JudikaturJustiz12Os153/97

12Os153/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Jänner 1998 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.E.Adamovic, Dr.Habl, Dr.Zehetner und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kubiczek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr.Marion K***** wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.März 1997, GZ 1 d E Vr 13684/95-35, sowie gegen dessen Beschluß vom 23.Mai 1997, GZ 1 d E Vr 13684/95-39, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Weiß, jedoch in Abwesenheit der (seinerzeitigen) Beschuldigten, des Subsidiaranklägers Ing.S***** und dessen Vertreters zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 1 d E Vr 13684/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verletzen das Gesetz

1. das Urteil des Einzelrichters vom 21.März 1997, ON 35, insoweit es keinen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers enthält, in der Bestimmung des § 390 Abs 1 StPO;

2. dessen Beschluß vom 23.Mai 1997, ON 39, zufolge Fehlens des urteilsmäßigen Ausspruches der Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers als Grundlage für eine Entscheidung über die ziffernmäßige Höhe der beanspruchten Kosten in den Bestimmungen der §§ 393 Abs 4 und 395 Abs 1 StPO.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und der Kostenbestimmungsantrag der Beschuldigten (ON 36) zurück- gewiesen.

Mit seiner Beschwerde (ON 41) wird der Subsidiarankläger auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem im Spruch genannten Urteil wurde Dr.Marion K***** von der durch den Privatbeteiligten Ing.Werner S***** wider sie erhobenen Subsidiaranklage wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Die - unangefochten - in Rechtskraft erwachsene Entscheidung enthält keinen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers (§ 390 Abs 1 StPO).

In der Folge beantragte die freigesprochene Beschuldigte die Bestimmung ihrer (Verteidigungs )Kosten mit 68.742,30 S (ON 36).

Mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.Mai 1997 wurden diese Kosten mit 24.466 S bestimmt und das Mehrbegehren abgewiesen (ON 39).

Über die dagegen lediglich vom Subsidiarankläger erhobene Beschwerde (ON 41) wurde noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend darlegt, verletzen beide angeführten Entscheidungen das Gesetz:

1. Das (freisprechende) Urteil des Einzelrichters (ON 35) verletzt insoweit, als es keinen Ausspruch über die Verpflichtung des Subsidiaranklägers zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens enthält, das Gesetz in der Bestimmung des § 390 Abs 1 StPO. Nach dem zweiten Satz dieser Vorschrift ist in einem Strafverfahren, das gemäß § 48 StPO lediglich auf Antrag des Privatbeteiligten stattgefunden hat, diesem der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen, wenn dieses auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendigt wird. Im Fall eines Freispruchs (wie hier) hat demnach der Ausspruch der Kostenersatzpflicht im freisprechenden Urteil zu erfolgen.

2. Der Beschluß vom 23.Mai 1997 (ON 39) hin- wieder verstößt gegen die Bestimmungen der §§ 393 Abs 4, 395 Abs 1 StPO, weil es mangels des urteilsmäßigen Ausspruchs der Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers an der entsprechenden Grundlage für eine Entscheidung über die ziffernmäßige Höhe der beanspruchten Kosten fehlte (Mayerhofer StPO4 § 390 a E 5 a).

Diese Gesetzesverletzungen waren festzustellen.

Entgegen der auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 8. März 1989, AZ 14 Os 185,186/88, gestützten Auffassung der Generalprokuratur sind sie jedoch gemäß § 292 letzter Satz StPO im Wege einer Ergänzung des Urteils durch den nach § 390 Abs 1 StPO gebotenen Kostenausspruch aus nachstehenden Erwägungen nicht sanierbar:

Der als Rechtsanwältin in eigener Sache tätigen (vgl zudem EvBl 1977/188), sohin rechtskundigen, Beschuldigten blieb es zunächst unbenommen, das über die Kostenersatzpflicht nicht absprechende Urteil mit Kostenbeschwerde (§ 392 Abs 1 StPO) zu bekämpfen.

Abgesehen davon kommt eine Interpretation des § 292 letzter Satz StPO dahin, daß zum Vorteil des Beschuldigten in - durch mangelnde Anfechtung von dessen Seite bereits erworbene - Rechte des Subsidiaranklägers eingegriffen wird, nicht in Betracht. Im übrigen statuiert § 395 Abs 1 StPO eine Dispositionsmaxime ua der Prozeßparteien über die Höhe der gemäß § 393 Abs 4 StPO zu ersetzenden Kosten. Damit wäre es aber durchaus denkbar, daß der Beschuldigte von dieser Möglichkeit, darüber mit dem Gegner Einigung zu erzielen, in der Form Gebrauch macht, daß er, aus welchem Grund immer (Verzicht, Vergleich, Kompensation etc), eine Anfechtung der fehlenden Kostenentscheidung bewußt unterläßt, weshalb eine seiner Disposition allenfalls sogar zuwiderlaufende Ergänzung des Urteils im Kostenausspruch in jedem Fall ausgeschlossen ist. Daraus folgt, daß im vorliegenden Fall die Kassierung des in Rede stehenden Kostenbestimmungsbeschlusses und die Zurückweisung des diesem zugrundeliegenden Antrags der Beschuldigten zwingend ist (so schon 15 Os 116-120/96 = EvBl 1997/83).

Mit seiner somit hinfälligen Kostenbeschwerde war der Subsidiarankläger auf diese Entscheidung zu verweisen.