JudikaturJustiz12Os143/05d

12Os143/05d – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Februar 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Popelka als Schriftführer, in der Privatanklage- und Mediensache Verein R***** und andere Privatankläger sowie Antragsteller gegen Gerhard W***** und andere Beschuldigte wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung sowie gegen die Antragsgegnerin K***** wegen § 6 Abs 1 MedienG, AZ 9d E Hv 4020/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die vom Generalprokurator gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. Jänner 1999, AZ 18 Bs 326/98, (ON 102 der Hv-Akten) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Aicher, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Privatanklage- und Mediensache Verein R***** und andere Privatankläger sowie Antragsteller gegen Gerhard W***** und andere Beschuldigte wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung sowie gegen die Antragsgegnerin K***** wegen § 6 Abs 1 MedienG verletzt der Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. Jänner 1999, AZ 18 Bs 326/98, (ON 102 der Hv-Akten) in seiner Begründung, wonach § 20 Abs 1 MedienG selbst im Fall mehrerer Antragsteller jedenfalls nur den Zuspruch einer (einzigen) Geldbuße gestatte, das Gesetz in dieser Bestimmung.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. Februar 1997 (ON 44) wurde neben einem Schuld- (I) und einem Teilfreispruch (II) gemäß § 34 Abs 1 MedienG auf die Veröffentlichung der Urteilsaussprüche I und II im periodischen Medienwerk N***** in der im § 13 MedienG vorgeschriebenen Form und Frist sowie unter der Sanktion des § 20 MedienG erkannt (S 185 f). Das die Veröffentlichungsanordnung auf den Schuldspruch I einschränkende Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 19. Jänner 1998, AZ 18 273/97, (ON 62) wurde der Antragsgegnerin K***** am 20. März 1998 zugestellt (S 391). Am 27. März 1998 (ON 71), 28. März 1998 (ON 69) und 29. März 1998 (ON 70) beantragten sechs Privatankläger wegen nicht (rechtzeitig) erfolgter Urteilsveröffentlichung für die Abend- und Morgenausgaben der N***** vom jeweiligen Tag der Antragstellung die Zuerkennung je einer Geldbuße in der Höhe von 10.000 S.

Mit Beschluss vom 19. Mai 1998 (ON 80) verpflichtete das Landesgericht für Strafsachen Wien die Antragsgegnerin, den sechs Antragstellern wegen nicht rechtzeitiger Urteilsveröffentlichung in der Ausgabe der N***** vom 29. März 1998 je 2.000 S zu zahlen. Von der Auferlegung einer Geldbuße wegen Nichtveröffentlichung in den Ausgaben der N***** vom 27. und 28. März 1998 wurde gemäß § 20 Abs 3 MedienG abgesehen.

Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht Wien der dagegen erhobenen Beschwerde der Antragsgegnerin dahin Folge, dass dieser für das Unterlassen der Veröffentlichung in der Ausgabe vom 29. März 1998 die Zahlung einer einzigen Geldbuße von 2.000 S auferlegt wurde.

Begründend vertrat das Beschwerdegericht - soweit hier von Interesse - die Rechtsansicht, aus dem Wortlaut des § 20 Abs 1 zweiter Satz MedienG, wonach eine Geldbuße für jede erschienene Nummer oder für jeden Sendetag ab dem in § 13 Abs 1 (§ 17 Abs 3) MedienG bezeichneten Zeitpunkt, in dem eine gehörige Veröffentlichung der Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung hätte geschehen sollen, folge, dass nach jener Gesetzesstelle nicht jedem Berechtigten ein gesonderter Anspruch zukomme, sondern die Sanktionierung durch eine Geldbuße unter dem Gesichtspunkt der in der jeweiligen Nummer oder an dem jeweiligen Sendetag verletzten (einen) Veröffentlichungspflicht erfolgen soll (S 531).

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht diese Begründungspassage des Beschlusses vom 26. Jänner 1999 (ON 102) mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die in § 20 Abs 1 MedienG vorgesehene Geldbuße ist nämlich zwar primär Beugungsmittel, aber auch Abgeltung für die durch Nichtentsprechung des Veröffentlichungsauftrags erlittene Unbill (15 Os 121/87, SSt 58/67; 15 Os 91/89, MR 1989, 206) und dient somit nicht bloß der Durchsetzung der gerichtlichen Anordnung, sondern auch der Befriedigung eines (höchstpersönlichen) Schadenersatzanspruchs. Richtet sich die Ehrenbeleidigung (wie hier) gegen ein Kollektiv mit einem überschaubaren Kreis von Angehörigen, ist jedes Mitglied dieses Kollektivs zur Klage berechtigt (vgl 10 Os 196, 197/77, SSt 49/2; Hager/Zöchbauer, Persönlichkeitsschutz im Straf- und Medienrecht4, 127 f), woraus folgt, dass jedes Mitglied einen eigenständigen Anspruch geltend macht. Diese Eigenständigkeit der Ansprüche ist unabhängig von der - rein prozessualen - Frage, ob die diesbezüglichen Verfahren getrennt oder (gemäß § 56 StPO) gemeinsam geführt werden. Ebensowenig verlieren die Ansprüche ihre Eigenständigkeit durch die allfällige (prozessual zulässige) Geltendmachung in einem gemeinsamen Schriftsatz. Als Antragsteller iSd § 20 Abs 1 MedienG ist daher jeder einzelne Berechtigte anzusehen, der solcherart einen (höchstpersönlichen) Entschädigungsanspruch geltend macht (Zöchbauer, MR 2005, 304 f [Entscheidungsanm]).

Fallbezogen blieb die Gesetzesverletzung ohne Auswirkungen, weil das Verfahren zur Durchsetzung der Veröffentlichung nach § 20 MedienG der Dispositionsmaxime unterliegt und die (sechs) Antragsteller ausdrücklich nur die Verhängung einer (einzigen) Geldbuße (pro Tag) begehrt haben.

Mangels eines Nachteils iSd § 292 letzter Satz StPO war die Gesetzesverletzung bloß festzustellen.