelegten Umfang herabzusetzen war.

Hingegen fehlt es an den Voraussetzungen für die Gewährung der bedingten Strafnachsicht, weil im Hinblick auf die langdauernden und hartnäckigen rechtswidrigen Angriffe des Angeklagten wider fremdes Vermögen den Umständen nach nicht gesagt werden kann, daß 'Gewähr dafür geboten' ist (§ 43 Abs. 2 StGB.), der Täter werde keine weiteren strafbaren Handlungen begehen.

Aus diesen Erwägungen war über die Berufung spruchgemäß zu befinden. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.