JudikaturJustiz12Os85/19w

12Os85/19w – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. August 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. August 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin in der Strafsache gegen Deniz K***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 41 Hv 17/17b des Landesgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 14. September 2017, AZ 7 Bs 147/17t, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Jenichl, sowie der Verteidigerin Mag. Huemer Stolzenburg zu Recht erkannt:

Spruch

Im Berufungsverfahren AZ 7 Bs 147/17t des Oberlandesgerichts Linz verletzen das Unterbleiben der Aufhebung des in Ansehung des Angeklagten Deniz K***** gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gefassten Beschlusses des Landesgerichts Salzburg vom 21. April 2017, GZ 41 Hv 27/17b 85, auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsichten und Verlängerung der Probezeiten sowie die Entscheidung über die dagegen erhobene Beschwerde der Staatsanwaltschaft den sich aus den §§ 494a Abs 1, 498 Abs 3 dritter Satz StPO ergebenden Grundsatz der Abhängigkeit von nach § 494a StPO gefassten Beschlüssen vom aufrechten Bestand eines konnexen Strafausspruchs.

Text

Gründe:

Mit (rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 9. September 2016, GZ 41 Hv 19/16z 110, wurde Deniz K***** des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 und Z 2, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Unter Bedachtnahme auf dieses Urteil gemäß § 31 Abs 1 StGB verhängte das Landesgericht Salzburg über den Genannten mit Urteil vom 10. Jänner 2017, rechtskräftig mit 14. Jänner 2017, GZ 30 Hv 53/16v 26, wegen des Vergehens des schweren Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen eine ebenfalls unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von drei Monaten (ON 5 und 6 in ON 58 und ON 60 in AZ 41 Hv 27/17b des Landesgerichts Salzburg).

Mit weiterem Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengericht vom 21. April 2017, GZ 41 Hv 27/17b 85, wurde – soweit hier wesentlich – Deniz K***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Vom Widerruf der zu AZ 41 Hv 19/16z und AZ 30 Hv 53/16v des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsichten wurde mit zugleich ergangenem Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO abgesehen und die Probezeit jeweils auf fünf Jahre verlängert (ON 85 S 5).

Der dagegen erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft gab das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 14. September 2017, AZ 7 Bs 147/17t (ON 97), hinsichtlich K***** Folge und erhöhte die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf drei Jahre. Der mit der Berufung verbundenen Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsichten wurde nicht Folge gegeben.

Der gemeinsam mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 14. September 2017, AZ 7 Bs 147/17t, verkündete Beschluss, mit dem der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht Folge gegeben wurde, steht – wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht in Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Bei Beschlüssen gemäß § 494a StPO handelt es sich um „bedingte“ Beschlüsse, deren rechtlicher Bestand von der Rechtskraft des Urteils abhängig ist, das den Anlass für die Beschlussfassung bildet. Jede Abänderung oder Aufhebung des Strafausspruchs der Anlassverurteilung durch das Rechtsmittelgericht macht diese Beschlüsse – unabhängig davon, ob auch sie angefochten wurden oder nicht – hinfällig und bedingt deren Aufhebung ( Jerabek , WK StPO § 498 Rz 8; RIS Justiz RS0101886, RS0100194).

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hätte daher zufolge Abänderung des gegen den Angeklagten Deniz K***** ergangenen Strafausspruchs zugleich auch den diesen Angeklagten betreffenden, gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gefassten Beschluss aufheben, nach Neubemessung der Strafe eine neue Entscheidung nach § 494a StPO treffen und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde auf diese verweisen müssen.

Der Oberste Gerichtshof sah sich nicht dazu veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung mit konkreter Wirkung zu verbinden. Sie war nämlich – auch mit Blick auf die Möglichkeit eines bloßen Absehens vom Widerruf bedingter Strafnachsicht ohne Verlängerung der Probezeit (§ 494a Abs 1 Z 2 StPO) – für den Verurteilten nicht nachteilig (§ 292 letzter Satz StPO; vgl BS 6 zu dem überaus raschen Rückfall innerhalb offener Probezeit; vgl 15 Os 130/11y, 131/11w).