JudikaturJustiz12Os69/20v

12Os69/20v – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juli 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juli 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel im Verfahren zur Unterbringung des Mag. Erich L***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Dezember 2019, GZ 122 Hv 18/19i 60, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung des Mag. Erich L***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher abgewiesen.

Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, hat Mag. Erich L***** dem Antrag zufolge in W***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhte, nämlich einer paranoiden Schizophrenie,

I./ versucht, Polizeibeamte mit Gewalt an Amtshandlungen, und zwar seiner Festnahme zu hindern,

a./ am 20. September 2018 Stjepan M*****, indem er diesen an den Haaren riss;

b./ am 8. August 2019 David T*****, Stefan K***** und Peter V*****, indem er mit seinen Händen und Ellenbögen wild um sich schlug und mit seinen Füßen gegen Stefan K***** trat.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft versagt.

Vorauszuschicken ist, dass eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs l StGB eine mit Strafe bedrohte Handlung voraussetzt, die nur dann gegeben ist, wenn sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der in Rede stehenden Strafnorm erfüllt ist (RIS Justiz RS0119623).

In tatsächlicher Hinsicht ging das Schöffengericht (lediglich) davon aus, dass der Betroffene am 20. September 2018 und am 8. August 2019 objektiv §§ 15, 269 Abs 1 StGB subsumierbare Taten begangen hat (US 4). In subjektiver Hinsicht verneinte das Erstgericht insoweit einen Verletzungsvorsatz des Betroffenen und traf darüber hinaus keine weiteren Feststellungen (US 2 und 3).

Indem die Beschwerdeführerin die eingangs skizzierten Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite unbekämpft lässt, geht ihre Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall), mit der sie ausschließlich das Unterbleiben von Feststellungen zur Gefährlichkeit des Betroffenen im Sinn des § 21 Abs 1 StGB kritisiert, von Vornherein ins Leere. Eines Eingehens auf das Rechtsmittelvorbringen bedurfte es somit nicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung ebenso sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO) wie die danach gegenstandslose Berufung (vgl 15 Os 104/17h).