JudikaturJustiz12Os39/15z

12Os39/15z – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. April 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. April 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Moelle als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 15 Abs 1 StGB, § 28a Abs 1 sechster Fall SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Dezember 2014, GZ 62 Hv 98/14f 86, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Freisprüche enthält, wurde Josef M***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 15 Abs 1 StGB, § 28a Abs 1 sechster Fall SMG schuldig erkannt.

Danach hat er am 25. April 2014 in W***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich ein Kilogramm „Speed“ mit einem Reinheitsgehalt von 10 % Amphetamin, anderen zu verschaffen versucht, indem er dem verdeckten Ermittler Christian H***** mitteilte, dass er ihm ein Kilogramm „Speed“ um 12.000 Euro beschaffen könne, ein Treffen mit einem Lieferanten und den vermeintlichen Abnehmern organisierte und mit Christian H***** die Übergabemodalitäten erörterte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der Anträge (ON 69 S 14 und ON 85 S 13) auf Vernehmung der Zeuginnen

Nicole T***** zum Beweis dafür, dass „Herr M***** nie Kontakt zu Drogen hatte und Geschäfte von H***** und S***** angebahnt worden sind“,

Fabienne S***** zum Beweis dafür, dass „die drei Päckchen 'Speed' S***** übergeben worden sind, sowie zum freundschaftlichen Verhältnis zwischen S***** und H*****“,

Nadja N. zum Beweis dafür, dass „der Vermieter Philipp W*****, sowie Herr(n) K***** (…), versucht haben den Beschuldigten am Körper zu verletzen und zum Beweis dafür, dass Kontakte zwischen Philipp W***** und dem Staatsanwalt bestehen und die Anklage darauf beruht“ und

„B***** (…) als zuständige Sozialbetreuerin des Herrn M***** zum Beweis dafür, dass die strafbaren Handlungen von W***** und andere gegen Herrn M***** begangen wurden“,

Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verkürzt. Denn die Beweisanträge ließen die Bedeutung der beantragten Beweisaufnahmen für die Lösung der vorliegenden Schuldfrage nicht erkennen (vgl RIS Justiz RS0118444).

Die im Rechtsmittel nachgetragene Argumentation stellt eine unzulässige Neuerung dar (vgl RIS Justiz RS0099618), weshalb sich eine Erwiderung darauf erübrigt.

Mit dem im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) erhobenen Vorwurf unterbliebener Konstatierungen zum Vorliegen allfälliger Tatprovokation erstattet der Beschwerdeführer bloß ein Berufungsvorbringen (RIS Justiz RS0119618; vgl allerdings zuletzt EGMR 23. 10. 2014, Nr 54648/09, Furcht gg Deutschland, JSt EGMR 2015/1, 156) . Zudem übergeht er die einer solchen Beeinflussung entgegenstehenden Urteilserwägungen, wonach er sich aufgrund seiner schlechten finanziellen Situation und seiner nahen Freundschaft zu Roland He***** zur Tat entschloss (US 5) und er selbst die Vermittlung des Suchtgifts intensiv betrieb (US 8).

Die Behauptung, in den (gleichlautenden) Konstatierungen betreffend die dem Angeklagten angelastete Suchtgiftmenge von jeweils „zumindest einem Kilogramm 'Speed'“ (US 5 und 6) liege ein Widerspruch (Z 5 dritter Fall), ist nicht nachvollziehbar.

Der weiteren Beschwerdekritik (Z 5 vierter Fall) zuwider gründete das Erstgericht die Konstatierungen zum Reinheitsgrad des in Rede stehenden Suchtgifts („Straßenqualität“) auf Gerichtsnotorietät, was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist. Unzulässige Überraschung von einer derartigen Annahme wird im Übrigen nicht behauptet (RIS Justiz RS0119094).

Weshalb die Feststellungen hinsichtlich der Menge des vom Vermittlungsvorhaben des Angeklagten umfassten Suchtgifts „undeutlich“ (nominell Z 5 erster Fall) sein sollen, ist angesichts der ausdrücklich ein Kilogramm „Speed“ mit einem Reinheitsgrad von 10 % Amphetamin in Anschlag bringenden Urteilsannahmen (US 5, 6) nicht auszumachen.

Aus welchen Gründen das Suchtgiftgeschäft mit dem versteckten Ermittler nicht zustande kam, ist schon mit Blick auf die vorliegende Versuchskonstellation nicht entscheidend.

Mit unsubstantiierter Forderung nach Feststellungen, dass „die Angeklagten“ das Drogengeschäft nicht durchführen wollten, bekämpft der Beschwerdeführer bloß die Beweiswürdigung des Schöffensenats nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Das Vorbringen, wonach ein strafloser Rücktritt vom Versuch vorliege, wenn die Gespräche „bereits als Vorbereitungshandlungen qualifiziert werden sollten“, ist unverständlich.

Einen erneut unzulässigen Angriff auf die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung unternimmt der Beschwerdeführer mit der Behauptung fehlerhafter Protokollierung der überwachten Telefongespräche zwischen dem Angeklagten und dem verdeckten Ermittler.

Dem in diesem Zusammenhang in Verkennung des Aufgabenbereichs des Obersten Gerichtshofs im Nichtigkeitsverfahren gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens („aus der Stimmenbestimmung“) fehlt die prozessrechtliche Grundlage (vgl RIS Justiz RS0106657).

Soweit der Beschwerdeführer die Überzeugung der Tatrichter von seiner Täterschaft nach Maßgabe eigenständiger Beweiswerterwägungen bestreitet, begibt er sich abermals auf die Ebene einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Die insoweit erhobene Kritik an unterbliebener Erörterung (Z 5 zweiter Fall) seiner Verantwortung, wonach er dem verdeckten Ermittler klar zu verstehen gegeben habe, dass er mit seinem Geschäft nichts zu tun haben wolle, trifft überdies nicht zu (US 9).

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das

Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810).

Daran geht die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vorbei, indem sie neuerlich bloß eigenständige Beweiswerterwägungen zur Täterschaft des Angeklagten anstellt und davon ausgehend die Konstatierungen betreffend dessen subjektive Tatseite (US 6) bemängelt.

Soweit der Beschwerdeführer die Vorsatzannahmen des Erstgerichts als offenbar unbegründet (der Sache nach Z 5 vierter Fall) kritisiert, genügt der Hinweis, dass der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen keine Bedenken in Richtung eines Begründungsmangels auslöst (RIS Justiz RS0116882).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.