JudikaturJustiz12Os72/16d

12Os72/16d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Mag. Herbert K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB, AZ 333 HR 498/13z des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die

Grundrechtsbeschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 20. April 2016, AZ 20 Bs 102/16w, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Bei der Staatsanwaltschaft Wien wird zu AZ 703 St 40/13m ein Ermittlungsverfahren gegen den österreichischen Staatsbürger Mag. Herbert K***** geführt.

Mit Beschluss vom 24. März 2016 wurde die am 18. September 2015 verhängte (ON 82) und in der Folge mehrfach fortgesetzte Untersuchungshaft aus den Haftgründen des § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a, b und c StPO fortgesetzt (ON 176).

Mit der angefochtenen Entscheidung (ON 195) gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde des Beschuldigten gegen den zuletzt genannten Beschluss nicht Folge und ordnete seinerseits die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den oben genannten Haftgründen an.

Dabei erachtete es den Beschuldigten als dringend verdächtig, gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz auf unrechtmäßige Bereicherung

I./ durch im Beschluss im Einzelnen angeführte Handlungen zur Ausführung der strafbaren Handlungen der abgesondert verfolgten unmittelbaren Täter Werner Kn***** und weiterer Personen beigetragen zu haben, die gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich und Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, die sie oder Dritte in einem (überwiegend 5.000 Euro) insgesamt 300.000 Euro vielfach übersteigenden Gesamtbetrag, nämlich über zwei Millionen Euro, am Vermögen schädigten, verleiteten, und zwar der abgesondert verfolgte und verurteilte Werner Kn*****, der als Präsident des „Vereins zur F***** – Z*****“ (idF Verein Z*****) agierte, 60 Anleger, überwiegend im Wege vorsatzlos handelnder Anlageberater durch Täuschung über die Tatsache der sicheren und gewinnbringenden Veranlagung der vom Verein Z***** vereinnahmten Gelder in Investmentprojekte der schweizerischen Gesellschaft Ke***** zur Einzahlung nachgenannter Geldbeträge auf diverse Konten, indem der Beschuldigte gegenüber Werner Kn***** als deren Verantwortlicher auftrat, das Geschäftsmodell des Vereins mit ihm gemeinsam entwickelte und ihm Anweisungen erteilte, Anlegergelder auf verschiedene Konten weiter zu überweisen;

II./ als Präsident des Scheinunternehmens-komplexes „U***** Ltd.“ in O*****, Deutschland (vgl aber § 65 Abs 1 Z 1 StGB), und allenfalls anderen Orten innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets

A./ zur Ausführung der strafbaren Handlung des Werner Kn***** beigetragen zu haben, der als Präsident des Vereins Z***** sieben Anleger überwiegend im Wege Dritter durch Täuschung über die sichere und gewinnbringende Veranlagung der investierten Gelder und die Werthaltigkeit der Veranlagung zum Erwerb einer Unternehmensbeteiligung an der „U***** Inc.“ und zur Einzahlung von über 200.000 Euro verleitete, indem er gemeinsam mit Werner Kn***** den Tatplan entwickelte und diesen anwies, im Rahmen des Vereins Z***** derartige Unternehmensbeteiligungen zu vertreiben;

B./ Werner Kn***** als Verantwortlichen des Vereins Z***** im März 2009 mit dem Vorsatz, sich und Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über die Tatsache, dass der Geldbetrag für Investitionen in die M***** GmbH verwendet werden würde, zur Einzahlung von insgesamt 215.000 Euro auf ein Konto bei der D***** Bank, lautend auf „U***** Limited“, verleitet zu haben, wodurch dieser einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden erlitt;

C./ zur Ausführung der strafbaren Handlung des Manuel T***** beigetragen zu haben, der zahlreiche namentlich genannte – wie im Punkt I./ dargestellt – geschädigte Anleger des Vereins Z*****, unter anderem durch Täuschung über die Tatsache, dass T***** als Initiator der „Interessensgemeinschaft von Geschädigten der Ke*****“ und „Director“ der „U***** Limited“, bei der es sich tatsächlich um ein Scheinunternehmenskonstrukt handelte, für eine effektive Interessenvertretung und Rechtsdurchsetzung von geschädigten Anlegern des Vereins Z***** Sorge tragen könne, zum Abschluss eines „Vertrags zur Einbindung von Geschädigten-Interessen“ mit der „U***** Limited“ und zur Überweisung von Geldbeträgen in Höhe von insgesamt über 90.000 Euro auf ein Konto bei der D***** Bank, die in weiterer Folge abredewidrig überwiegend zur Bestreitung seines und des persönlichen Lebensunterhalts von Manuel T***** verwendet wurden, verleitete, indem er gemeinsam mit Manuel T***** den Tatplan entwickelte und dieser in der Folge mit den Anlegern persönlich oder über Dritte in Kontakt trat;

III./ Manfred B***** durch Täuschung über die Tatsache der gewinnbringenden Veranlagung der investierten Gelder in Windkraftprojekte sowie der vertragsgemäßen Leistung von Zinsen und Kapitalrückerstattung zur Überweisung von insgesamt 200.000 Euro auf ihm zuzuordnende Konten verleitet zu haben, wobei er von 20. April 2012 bis 19. Mai 2014 in unregelmäßigen Abständen Zinszahlungen iHv 60.585,36 Euro leistete, jedoch keine Projektinvestitionen tätigte und die Gelder überwiegend privat verwendete;

IV./ als Geschäftsführer der tw***** GmbH im Zeitraum von Juli 2015 bis 7.August 2015 in S***** und anderen Orten Dr. Dieter Ko***** als Geschäftsführer der N***** GmbH i.G. und der Dr. D***** GmbH durch Täuschung darüber,

– dass die tw***** GmbH in der Lage sei, eine Projektfinanzierung für ein Immobilienprojekt in Höhe von bis zu 34 Millionen Euro im Wege US-amerikanischer Investoren zu bewerkstelligen,

– dass diese Projektfinanzierung über eine an die S***** Corporation ausgestellte Bankgarantie der D***** Bank F***** in Höhe von einer Milliarde Euro abgesichert sei, und

– dass eine Zahlung von 510.000 Euro zur Sicherstellung der Bürgschaft der D***** Bank AG erforderlich sei, unter Verwendung einer falschen, und zwar einer ge- oder verfälschten Bankgarantie, vermeintlich ausgestellt von der D***** Bank AG an die S***** Corporation am 4. August 2015, zu Handlungen, und zwar zum Abschluss eines Finanzierungsvertrags zwischen der tw***** GmbH und der N***** GmbH i.G. am 6. August 2015 und zur Überweisung von 510.000 Euro von der Dr. D***** GmbH auf ein Konto bei der R***** W***** regGenmbH, lautend auf tw***** GmbH, verleitet zu haben, wovon er am 10. August 2015 12.500 Euro in bar behob und den Auftrag zur Überweisung von 350.000 Euro auf ein Konto der S***** Corporation in den Vereinigten Staaten erteilte (BS 2 bis 13).

In rechtlicher Hinsicht unterstellte das Oberlandesgericht dieses Verhalten dem Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB .

Bloß formal gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien, der Sache nach jedoch neuerlich – mit nahezu wörtlich identem Vorbringen – gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. März 2016, richtet sich die fristgerecht erhobene

Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten (ON 205), welche die Annahme der Voraussetzungen des § 178 Abs 2 StPO bekämpft und die Anwendung gelinderer Mittel begehrt.

Damit geht sie jedoch schon im Ansatz fehl, weil strafgerichtliche Entscheidungen oder Verfügungen gemäß § 1 Abs 1 GRBG nur nach Erschöpfung des Instanzenzugs Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde sein können. In den Schutzbereich des GRBG fallen demnach nur solche Beschlüsse, gegen die kein Rechtsmittel zulässig ist, oder Rechtsmittelentscheidungen, die ihrerseits keinem weiteren Rechtszug unterliegen, in letzterem Fall aber nur diese und nicht auch die Entscheidungen der Vorinstanzen (RIS Justiz RS0061078).

Rechtliche Beurteilung

Den Gegenstand des Erkenntnisses über eine Grundrechtsbeschwerde bildet – anders als bei einer Haftbeschwerde an das Oberlandesgericht – nicht die Haft, sondern die Entscheidung über diese (14 Os 25/10y mwN). Gesetzlicher Bezugspunkt der Grundrechtsbeschwerde ist somit die bekämpfte Entscheidung.

Da die aktuelle Beschwerde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 178 Abs 2 StPO bloß im Wege abstrakter Rechtsausführungen und mit dem pauschalen Hinweis auf seit drei Jahren anhängige Ermittlungen in Abrede stellt, ohne sich mit den diesbezüglichen Erwägungen des Beschwerdegerichts (BS 17 f) auseinanderzusetzen oder auch darauf Bedacht zu nehmen, dass der zu IV./ geschilderte Tatvorwurf erst aus dem Jahr 2015 herrührt, ist sie somit auch insoweit einer inhaltlichen Antwort nicht zugänglich (RIS Justiz RS0106464).

Ebenso verhält es sich mit dem bloß aus der Haftbeschwerde übernommenen unsubstanziierten Einwand des Wegfalls von Fluchtgefahr „in der Haftverhandlung vom 24. März 2016“ und der Substituierbarkeit der Tatbegehungsgefahr durch die Erteilung von Weisungen, ohne dass sich der Beschwerdeführer mit den Erwägungen des Oberlandesgerichts zur Schwere des Tatverdachts und zum Gewicht der Haftgründe (BS 15 f) auch nur ansatzweise auseinandergesetzt hätte.

Das Vorbringen, die Untersuchungshaft sei nur bis zum 24. Mai 2016 verlängert worden, ohne dass bis dato eine Haftverhandlung anberaumt worden sei, übersieht, dass der (angefochtene) Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 20. April 2016 gemäß § 174 Abs 4 zweiter Satz StPO die nächste Haftfrist auslöste.

Die Grundrechtsbeschwerde war somit ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.